- Youssoufa Moukoko wird gegen Schalke zum Derby-Held und drängt vehement in die Startelf.
- Trainer Edin Terzic steht spätestens jetzt eine grundsätzliche Entscheidung ins Haus.
Es gibt schlimmere Aufgaben, als keine 24 Stunden nach dem Derbysieg in der Sport1-Sendung "Doppelpass" zu sitzen und merklich erleichtert zu plaudern. Sebastian Kehl hatte einen vergleichsweise angenehmen Sonntagmorgen, der bei einem anderen Ausgang der Partie gegen den FC Schalke 04 deutlich unruhiger hätte werden können. Ein bisschen kribbelig wurde es für Kehl eigentlich nur in den Debatten um Youssoufa Moukoko.
Dessen Siegtor gegen Schalke bescherte Kehl zwar die nötige Ruhe und Gelassenheit bei seinem Auftritt. Es sorgte aber auch für die eine oder andere bohrende Nachfrage - und befeuerte auch die Debatten um die Besetzung der einen Planstelle im Angriff bei Borussia Dortmund.
Der BVB hat eine Stürmerdebatte
Wieder einmal bekam Anthony Modeste den Vorzug vor Moukoko, Trainer
Modeste schlich wie ein Fremdkörper über den Platz, fand auch im achten Spiel in Schwarz und Gelb kaum Bindung zu den Mitspielern und wenn er mal ins Spiel einbezogen wurde, unterlief ihm ein technischer Fehler oder brachte er sein Zuspiel nicht an den Mitspieler. So häufte Modeste erneut ein paar richtig schwache Zahlen an, hatte nur 14 Ballaktionen in über einer Stunde Spielzeit, gab zwei harmlose Torschüsse ab, leistete sich eine 50-prozentige Fehlpassquote und gewann nur knapp jeden dritten Zweikampf.
Am meisten hilft Modeste seinem Team derzeit - etwas überspitzt formuliert - bei gegnerischen Standards, wenn er zuverlässig hohe Flanken aus dem eigenen Strafraum köpft. In seiner eigentlichen Kernkompetenz steht nach acht Partien aber weiterhin nur ein einziges Tor.
Und deshalb hat der BVB jetzt eine Stürmerdiskussion am Hals, die dritte innerhalb weniger Wochen. Nach Erling Haalands Abgang war die Suche nach einem Nachfolger ein großes Thema. Mit Sebastien Hallers Erkrankung wiederum dessen Ersatzmann. Den hat der BVB seit einigen Wochen im Kader, zufrieden kann er mit Anthony Modestes bisherigen Leistungen aber kaum sein. Moukokos erlösendes Tor in einem schwierigen Spiel, das überdies auch den Derbysieg bedeutete, bringt nun noch einmal einen ganz anderen Schwung in die öffentliche Debatte.
Modeste findet sich kaum zurecht
"Wir haben verschiedene Varianten einstudiert, und wenn Modeste dann als klassischer Stoßstürmer spielt - wir haben die Anzahl unserer Flanken schon auch deutlich erhöht. Ab und zu fehlt vielleicht das Quäntchen Glück am langen Pfosten", versuchte Kehl also am Sonntag im "Doppelpass" zumindest eine kleine Lanze für den glücklosen Modeste zu brechen. Allein am fehlenden Glück hapert es allerdings nicht, das dürfte auch Kehl selbst nicht entgangen sein.
Modeste bewegt sich nicht besonders gut, er bringt sich auch bei Flanken nicht in jene gute Position, die einen halbwegs sauberen Torabschluss zuließe. Dass dem 34-Jährigen die Antritts- und Endgeschwindigkeit abgeht, sollte allen Beteiligten schon vor dessen Verpflichtung klar gewesen sein. Mit dem fehlenden Selbstvertrauen kommen nun aber auch viele leichte technische Fehler dazu und das Gefühl, dass Modeste aktuell nicht so richtig in diese auf Tempo ausgerichtete Mannschaft passt.
Und wenn dann junge, wendige, schnelle Spieler wie Moukoko oder der ebenfalls eingewechselte Karim Adeyemi aufs Feld stürmen und mit ihren ersten geschmeidigen Aktionen die Fans mitnehmen, ergibt sich daraus eine extreme Trennschärfe zu Modestes Leistungen davor. Und nun mit Moukokos Tor eine veritable Diskussion darüber, ob nicht der 17-Jährige in den nächsten Spielen starten sollte.
Terzic‘ besonderes Verhältnis zu Moukoko
"Heute hatten wir ihn dort, wo wir ihn haben wollen: In der Box, wo die Tore erzielt werden. Wir sind sehr glücklich, dass er heute unser Derbyheld ist", sagte Trainer Terzic nach der Partie über Moukoko. In der Hälfte der Spielzeit schoss Moukoko doppelt so oft aufs gegnerische Tor wie Modeste und verriet später, dass er "eine Wut im Bauch hatte, weil ich von Anfang an spielen wollte".
Gegen Schalke konnte Moukoko seinen Ärger in positive Energie umwandeln, oft genug zuvor aber verfiel der Youngster auch schon in zu viel Aktionismus. Diese Energie zu kanalisieren und in die richtigen Bahnen zu lenken, dürfte weiterhin die wichtigste Aufgabe für den Spieler und seinen Trainer sein. "Es gibt keinen Spieler bei uns, mit dem ich häufiger spreche als mit ihm", erklärt Terzic das besondere Verhältnis zu Moukoko.
"Er ist ein Spieler in einer Phase, der geführt werden muss", sagt Sportchef Kehl. "Youssoufa hat natürlich große Erwartungen. Er war der größte Jugendstürmer, den Borussia Dortmund hatte und gestern hat er die nächste Geschichte geschrieben als nun jüngster Derby-Torschütze. Also ein Superlativ nach dem anderen. Aber er ist erst 17 und braucht Zeit."
Vertragsverlängerung mit Moukoko? Kehl optimistisch
Zeit, die auch beide Parteien in den Verhandlungen um einen neuen Vertrag benötigen werden. Moukokos Kontrakt läuft nach der Saison aus, in den letzten Monaten gab es immer wieder Scharmützel und kleinere Reibereien zwischen dem BVB und der Spieler-Seite. "Wir sind weiterhin der richtige Klub für ihn, das denkt er auch. Wir kennen ihn und haben großes Vertrauen, die Trainer kennen ihn", bleibt Kehl trotzdem recht optimistisch.
"Wir sind seit geraumer Zeit in Gesprächen, das ist alles sehr vertrauensvoll und eng. Es ist wichtig für ihn zu wissen, dass er weiß, dass einen Verein hat, der auf ihn baut. Wir wollen weiter mit Mucki (Moukoko, Anm. d. Red.) verlängern und die Geschichte weiterzuschreiben. Am Ende müssen aber natürlich auch ein paar andere Rahmenbedingungen stimmen. Dafür brauchen wir die Öffentlichkeit nicht, das kriegen wir schon hin. Das Erwartungsmanagement ist entscheidend, wenn er nie von Anfang an spielt, dann kommst du in eine Konfliktsituation. Die nächsten sportlichen Schritte sind für ihn entscheidend."
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Moukoko sei "ganz nah dran", so Kehl weiter. Beim nächsten Spiel nach der Länderspielpause wäre der 17-Jährige aber am liebsten mittendrin statt immer nur dabei. Die Chancen dafür haben sich bestimmt nicht verschlechtert, allerdings ist die nächste Partie auch nicht irgendeine: Die Borussia muss zum 1. FC Köln. Und Anthony Modeste gegen seinen Ex-Klub auf die Bank zu setzen, wäre die Höchststrafe.
Verwendete Quellen:
- bvb.de: "… die süßesten Punkte, die wir gewinnen können"
- Sport 1: Der Stahlwerk Doppelpass vom 18.09.2022 mit Kehl
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