Der FC Bayern München tritt am Samstagabend bei Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel an. Das letzte Aufeinandertreffen war eine der größten Sensationen der jüngeren Fußball-Geschichte. Der damalige Holstein-Spieler Fin Bartels denkt im Interview an dieses Spiel zurück und spricht über das erneute Aufeinandertreffen.

Ein Interview

Das Auswärtsspiel in Kiel am Samstagabend (18:30 Uhr) dürfte beim FC Bayern München schlimme Erinnerungen wecken. Im Januar 2021 trafen die beiden Mannschaften zum bislang einzigen Mal aufeinander – und zwar in der 2. Runde des DFB-Pokals.

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Der damalige Zweitligist Kiel lag zweimal in Rückstand, glich aber beide Male aus und gewann schlussendlich im Elfmeterschießen. Fin Bartels verwandelte den entscheidenden Elfmeter für Holstein. Im Interview mit unserer Redaktion spricht der Ex-Profi über das damalige und das bevorstehende Nord-Süd-Duell.

Herr Bartels, werden bei Ihnen aufgrund der bevorstehenden Begegnung zwischen Holstein Kiel und Bayern München Erinnerungen wach?

Ja, auf jeden Fall. Ich werde in diesen Tagen besonders viel auf dieses Spiel angesprochen. In Kiel ist das ohnehin immer ein Thema, wenn ich in der Stadt mit einem Fan spreche. Dadurch habe ich die Szenen von damals immer gut im Kopf.

"Für mich war das eines der größten Highlights meiner Karriere."

Ex-Kieler Fin Bartels über das Pokalspiel gegen den FC Bayern München

Welchen Stellenwert hat dieses Spiel für Sie persönlich?

Man gewinnt nicht oft gegen Bayern. In meiner Karriere war das sogar der einzige Sieg gegen Bayern. Und dann auch noch im Pokal, wo die Siege immer besonders emotional sind. Für mich war das eines der größten Highlights meiner Karriere. Eigentlich war der FC Bayern nicht zu schlagen. Aber das Spiel fand in einer kuriosen Situation statt. Wir hatten die Corona-Pandemie, das Stadion war leer und ein Schneesturm fegte durch das Stadion. Dann machten wir in der allerletzten Sekunde der Nachspielzeit den Ausgleich zum 2:2. In diesem Spiel kamen viele Besonderheiten zusammen.

Wie hat Ihre Mannschaft vor dem Spiel die Chancen gegen den deutschen Rekordmeister eingeschätzt?

Wir haben uns einfach auf das Spiel gefreut. Wenn man gegen Bayern spielt, ist jeder angespannt und heiß auf diese Partie. Als Zweitligist hatten wir nicht oft solche Spiele vor der Brust. Wir wollten das Spiel einfach genießen. Und wir haben trotz Rückstand bis zuletzt daran geglaubt, dass für uns etwas möglich ist.

Bartels: Norddeutsches Wetter machte Bayern zu schaffen

War der Schneesturm für Ihre Mannschaft von Vorteil?

Definitiv. Ich meine, der FC Bayern reiste im späten Winter nach Kiel, es waren keine Zuschauer im Stadion, dann dieses norddeutsche Wetter – so etwas waren die Bayern nicht gewohnt. Vermutlich wollte der FC Bayern das Spiel schnell abhaken. Dadurch fehlten bestimmt ein paar Prozentpunkte. Der FC Bayern hatte einen schlechten Tag, wir hingegen erwischten einen Sahne-Tag. Es kam vieles zusammen.

Der FC Bayern gelangte durch die Treffer von Serge Gnabry und Leroy Sané zweimal in Führung. Beide Male gelang Ihrer Mannschaft der Ausgleich. Erst trafen Sie zum 1:1, später dann Hauke Wahl zum 2:2. Was war der Erfolgsschlüssel?

Das Spiel war insgesamt sehr knapp, wir lagen lediglich mit einem Tor zurück und haben an unsere Chance geglaubt. In einem normalen Zweitliga-Spiel ist die Situation anders, weil bei Rückstand vielleicht schnell Frust aufkommt. Das war hier anders. Wir hatten mit Ioannis Gelios einen überragenden Torwart, der uns im Spiel gehalten hat. Und natürlich braucht man vorne ein bisschen Glück und muss die Chancen nutzen, die man bekommt.

Bartels verwandelte den entscheidenen Elfmeter im Pokalspiel

Im Elfmeterschießen haben zunächst beide Mannschaften die ersten fünf Schüsse verwandelt. Danach vergab Bayern-Spieler Marc Roca einen Elfmeter, ehe Sie den entscheidenden Elfmeter gegen Manuel Neuer verwandelten…

Eigentlich war ich nie der geborene Elfmeterschütze. Ich hatte bis dahin noch nie ein Elfmeter in einem Pflichtspiel geschossen. Das traf auch auf einige andere Spieler zu. Wir waren nicht die geborenen Elfmeterschützen. Aber an dem Tag ging jedes Ding rein.

Fin Bartels
Fin Bartels sorgte mit seinem verwandelten Elfmeter für die Pokal-Sensation gegen den FC Bayern. © imago/Holsteinoffice.de/Jörg Lühn

Was hat der Sieg mit Ihnen als Mannschaft damals gemacht?

Das war insgesamt eine heftige Saison für uns mit vielen ungewöhnlichen Situationen. Unsere Mannschaft musste wegen Corona zweimal in Quarantäne, sodass wir später aufgrund der vielen Nachholtermine alle zwei bis drei Tage ein Spiel hatten. Das hat uns als Mannschaft zusammengeschweißt. So nach dem Motto: "Wir gegen den Rest der Welt." Nach dem Spiel gegen Bayern haben wir eine richtige Erfolgsserie hingelegt, standen im DFB-Pokal-Halbfinale und wären fast in die Bundesliga aufgestiegen. Leider konnten wir das am Ende nicht veredeln.

Es gibt nicht mehr viele aktive Spieler von Holstein Kiel, die das damalige Spiel miterlebt haben. Finn Porath ist der einzige verbleibende Spieler, der damals in der Startelf stand. Später wurde Marco Komenda noch eingewechselt, Ersatztorwart Thomas Dähne saß auf der Bank. Glauben Sie, dass das damalige Spiel vor dem erneuten Aufeinandertreffen noch ein Thema ist?

Ich glaube nicht, dass das noch ein Thema ist. Die Spieler, die damals bereits im Kader standen, werden sich das Spiel vielleicht noch einmal in Erinnerung rufen, weil das ein tolles Erlebnis war. Ich bin mir sicher, dass ohnehin alle Spieler hochmotiviert sein werden. Es gibt kaum etwas Größeres als ein Bundesligaspiel mit Holstein Kiel gegen Bayern München. Ich hoffe einfach, dass die Jungs keine Angst haben und das Spiel einfach mit Vollgas genießen.

Bartels: "Kiel hat ein bisschen Lehrgeld gezahlt"

Zur aktuellen Saison: Holstein Kiel hat die ersten beiden Spiele verloren. Kommt das Spiel gegen den FC Bayern daher zu einem schlechten Zeitpunkt?

Ach, das können wir nach dem Spiel beurteilen. Es ist natürlich ernüchternd, wenn man 0 Punkte hat und die Bayern kommen. Aber ich finde, dass Kiel bei den Spielen gegen Hoffenheim und Wolfsburg phasenweise sehr ordentlich gespielt hat. Daher ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und sich auf das Spiel zu freuen.

Welchen Eindruck hatten Sie in den ersten beiden Spielen von Kiel?

Das Spiel in Hoffenheim (Endstand 2:3, Anm.d.Red.) war eigentlich ein super Spiel. Bis zum Schluss hatten sie die Möglichkeit, einen Punkt zu holen – obwohl sie in Unterzahl waren. Wäre ihnen das gelungen, könnten sie mehr als zufrieden sein. Das zweite Saisonspiel gegen Wolfsburg (0:2) habe ich mir im Stadion angesehen. Sie haben die ersten 25 Minuten ein richtig gutes Spiel gemacht. Dann landet so ein abgefälschter Freistoß im eigenen Tor. Drei Minuten später folgte das nächste Gegentor. Danach war es schwer, zurückzukommen. Man bekommt in der Bundesliga keine sieben oder acht Chancen, sondern vielleicht zwei oder drei. Wenn man diese nicht nutzt, wird es schwer. Kiel hat ein bisschen Lehrgeld gezahlt. Aber die Leistungen haben gezeigt, dass diese Mannschaft in der Bundesliga punkten kann. Daher darf man sich nicht verrückt machen. Nichtsdestotrotz muss man irgendwann Punkte holen, sonst wird die Stimmungslage irgendwann schlechter.

Und wie lautet Ihr Tipp, wie das Spiel zwischen gegen Bayern München ausgeht?

Ich hoffe, auf ein schönes 1:1. Dann wären hier in Kiel alle zufrieden – die Münchner natürlich weniger.

Über den Gesprächspartner

  • Fin Bartels (Jahrgang 1987) wurde in der Nachwuchsabteilung von Holstein Kiel ausgebildet und debütierte dort im Herren-Fußball in der Regionalliga. Später war er für Hansa Rostock, den FC St. Pauli und den SV Werder Bremen aktiv, ehe der gebürtige Kieler im Jahre 2020 zu Holstein zurückkehrte. Im Sommer 2023 beendete Bartels seine Profikarriere.
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