• Keines ihrer ersten acht Pflichtspiele der Saison gewann die Frankfurter Eintracht unter dem neuen Trainer Oliver Glasner.
  • Der aus Wolfsburg verpflichtete Österreicher galt bereits als Kandidat auf eine frühe Entlassung.
  • Doch seit dem ersten Sieg zeigt Glasners Elf eine besondere Mentalität, für die einst die Bayern gefürchtet waren.

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Man könne das Glück zwingen. So antwortete im Meisterjahr 1990/91 der damalige Kapitän des 1. FC Kaiserslautern, Stefan Kuntz, auf die Frage nach dem Geheimnis, das hinter späten und entscheidenden Toren stecke.

Die Pfälzer drehten damals dem Erfinder des vermeintlichen "Dusels" in den Schlusssekunden, dem FC Bayern München, eine lange Nase und holten eine ihrer Sensations-Meisterschaften.

30 Jahre später entwickelt Eintracht Frankfurt diese Qualität, wenngleich es jedoch nicht um den Kampf um den Titel geht. Es ging um den Job des Trainers.

Der Österreicher Oliver Glasner trägt nach drei Bundesligasiegen und insgesamt sechs ungeschlagenen Pflichtspielen in Serie ein Dauerlächeln im Gesicht.

Kein Sieg unter Oliver Glasner in den ersten acht Pflichtspielen

Das Lachen war Glasner in den ersten Wochen der Saison 2021/22 vergangen. Nach acht Pflichtspielen am Stück ohne Sieg galt der aus Wolfsburg geholte Übungsleiter - zumindest für Teile der Medien - bereits als Kandidat für eine frühe Entlassung. Bei Betrachtung der Ergebisse kam der Verdacht auf, Glasner würde sich am Erbe seines erfolgreichen Landsmanns Adi Hütter - der nach seinem Wechsel nach Gladbach ähnlich bescheiden startete - verheben.

Die Anlaufschwierigkeiten aber hat Eintracht Frankfurt hinter sich gelassen. Auf den 1:0-Erfolg in Antwerpen in der Europa League folgte nur drei Tage später der Coup in der Bundesliga: Die Eintracht gewann bei den Bayern mit 2:1.

Als es wiederum sechs Tage darauf daheim gegen Hertha BSC (1:2) für die Frankfurter den nächsten Rückschlag setzte, platzte Glasner der Kragen. Er belehrte systemgläubige Journalisten, nicht die Formation, in der er spielen lasse, entscheide, sondern jeweils die Einstellung und der Einsatzwille jedes einzelnen Spielers.

Seitdem haben Glasners Jungs den Worten ihres Coaches Taten folgen lassen. "Die Art und Weise, wie wir die vergangenen Spiele bestritten haben, war richtig gut. Da haben wir einen Schritt nach vorne gemacht. Der Prozess trägt langsam Früchte", sagte Sportdirektor Markus Krösche nach dem ersten Saison-Heimsieg in der Bundesliga, dem 2:1 über den 1. FC Union Berlin.

Und wieder schlugen die Last-Minute-Spezialisten vom Main erst im letzten Moment zu. Evan Ndickas Kopfball brachte die Entscheidung in der fünften Minute der Nachspielzeit. Bereits zum siebten Mal in den letzten elf Vergleichen zitterten Frankfurts Fans bis in die Schlussphase.

Die Frankfurter Fußball-Krimis der laufenden Saison in der Übersicht:

Die Diskussionen im Umfeld des Vereins um den im Sommer aus Wolfsburg gekommenen Glasner sind angesichts inzwischen verstummt. Für den Österreicher macht dies die Arbeit wesentlich angenehmer. "Im Fußball hast du manchmal von Eheschließung bis Scheidung und neuerlicher Ehe alle Emotionen durch. Jetzt haben wir wieder eine tolle Phase, das ist natürlich sehr schön", sagte Glasner.

Krösche, der dem Eintracht-Trainer stets den Rücken gestärkt hatte, empfand es ähnlich. "Ich weiß, dass im Fußball etwas Gegenwind kommt, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Aber Oliver hat die gesamte Zeit über mit seinem Trainerteam einen herausragenden Job gemacht", sagte der Sportvorstand. "Mir war klar, dass es Zeit braucht, bis die Dinge wirken. Es ist schön, dass die neben der Art und Weise unseres Spiels jetzt auch die Ergebnisse passen."

Oliver Glasner verlor nie den Glauben an seine Mannschaft

Glasner hatte daran nie ernsthaft gezweifelt - auch in der schwierigen Startphase. "Auch wenn es zu Anfang der Saison gerumpelt hat, habe ich vom ersten Tag an gesagt, dass ich optimistisch bin. Die Jungs investieren wahnsinnig viel und sind in jedem Training mit großem Engagement dabei. Momentan bekommen sie dafür viel zurück", sagte der Österreicher.

Mittlerweile hat der Eintracht-Trainer das beste System und Personal gefunden, um erfolgreich Fußball spielen zu lassen. Das beginnt bei Torwart Kevin Trapp, der seit Wochen in Topform agiert, setzt sich fort in der Defensive, die mit einer Dreierkette um Routinier Makoto Hasebe und den beiden Abräumern Djibril Sow und Kristijan Jakic das Zentrum weitgehend dicht macht und endet bei der Offensive, in der Flügelstar Filip Kostic immer besser in Fahrt kommt. Gegen Union bereitete der Serbe, der die Eintracht zu Saisonbeginn eigentlich verlassen wollte, die beiden Treffer von Sow und Evan Ndicka vor.

Der Lohn sind 18 Punkte auf dem Konto und die Aussicht auf weitere Sprünge in der Tabelle. "Wir haben auch in der Phase, als wir nicht so erfolgreich waren, an unseren Weg geglaubt. Aber natürlich sind wir froh, dass die Mannschaft die Dinge, die ihr der Trainer mitgibt, jetzt besser umsetzt", sagte Krösche zum sportlichen Höhenflug. Der soll am 14. Spieltag bei der TSG Hoffenheim fortgesetzt werden. (hau/dpa)

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