Im Champions-League-Viertelfinale war Thomas Müller zum Zuschauen verdammt. In der Bundesliga hingegen stand er beim 5:1 gegen den 1. FC Union Berlin wieder in der Startelf und erzielte zwei Tore. Danach sprach er unter anderem mit unserer Redaktion über seine persönliche Situation und den Saisonendspurt.
Herr
Thomas Müller: Das ist natürlich immer schön. Die Woche war mit drei Siegen hintereinander perfekt. Das Gefühl rund um den Klub ist auch für einen selbst noch einmal ganz anders, als wenn durch Unentschieden und Niederlagen dunkle Wolken aufziehen. Dementsprechend können wir jetzt in Ruhe weiterarbeiten. Wir hatten natürlich unter der Woche ein tolles Erlebnis gegen Arsenal. Der Einzug in das Halbfinale ist für den Verein immer etwas Besonderes. Das darf man nicht unterschätzen. Das ist kein "business as usual". Natürlich will man immer weit kommen, aber in das Halbfinale der Champions League muss man erst einmal einziehen. Aber wir sind auch in der Bundesliga demütig genug. Nachdem uns Leverkusen ganz klar abgekocht hat, sind wir in der Bringschuld. Wir lassen das hier nicht locker auslaufen, nur weil man vielleicht erahnen kann, dass wir nächste Saison in der Champions League sowieso irgendwie dabei sind. Es geht ja auch darum, gute Spiele zu machen und sich gut zu fühlen. Wenn du als Verteidiger zu Null spielst oder als Offensivspieler zwei Tore erzielst, hast du ein Grinsen im Gesicht. Und darum geht es eigentlich.
Glauben Sie, dass es Ihrer Mannschaft gelingen wird, diesen Schwung auch mit in das Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid zu nehmen?
Am Ende geht es ein bisschen um Effektivität. Das hat uns heute schon ausgezeichnet. Wir haben ein gutes, engagiertes Spiel gemacht, sind vorne ein bisschen früher draufgegangen und waren ein bisschen aggressiver drauf. Dann hast du auch ein anderes Energielevel. Das Feeling ist anders. Und wir haben eben auch die Tore gemacht. Es ist das Entscheidende, dass du dir nicht nur Chancen rausspielst, sondern die Ergebnistafel zum Rotieren bringst. Das haben wir vielleicht in den letzten Spielen, in denen es ein bisschen enger wurde, nicht immer gemacht.
Thomas Müller: "Naja, die Tore waren super, aber..."
Sie haben die beiden Champions-League-Viertelfinalspiele gegen den FC Arsenal komplett auf der Bank verbracht. Trainer Thomas Tuchel sagte danach, er hofft, dass Ihre Beziehung zueinander dies aushalten wird. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Natürlich. Das habe ich während der Saison schon mehrfach in Interviews wiederholt: Wir sind ja hier nicht im Streichelzoo! Der Trainer stellt die Mannschaft so auf, wie er denkt, er habe die bestmögliche Chance zu gewinnen. Vielleicht muss er auch manchmal andere Dinge berücksichtigen, was Verletzungen betrifft oder sonst was. Aber ansonsten sind wir Spieler ja jederzeit dazu eingeladen, uns in jeder Minute, die wir auf dem Trainingsplatz oder in den Spielen auf dem Platz stehen, so zu präsentieren, dass er an einem nicht vorbeikommt.
Nach Ihren zwei Toren gegen Union Berlin dürfte er an Ihnen dann wohl nicht mehr vorbeikommen, oder?
Naja, die Tore waren super, aber ein, zwei Ballverluste hatte ich auch.
Ihr Mitspieler
Leon ist zurzeit super drauf, da gibt es gar keine zwei Meinungen. Ich hoffe auch, dass er weiter dranbleibt. Alles andere ist eine Thematik für den Bundestrainer.
Die Meisterschaft ist bereits an Bayer Leverkusen vergeben. Wie wichtig ist es für Sie, zumindest den zweiten Tabellenplatz zu verteidigen?
Für mich geht es nicht um den Tabellenplatz, wenn man nicht Erster wird. Es geht darum, dass du das gute Gefühl des Sieges hast und die Selbstbestätigung, dass du eine gute Arbeit machst. Das wollen wir in den verbleibenden vier Spielen weiter zeigen – und dadurch dann auch den zweiten Platz verteidigen.
"Real spielt schon etwas anders"
Nach dem Sieg gegen den FC Arsenal gab es nun gegen Union Berlin sechs Veränderungen in der Startelf. Eric-Maxim Choupo-Moting spielte auf dem eher ungewohnten linken Flügel und bereitete Ihren Treffer zum 3:0 vor. Wie haben Sie ihn wahrgenommen?
Er hat super gespielt. Er hat ja auch früher bei Schalke schon das eine oder andere überragende Spiel auf der linken Seite abgeliefert. Ich fand es richtig gut, wie er heute gespielt hat. Er ist mit seinen Dribblings aggressiv nach vorne gegangen, hat nicht rumgeeiert, sondern ist wirklich in die Eins-gegen-eins-Duelle gegangen. Er hat mich immer wieder vorne gesucht, das hatten wir auch so besprochen. Und es ist natürlich umso schöner, wenn das zum Tor führt.
Sie trafen mit Union Berlin auf einen Gegner, der in der Defensive eher tief steht und die Kontergelegenheiten sucht. War das vielleicht eine gute Vorbereitung auf Real Madrid, weil die in der Champions League teilweise einen ähnlichen Ansatz haben?
Real spielt schon etwas anders. Die spielen nicht mit einer Fünferkette und haben auch ein anderes Spielsystem. Das kann man nicht miteinander vergleichen. Trotzdem versuchen wir natürlich, Abläufe zu Automatismen werden zu lassen, die uns gegen tiefstehende Gegner helfen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir in den letzten Wochen Probleme hatten, Torchancen zu kreieren. Das Problem war eher, dass wir unsere Chancen nicht so kaltschnäuzig genutzt haben wie heute.
Zur Person:
- Thomas Müller (Jahrgang 1989) schloss sich im Jahre 2000 der Nachwuchsabteilung des FC Bayern München an und hat seitdem nie für einen anderen Verein gespielt. Der Offensivspieler gewann zweimal die Champions League, sechsmal den DFB-Pokal und zwölfmal die deutsche Meisterschaft. Mit der deutschen Nationalmannschaft wurde er im Jahr 2014 Weltmeister.
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