Im Sommer 2023 starteten die Klubs aus der Saudi Pro League eine immense Transferoffensive, um die Liga zu stärken. Die Namen der angeworbenen Spieler sind beeindruckend, doch große Erfolge bleiben bislang aus.

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Knapp 950 Millionen Euro gaben Klubs aus Saudi-Arabien im Sommer 2023 für neue Spieler aus. Das Ziel war klar: Die Saudi Pro League sollte mehr in den Fokus der Berichterstattung auf der ganzen Welt gerückt werden. Schon zuvor fing es mit Cristiano Ronaldo an, Spieler wie Riyad Mahrez, Edouard Mendy, Fabinho, Karim Benzema, Sadio Mané oder Roberto Firmino folgten. Selbst bei den Trainern wurde kein Halt vor großen Namen oder aufstrebenden Talenten gemacht. Ob Steven Gerrard, Matthias Jaissle oder Slaven Bilic, sie alle trainieren in der Saudi Pro League.

Die Klubs, vor allem die dem saudi-arabischen Public Investment Fund zugehörigen, lockten mit viel Geld. Einerseits für die Verkäufer aus Europa, von denen so manch einer seine Bilanz durch einen Transfer nach Saudi-Arabien wieder zurechtbiegen konnte. Als Beispiel dient Chelsea, das alleine für Koulibaly und Mendy mehr als 40 Millionen Euro kassierte. Andererseits auch für die Spieler. Die bekannten Namen sollten aber nicht nur viel Geld kassieren, sondern auch gleichzeitig Geld in die Kassen spülen, denn der Staat will sich auf dem internationalen Markt platzieren, unter anderem in Vorbereitung auf die Austragung der Weltmeisterschaft 2034. Doch was ist seit dem Sommer passiert?

Saudi-Arabien: Große Namen, aber keine großen Teams

Der Blick auf die Liste der bekanntesten Spieler in der Saudi Pro League ist verheißungsvoll. Neymar, Ruben Neves, Sergej Milinkovic-Savic, Aleksandar Mitrovic, Aymeric Laporte, die bereits genannten Stars, Franck Kessié, Merih Demiral, Marcelo Brozovic oder Yannick Carrasco: Sie alle haben große Spiele in Europa gespielt, Titel gewonnen, hatten einen Einfluss bei den größten Klubs. Die Namen lesen sich gut, sie alleine sorgen aber nicht dafür, dass die Teams deutlich besser spielen.

Denn die Diskrepanz in Sachen individueller Qualität ist teilweise immens. Kein Wunder, wenn drei Topstars in ein Team voller Durchschnittsfußballer ohne entsprechende taktische Ausbildung gepresst werden. Selbstverständlich liefern die Topspieler weitgehend ab, erzielen Tore, sorgen für spektakuläre Aktionen. Das Drumherum ist phasenweise aber grotesk.

Auf den Punkt brachte es Frank Schmidt, Trainer des 1. FC Heidenheim, der nach einem 6:2-Testspielerfolg gegen Al-Ahli mit Mendy und Firmino in der Saisonvorbereitung laut "Express" ein drastisches Fazit zog: „Insbesondere aber die Qualität des Gegners war nicht das, was wir als Herausforderung im Trainingslager brauchen.“ Auch bei anderen Tests gegen Teams aus Europa wurde das deutlich. Die Teams aus Saudi-Arabien wirkten, als hätten sie einen oder zwei Spieler weniger auf dem Platz, hatten gegen geordnetes Passspiel kaum einmal Zugriff.

Wie steht es um das Zuschauerinteresse?

Eines der Kernziele der Transferoffensive war es natürlich, mehr Zuschauer in die Stadien zu locken und die Liga auch im Ausland besser zu vermarkten. Zweiteres funktionierte zumindest teilweise, denn einige Streamingdienste übertragen Spiele aus der Saudi Pro League. Das Interesse der Zuschauer im eigenen Land ist aber nicht besonders groß. Al-Hilal hat den höchsten Zuschauerschnitt, immerhin besuchen fast 27.000 Zuschauer pro Spiel das King Fahd International Stadium. Das Problem: Es passen 68.752 Menschen in die Arena.

Nur vier Teams übertreffen die Marke von 10.000 Zuschauern pro Spiel. Bei Al-Riyadh wird nicht einmal die Marke von 2.000 Besuchern geknackt. Bei einem Spiel von Al-Ittifaq mit Trainer Steven Gerard kamen laut "Sport 1" im Oktober gerade einmal 696 Fans ins Stadion. Von einem Boom kann also nicht die Rede sein. Die Stars alleine scheinen keinen großen Anziehungseffekt zu haben, solange die Liga und die Wettbewerbe generell bedeutungslos sind, wenn man sie mit den europäischen vergleicht. Da hilft auch das große Geld nicht viel.

Zwischenfazit: Der Motor stottert

Ein halbes Jahr ist der große Transfervorstoß der Klubs aus Saudi-Arabien nun her. Die Begeisterung für die Saudi Pro League stieg leicht an, von einer Euphorie kann jedoch keine Rede sein. Vor allem, weil die Mannschaften insgesamt gesehen noch zu schwach sind, das Niveau alleine durch ein paar Stars daher nicht auf ein sehr hohes Level steigen konnte. Berichte über Pläne, das Limit für Spieler aus dem Ausland in den jeweiligen Kadern zu erhöhen, sind noch nicht bestätigt, könnten aber die Ambitionen der Saudis verdeutlichen.

Der Motor stottert bisher zwar und von den gesetzten Zielen wurde kaum eines wirklich erreicht, aber hinter diesem Projekt steckt eine ganz andere finanzielle Wucht als hinter der Chinese Super League vor einigen Jahren. Deswegen lässt sich auch noch kein abschließendes Urteil fällen, denn es wird weitere Spieler geben, die in den nächsten Jahren dem Lockruf nicht widerstehen können. Der Weg hin zu einer ernstzunehmenden, hochklassigen Liga ist aber noch weit.

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