Karl-Heinz Rummenigge steht nach einer Reihe von missverständlichen Aussagen selbst bei den eigenen Fans in der Kritik. Warum dem FC Bayern mehr Demut gut zu Gesicht stünde.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Es ist etwas her, dass sich Fans des FC Bayern im Wochenrhythmus auf der Arbeit oder in den Videokonferenzen dieser Tage für ihren Klub entschuldigen mussten. Nachdem die Münchner sportlich in den vergangenen Jahren über jeden Zweifel erhaben waren, hatte der einst als arroganter FC Hollywood verschriene Klub auch sein Image enorm verbessert.

Das lag an Sympathieträgern wie Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller oder Manuel Neuer, aber auch an einer neuen professionellen Entspanntheit in der Führung, die dem Klub bis auf wenige Rückfälle gut zu Gesicht stand.

Doch in den letzten Wochen war es selbst für langjährige Fans manchmal schwer, sich guten Gewissens zum FC Bayern zu bekennen. Das lag vor allem an Karl-Heinz Rummenigge, der mit einer Reihe von mindestens unglücklichen - mancher wird sagen überheblichen - Aussagen den Zorn der Öffentlichkeit auf sich gezogen hat.

Impfen, Klub-WM, Katar

Vorgezogene Impfungen für Fußballprofis, Zorn über ein Nachtflugverbot in Berlin, das auch für den FC Bayern gilt, Corona-Fälle auf dem Ausflug zur Klub-WM und dazu das ständige Thema Katar, das den FC Bayern schon seit Jahren verfolgt. Es ist einiges zusammengekommen in den letzten Wochen. Es spricht für Rummenigge, dass er sich am Samstagabend im ZDF-Sportstudio öffentlich der Kritik stellte.

Nicht jeder Aufschrei der letzten Tage war gerechtfertigt. So wirkte es schon etwas bemüht wie Rummenigge nachgesagt wurde, er habe dafür plädiert, dass Fußballer in der Impfreihenfolge bevorzugt werden sollten. Ungelenk waren seine Aussagen trotzdem.

Hinter all dem steckt jedoch mehr als ein paar öffentliche Stolperer. Der Fußball wird seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie mehr hinterfragt als er es gewohnt ist. Es wirkt so, als sei die Überhöhung des Fußballs durch die für viele Menschen existenzielle Coronakrise an ihre Grenzen gestoßen. Wenn in Politik und Gesellschaft jeden Tag über Grundrechte gerungen wird, fallen Sonderrechte für Fußballer oder Dinge, die als Sonderrechte empfunden werden, umso stärker negativ ins Gewicht.

Die Abgebrühtheit, mit der die FIFA mitten in einer weltweiten Pandemie die Klub-WM in Katar durchführt oder die UEFA für Champions-League-Spiele Mannschaften aus England und Deutschland nach Budapest fliegt, um irgendwie die Show am Laufen zu halten, spricht da Bände. Es ist zumindest kein Wunder, dass viele Fans da nicht mehr mitkommen.

Die Bundesliga ist privilegiert

In einer solchen Situation ist von Verantwortlichen, insbesondere Verantwortlichen des wichtigsten deutschen Fußballklubs, deutlich mehr Geschick und Sensibilität gefordert. Selbst wenn man sich im Recht fühlt. Es ist nicht die Zeit für laute Kampfansagen und steile Superlative, sondern für leisere, nachdenklichere Töne. Ich gehe sogar noch weiter.

Ein bisschen mehr Demut wäre schön. Die Bundesliga und mit ihm der FC Bayern und seine Bosse vorneweg sollte sich ihrer im Vergleich privilegierten Lage in dieser Pandemie bewusst werden und entsprechend handeln. Dann kann der Fußball in einer Zeit, die vielen Menschen sehr viel abverlangt, absolut etwas sehr positives beitragen.

Flick zeigt wie es geht

Wie es gehen kann, hat übrigens ein anderer Bayern-Vertreter in der vergangenen Woche gezeigt. Nachdem sich Hansi Flick mit öffentlichen Aussagen über den SPD-Politiker Karl Lauterbach (“so genannter Experte”) ziemlich vergaloppiert hatte, streckten in den Tagen danach beide Seiten die Hand aus. Zumindest metaphorisch. Beide sprachen sich aus und zollten einander Respekt für die jeweilige Position des anderen. Damit war das Thema erledigt und wenn man möchte sogar ein kleines Zeichen für mehr Verständigung in sehr polarisierten Zeiten gesetzt.

Bitte in Zukunft mehr davon.

Hansi Flick wünscht sich Aussprache mit Karl Lauterbach

Bayern-Trainer Hansi Flick hat sich nach dem Unentschieden gegen Arminia Bielefeld nochmal zu seinen AUssagen über Karl Lauterbach geäußert. Dabei bot er an, sich mit dem SPD-Gesundheitsexperten unter vier Augen zu unterhalten. (Teaserbild: Lukas Barth-Tuttas - Pool/Getty )
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