Die ungewöhnliche Neuausrichtung im Trainerteam bietet Borussia Dortmund viele Chancen, birgt aber auch ein paar Risiken. Die Zweifel an Edin Terzic könnten in jedem Fall bleiben.

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Sehr gute Trainer zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie sich zurücknehmen und delegieren können. Früher war der Trainer eine Art Einzelkämpfer, bekam dann ein wenig Unterstützung von einem Co-Trainer und später von jemandem, dem man die Torhüter der Mannschaft anvertrauen konnte.

Es folgten Masseure, Zeugwarte und Ärzte, dann Physiotherapeuten, später Sportpsychologen, Athletik- und Reha-Trainer, zuletzt Spielanalysten und Teammanager. Punktuell leisten sich einige Cheftrainer mittlerweile auch ihren ganz persönlichen Mitarbeiter, der in Medienfragen und als gute Seele 24 Stunden am Tag beratend zur Seite steht.

Da ist es eigentlich auch nur konsequent, seinen engsten Trainerstab mit möglichst vielen Spezialisten zu besetzen. In der Regel sind das dann zwei Co-Trainer, so wie das auch bei Borussia Dortmund bis vor wenigen Tagen noch der Fall war.

Sebastian Geppert und Armin Reutershahn waren Edin Terzic' Vertraute, das Trio zuständig und verantwortlich für die sportliche Ausrichtung und letztlich auch den Erfolg der Mannschaft.

Die sogenannte Elefantenrunde mit Terzic, Sportchef Sebastien Kehl, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und dem externen Berater Matthias Sammer kam vor Weihnachten aber dann zu dem Schluss, ein paar grundlegende Veränderungen und eine Aufstockung des Trainerteams auf vier Verantwortliche zu beschließen - ohne dabei den Cheftrainer zu entlassen. Ein sehr ungewöhnlicher Schritt im deutschen Profi-Fußball.

Ein Offensiv- und ein Defensivspezialist

Borussia Dortmund hat nun jedenfalls Nuri Sahin und Sven Bender neben Terzic und Geppert platziert, wobei die Aufgabenverteilung klar geregelt sein soll. Sahin gilt als kreativer Kopf und derjenige, der vor allen Dingen das Spiel mit dem Ball entscheidend verbessern soll.

Wie eine Art Offensive Coach, wie es sie in anderen Sportarten wie American Football oder Eishockey gibt, kümmert sich Sahin um klare Abläufe im Spielaufbau, im Übergangsspiel, beim Herausspielen und Verwerten von Torchancen.

Bender dagegen soll die Spielphasen in der Defensive besser orchestrieren, das Pressing und Gegenpressing verbessern, mit angepassten Abläufen im Anlaufen und Durchsichern und das "Wir-Gefühl" innerhalb der Gruppe stärken - wobei ein Teilbereich den anderen wie in einer Symbiose bereichern soll: Durch mehr "Wir-Gefühl" entsteht mehr Unterstützung füreinander und damit mehr Geschlossenheit. Und umgekehrt.

Geppert bleibt wie schon zuvor verantwortlich für die Spiel- und Gegneranalyse und die Vorbereitung der Matchpläne. Und Terzic derjenige, bei dem alle Fäden zusammenlaufen und der letztlich auf Grundlage noch fundierterer Analysen die finalen Entscheidungen trifft.

Es ist auch ein Zeichen der Stärke, Veränderungen und Hilfe zuzulassen, so wie das Terzic nun getan hat. Offenbar war er es selbst, der Sahin und Bender als mögliche Assistenten ins Spiel gebracht hatte. "Nur starke Persönlichkeiten holen sich auch starke Persönlichkeiten an die Seite. Die Pflaumen möchten lieber unter den Pflaumen bleiben", brachte Klubchef Hans-Joachim Watzke diesen Umstand recht prägnant auf den Punkt.

Terzic: "Starke Persönlichkeiten neben mir"

"Ich habe mir überlegt, welche perfekte Unterstützung ich brauchen könnte, damit ich starke Persönlichkeiten neben mir habe, die mich dabei unterstützen, nicht nur die richtigen Ideen in die Mannschaft zu bringen - sondern mich dabei auch unterstützen, die richtigen Entscheidungen in ganz kurzer Zeit zu treffen", sagte Terzic am Rande des Trainingslagers in Marbella laut "kicker". "Und das machen die drei hervorragend gut, auf eine ganz unterschiedliche Art und Weise."

Weshalb Terzic unbedingt will, dass Sahin und Bender auch Trainingseinheiten leiten. Auch auf die Gefahr hin, seine eigene Autorität damit ein Stück weit zu untergraben. Denn das ist der wunde Punkt der großen Rochade.

Terzic in der Zwickmühle

Terzic war einst als Interimslösung mit dem Erfolg im DFB-Pokal aus dem Amt geschieden und wurde auf der neu geschaffenen Position des Technischen Direktors im Klub gehalten - oder eben: warmgehalten. Marco Rose jedenfalls hatte als neuer Cheftrainer stets seinen Schattenmann im Nacken sitzen und wurde nach nur einer Saison beim BVB wieder entlassen.

Seitdem versucht sich Terzic daran, der Mannschaft klare Konturen zu verpassen und droht daran, wie viele seiner Vorgänger, zu scheitern. Auch deshalb nun die Neuaufstellung im Trainerteam und das damit verbundene Risiko, den Trainer automatisch auch zu schwächen.

Edin Terzic hat jetzt schon jede Menge Reputation verloren und kann selbst im besten Fall nur noch partiell als Gewinner hervorgehen. Ändert sich auch mit Sahin und Bender wenig, ist Terzic über die Saison hinaus kaum noch zu halten. Arbeitet der BVB nun wieder einen erkennbaren Markenkern heraus und gewinnt mehr Spiele, wird das in erster Linie auf die beiden Neuen zurückgeführt werden.

Es bleibt eine knifflige Mission, bei der schnelle Erfolgserlebnisse zwingend notwendig sind. Die Chancen dafür stünden bei den ersten Spielen gegen die Kellerkinder Darmstadt, Köln, Bochum und Heidenheim eigentlich ganz gut. Aber das muss bei Borussia Dortmund in dieser Saison ja nichts heißen.

Verwendete Quellen

  • kicker.de: "Terzic und die neuen Co-Trainer: 'Möchte, dass sie das Training leiten'"
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