Nach dem Klassenerhalt ist vor dem Neustart: Schalke 04 braucht Veränderungen auf allen Ebenen. Die Zeit ist dafür ebenso knapp bemessen wie das Budget. Die Hoffnungen ruhen nun auf der sportlichen Troika.

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Früher, als die Zeiten dann doch noch ein kleines bisschen besser waren, durfte sich der FC Schalke 04 an zweiter oder dritter Stelle der Nahrungskette wähnen. Wenn auf dem Transfermarkt die großen Deals abgewickelt wurden und damit im Hintergrund die übliche Kettenreaktion ausgelöst wurde: Dann war es Zeit für die Königsblauen, auch kräftig mitzumischen. Das ist zwar erst ein paar Jahre her, fühlt sich aber schon an wie eine Ewigkeit.

Schalke 04 ist kein Mitglied mehr im erlauchten Kreis der zahlungskräftigen Bundesligaklubs und auch die lukrativen Europapokal-Wettbewerbe finden mittlerweile ohne die Knappen statt. Und sehr wahrscheinlich wird dies auch noch ein paar Jahre so bleiben.

Schalke 04 – vom Fußballhimmel in die Untiefen der Zweiten Liga

Schalke ist aus der zweiten Reihe des europäischen Hochadels in die dritte oder vierte Reihe in Deutschland abgerutscht und beinahe wäre die jüngst abgelaufene Saison in einem sportlichen Desaster geendet, das es selbst auf Schalke so noch nie gegeben hat.

Der Klassenerhalt in der 2. Liga hat den "König im Revier" vor dem kompletten Absturz in die durchaus mögliche sportliche Bedeutungslosigkeit bewahrt und womöglich sogar vor deutlich Schlimmerem. Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte ist: In dem heillosen Durcheinander müssen ein paar Verantwortliche nun die richtigen Schlüsse ziehen, Altlasten loswerden, frisches Personal an Land ziehen, den gesamten Klub umkrempeln und so etwas wie eine Leitidee formulieren - und das alles in einem besonders eng gesteckten finanziellen Rahmen.

Geraerts bleibt Schalke-Trainer

Es ist eine Mammutaufgabe, die da auf Marc Wilmots, Ben Manga und – wie seit Montag endgültig feststeht – Karel Geraerts zukommt. Sportdirektor Wilmots kann nun definitiv mit Geraerts als Cheftrainer auch für die kommende Saison planen, nachdem der dem "Kicker" seinen Verbleib bestätigt hat. "Ich werde auch in der nächsten Saison Trainer auf Schalke sein - und darauf freue ich mich sehr", wird Geraerts zitiert.

Diese eine Baustelle wäre damit zwar vom Tisch, die sportliche Leitung in ihrem Kern bestätigt. Und dennoch steht dem Klub auf vielen Ebenen ein XXL-Umbruch ins Haus. Einen so großen hat es auf Schalke vermutlich noch nicht gegeben.

Ben Manga rückt als Kaderplaner verstärkt in den Fokus. Der 50-Jährige gilt als großer Hoffnungsträger, sein Netzwerk und seine Erfahrung in der Konzeption von Mannschaften soll den Umschwung anschieben.

"Ben und sein Scouting-Team, das bereits seit einigen Wochen für uns arbeitet, bringen ein großes Netzwerk und eingespielte Prozesse mit", sagte Schalkes Vorstandschef Matthias Tillmann im Vereins-Interview nach der Berufung des Neuen vor knapp drei Wochen. Helfen soll dabei unter anderem auch Rafael Tonello, mit dem Manga bereits bei Eintracht Frankfurt zusammen herausragend gute Arbeit geleistet hat.

Kaderplaner Ben Manga steht vor einer Mammutaufgabe

Wilmots als Chef, Manga als Tippgeber und Geraerts als Tüftler einer neuen Schalker Mannschaft: Das sind die Baumeister, die den Fans nach den schmerzhaften letzten Jahren endlich wieder Zuversicht geben sollen. Rund ein Dutzend Spieler, womöglich sogar mehr, sollen den Klub verlassen oder sind schon auf dem Sprung.

Die Verträge von Thomas Ouwejan, Cedric Brunner, Blendi Idrizi und Danny Latza laufen in ein paar Wochen aus und werden nicht verlängert. Auch Torhüter Michael Langer wird in diesem Sommer keinen neuen Kontrakt mehr bekommen. Um die Nummer eins und den Garanten des Klassenerhalts, Marius Müller, ist inzwischen ein zumindest interner Streit entbrannt.

Müller hat ein Angebot aus Wolfsburg, wollte ursprünglich aber offenbar gar nicht weg aus Gelsenkirchen. Schalke könnte mit einem Verkauf noch eine Ablösesumme im niedrigen siebenstelligen Bereich erzielen und braucht zwingend Transfereinnahmen. Es soll unterschiedliche Meinungen zum künftigen Gehalt des Spielers geben.

Es entstehe fast der Eindruck, dass der Spieler geradezu weggelobt werden soll – während anderen unmissverständlich klargemacht wurde, dass ihre sportliche Zukunft nicht mehr auf Schalke liegt, so denn die Vertragslage eine Trennung zulässt.

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Bei Schalke-Ikone Ralf Fährmann muss der Klub wohl keine Sorgen haben, dass sich daraus eine Hängepartie entwickelt. Der zuletzt suspendierte Timo Baumgartl will ohnehin weg. Der ebenfalls in die U23 geschickte Dominick Drexler besitzt aber nicht nur einen Vertrag bis 2025, sondern will den offenbar auch erfüllt wissen. Lino Tempelmann, Tobias Mohr oder Henning Matriciani gelten als potenzielle Verkaufskandidaten.

Gravierende Veränderungen auch im Trainerteam

Aber nicht nur im Kader, sondern auch beim Trainer- und Betreuerteam wird sich einiges ändern. Interims- und Co-Trainer Matthias Kreutzer wird in ein paar Wochen seine Koffer packen, Torwarttrainer Simon Henzler ist nach neun Jahren im Klub seinen Job los. Und auch der Schalke-Ikone schlechthin, Mike Büskens, wurde neulich das Aus mitgeteilt. Der Kahlschlag trifft also viele Ebenen und soll noch lange nicht abgeschlossen sein.

Umso wichtiger wird es sein, auf Zugangsseite nun so wenige Fehler wie möglich zu machen. Eine Art "Zugang" könnte dabei Assan Ouedraogo sein. Die Anzeichen verdichten sich, dass das Toptalent schon bald einen Vertrag beim FC Bayern unterschreiben könnte oder vielleicht sogar schon unterschrieben hat - in der kommenden Saison aber dann noch beim FC Schalke "geparkt" wird.

Die Schalker könnte damit zum einen dringend benötigtes Geld einnehmen und müssten zum anderen nicht auf die sportlichen Dienste des 18-Jährigen verzichten. Ansonsten stehen auf der Zugang-Seite bisher lediglich Anton Donkor (ablösefrei von Eintracht Braunschwieg) und Adrian Gantenbein fest, der für kolportierte 300.000 Euro vom FC Winterthur kommt.

Die Europameisterschaft dürfte den Transfermarkt in diesem Sommer erst vergleichsweise spät voll in Gang setzen. Schalke wird dann bei den wichtigen Transfers aber ohnehin nur noch stiller Beobachter sein und auf die Krumen lauern müssen, die nach den Dominoeffekten bis runter in die 2. Liga liegen bleiben.

Umso sauberer und detaillierter muss Schalke nun schon in den Planungen sein. Es bleiben schließlich auch nur rund vier Wochen bis zum Trainingsauftakt. Sehr wenig Zeit für sehr viele Aufgaben.

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