Fast gefeuert, dann der Held - und nun schon bald die Vertragsverlängerung? Edin Terzic darf sich am Ende einer bewegten Saison trotz des geplatzten Traums gegen Real Madrid als Gewinner fühlen.

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Edin Terzic wollte nichts zu dieser bemerkenswerten Szene sagen, die sich wenige Momente nach dem Abpfiff des Champions-League-Finales zugetragen hatte. Jose Mourinho ging direkt auf Terzic zu, umarmte den Dortmunder Trainer und flüsterte ihm ein paar Sätze ins Ohr. Es war ein besonderes Zeichen der Wertschätzung, so viel konnte man schon sehen.

Und anders als Terzic, der sich auf der Pressekonferenz nach dem Spiel über den Inhalt der Unterredung bedeckt hielt, gab Mourinho in seiner Funktion als Experte des übertragenden Senders "TNT Sports" laut "Daily Mail" einen Einblick in die kurze Konversation.

"Ich habe ihm gesagt: Das wird jetzt sehr hart werden für dich. Die Zeit wird dir dabei nicht helfen. Das hier wird für den Rest deiner Karriere, für den Rest deines Lebens richtig hart bleiben. Aber du solltest auch sehr stolz sein auf das, was du erreicht hast: Das war großartig!", erzählte Mourinho.

Er, Terzic, habe alles in seiner Macht Stehende ausgeschöpft. "Ein Trainer kann keine Tore erzielen, er kann den Ball nicht ins Tor schießen. Ein Trainer kann eine Struktur vorgeben, eine Mentalität vorleben und den Spielern Vertrauen schenken. Und das alles hat er gemacht. Dortmunds Plan war grandios."

Und hat am Ende gegen die Titelmaschine Real Madrid doch nicht gereicht. Das ist die bittere Wahrheit für Borussia Dortmund und seinen Trainer. Und trotzdem hielt das Finale von London für Edin Terzic auch einige positive Aspekte bereit. Nicht nur Mourinhos Trost, den Terzic "nicht mehr vergessen" werde.

Schwierige Bestandsaufnahme für den BVB

Die Aufarbeitung der nun abgelaufenen Saison wird reichlich schwierig und wohl auch durchaus kontrovers werden für die Verantwortlichen der Borussia. Und Terzic selbst wird die Diskrepanz zwischen vielen Auftritten in der Bundesliga und den Highlights in der Königsklasse erklären müssen. Den emotionalen Gipfeln stehen einige markant ernüchternde Zahlen gegenüber: Platz fünf in der Liga, das Aus im DFB-Pokal noch vor Weihnachten, die nächste titellose Saison.

In der Königsklasse war der Hunger der Mannschaft nach dem nächsten Erfolg immer da, im Kerngeschäft der Bundesliga aber nicht. In der Champions League zeigte die Mannschaft ihr wahres Potenzial und dass sie auch in der Lage ist, vermeintlich besser besetzte Teams zu schlagen. In der Bundesliga strauchelte Dortmund gegen Heidenheim, Bochum, Augsburg oder Mainz und verlor unter anderem alle drei Spiele gegen den VfB Stuttgart.

Edin Terzic stand und steht auch deshalb immer im Blickpunkt. In der Winterpause hing sein Job in Dortmund am seidenen Faden, die Unterstützung durch Sven Bender und Nuri Sahin in seinem Trainerteam war ganz offenbar dringend notwendig - wofür sich Terzic aber offenbar auch öffnen konnte und wollte und die Hilfe gerne annahm.

Hervorragender Plan gegen Real Madrid

In dieser Konstellation scheint sich über die letzten Monate eine gut funktionierende Einheit gefunden zu haben, die gegen Real Madrid auf der größten Bühne überhaupt ein sehr stimmiges Bild abliefern konnte.

Die Dortmunder Mannschaft war jedenfalls bestens ein- und aufgestellt auf die Prüfungen aller Art, beraubte Real mit einem guten Mix aus hohem Pressing und einer tiefen Staffelung, mit der Manndeckung für Toni Kroos und Jude Bellingham und dem Doppeln auf dem Flügel gegen Vinicius Jr. vieler Stärken.

Terzic und sein Trainerteam haben wie die Dortmunder Mannschaft auch gezeigt, dass sie zu Recht im Finale der Champions League stehen. Aber für den ganz großen Wurf hat es eben wieder nicht gereicht.

Terzic beweist Nehmerqualitäten und lernt schnell

Nun wird es auch darum gehen, das Finale von Wembley als Lektion, als einen nächsten großen Schritt in einer Entwicklung zu betrachten. Man dürfe jetzt "nicht sofort nach dem ersten Erlebnis, das man sich anders gewünscht hätte, anfangen zu zweifeln, selbst wenn es mal hart wird und nicht sofort funktioniert", sagte Terzic der Presse. "Nur mit diesem Glauben entstehen einmal Erfolg und Selbstvertrauen. Und das ist der klare Auftrag ab morgen." Auch an ihn selbst.

Terzic' Vertrag in Dortmund ist bis zum Juni 2025 datiert, über eine Verlängerung soll in den kommenden Tagen schon mit der neu formierten sportlichen Leitung diskutiert werden. Die Tendenz ist klar: Terzic wird - nach dieser Champions-League-Kampagne, nach diesem Finale und weil er sich nach schwierigen Monaten selbst aus der Krise manövriert hat - ziemlich sicher beim BVB verlängern.

Es wäre eine durchaus überraschende Wende der Terzic-Saga. Nicht wenige Experten hätten dem Trainer und seinem Arbeitgeber nach der verpassten Meisterschaft schon nahegelegt, einen Schlussstrich zu ziehen. Die prognostizierten Probleme erwiesen sich im Herbst und gegen Jahresende als relevant - und trotzdem ließen ihn die Verantwortlichen beim BVB nicht fallen. Während Terzic sein Kämpferherz gezeigt, aus Fehlern schnell gelernt und in den kniffligen Momenten dann auch die Unterstützung seiner Mannschaft hatte.

Diese Nehmerqualitäten haben Eindruck hinterlassen, im Klub und außerhalb. Und ganz nebenbei hat er sich in den vergangenen Wochen auch eine sehr vernünftige Startrampe für seine zukünftigen Aufgaben gebaut.

BVB: Wie im vergangenen Sommer – und doch ganz anders

Die Niederlage gegen Real und der damit geplatzte Traum kann ein Treiber für Dortmunds Mannschaft sein. Kapitän Emre Can erzählte am Samstag in der Mixed Zone des Wembley-Stadions davon, was er seinen Mitspielern mit auf den Weg gegeben hatte. "Es lohnt sich zu träumen und jeden Tag hart zu arbeiten", sagte Can. Irgendwann komme dann der Moment, auf den alle so sehnsüchtig warten. Also ein Titel.

Die Dortmunder Champions-League-Saison hat den Hunger geweckt, es schon bald noch eine Spur besser zu machen. Und sie hat dem Klub nicht nur frisches Renommee eingespielt, sondern auch jede Menge Geld. Allein die Prämienzahlungen der Uefa für den Vorstoß ins Endspiel bringen der Borussia über 80 Millionen Euro ein.

Der BVB wird seinen Kader in der Breite qualitativ aufrüsten müssen, das hat die Bundesliga-Saison ziemlich eindrucksvoll bewiesen. Mit dem Geld aus der Königsklasse kann dieses Unterfangen nun deutlich leichter umgesetzt werden. Beim BVB haben sie gesehen, was möglich sein kann und dass die Chancen einer neuen Saison deren Risiken überwiegen.

Die Ausgangslage ist jedenfalls trotz der erneuten maximalen Enttäuschung nach dem letzten Saisonspiel besser als vor einem Jahr. Und Edin Terzic mit seinem Trainerteam nicht nur wieder fest im Sattel, sondern ein guter Grund für große Zuversicht.

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