Der Wechsel ist durch, nur die Unterschrift fehlt noch. Arturo Vidal kommt. Das erklärte Karl-Heinz Rummenigge am Rande der Asienreise des FC Bayern München. Der Transfer von Arturo Vidal zum FC Bayern ist ein Schritt in die Zukunft für den Rekordmeister. Der Chilene wird das Spiel der Münchener nicht nur verändern, er könnte sogar das fehlende Puzzlestück für Pep Guardiola sein.

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"Ich kann bestätigen, dass mit beiden Parteien Einigkeit besteht. Es fehlt nur die medizinische Untersuchung. Wenn alles normal läuft, steigt er nächste Woche ins Training ein", erklärte Karl-Heinz Rummenigge. "Er" das ist Arturo Vidal, und dass dieser Vidal zum FC Bayern München wechseln wird, ist keine Überraschung mehr. Schon seit Tagen schreiben die Medien über diesen Transfer.

Es werden wieder die alten Geschichten hervorgekramt: die von Arturo Vidal, dem bösen Buben. Dem hyperaggressiven Haudrauf, dem Rabauken, dem Red Hot Chile Pepper. Sie alle mögen stimmen. Arturo Erasmo Vidal Pardo hat gewiss das Zeug zum Fiesling.

Vidal hat aber vor allen Dingen fußballerische Qualitäten, die dem großen FC Bayern in den vergangenen Jahren abgegangen sind. Und genau deshalb hat sich der Rekordmeister die Dienste des 28-Jährigen gesichert.

Josep "Pep" Guardiola hat seinen Stil in München im Laufe der letzten beiden Jahre angepasst. Längst ist das Dogma vom ewigen Ballbesitzspiel aufgeweicht, versetzt mit Spuren von reaktivem Konterfußball. Selbst mit schnöden Offensivstandards hat sich Guardiola zuletzt häufiger auseinandergesetzt.

Der FCB spielt zu brav

Die bayerischen Hardliner jammern ihrem Bastian Schweinsteiger hinterher. Das ist in emotionaler Hinsicht nachvollziehbar, aus sportlicher Sicht aber wird Vidal die offen gewordene Planstelle im Bayern-Mittelfeld auf eine ganz andere Art ausfüllen - ganz nach dem Geschmack des Trainers.

Das Münchner Spiel war in den entscheidenden Phasen der abgelaufenen Saison zu brav. Natürlich spielten da auch die vielen Verletzten eine Rolle. Trotzdem waren die Bayern in der Champions League gegen Barcelona und im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund in letzter Konsequenz nicht griffig genug. Besonders anschaulich wurde dies beim allzu lammfrommen Pressing, das die Bayern gerade in den Duellen der Königsklasse zur Schau stellten.

Mit Vidal dürfte sich das schlagartig ändern. Im unter Guardiola völlig umgebauten Mittelfeld dürfte der Chilene die Rolle des Jägers ausfüllen, der aus der Defensive hervorprescht, um tief in der gegnerischen Hälfte für Unordnung zu sorgen.

Arturo Vidal kann einfach alles

Vidal ist einer der besten Pressingspieler der Welt, das müssten auch die Kritiker des Transfers eingestehen. Dazu kann er die Zauberfüße neben sich bestens absichern - in einem anderen Tempo als das die Veteranen Schweinsteiger und Xabi Alonso. Für die konteranfälligen Bayern bedeutet das einen Quantensprung in der Defensivbewegung.
Lucien Favre hat in Deutschland einen Begriff populär gemacht, der wie maßgeschneidert auf Vidal passt: den vom "polyvalenten Spieler". Der Chilene ist absolut variabel einsetzbar, kann im Mittelfeld alle Positionen spielen, kann auf dem Flügel im Angriff agieren oder als (rechter) Außenverteidiger in der Viererkette. Und er kann, quasi freigestellt vom Kollektiv, der Mann für (defensive) Spezialaufgaben sein.

Pep Guardiola wird in München sicherlich nicht die Manndeckung zum Leben erwecken. Aber er hat ab sofort mit Vidal einen Spieler, der sich garantiert nicht zu schade ist, sein eigenes Ego hintenanzustellen und für die Mitspieler den Dreck wegzuräumen, der in 90 Minuten nun mal so anfällt. Bei Juventus ist er gereift, hat seine zuweilen ungestümen Attacken auf ein erträgliches Maß reduziert. Mit Turin war er schon nah dran am Gewinn der Champions League; der Marsch knapp vorbei am Henkelpott nach dem Finale gegen Barca ist wie eine Art Versprechen für seinen neuen Arbeitgeber.

Vidal stärkt das Kollektiv

Da kommt ein hungriger Spieler, der die Liga und die Mentalität in Deutschland kennt, dem Anpassungsprobleme ohnehin fremd scheinen und der mit 28 Jahren in der Blüte seines Schaffen steht. Ein kleiner, aber nicht minder schöner Nebeneffekt ist Vidals Coolness am Elfmeterpunkt - eine Qualität, die zuletzt nicht viele Bayern-Spieler zeigten.

Verrechnet man den Schweinsteiger- mit dem Vidal-Transfer inklusive der Jahresgehälter, kommen die Bayern sogar noch über der schwarzen Null weg. Dafür bekommen sie einen Spieler, der zwar nicht den Namen und die Reputation bei den (eigenen) Fans mitbringt, dafür aber fast drei Jahre jünger ist und für den zukünftigen Spielstil stehen soll.

Dass ein Verein nur mit populären Maßnahmen zum Ziel kommt, ist eine absolute Seltenheit. Selbst Guardiola musste in seiner überragend erfolgreichen Zeit bei Barca so manchen Star opfern, um das Kollektiv stärker zu machen. 14 Titel in vier Jahren sind kein Zufall.

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