Sebastian Vettel war egal, was die Menschen von ihm dachten: In dem Moment, als er sich um den - aus seiner Sicht - verdienten Sieg beim Grand Prix von Kanada in Montreal von den Rennkommissaren betrogen fühlte, missachtete er beinahe alle Regeln, die nach dem Zieleinlauf gelten. Ferrari kündigte Protest gegen die Wertung des Rennens an.
Sebastian Vettel hatte viel geschimpft und dabei eigentlich alles gesagt. Der Sieg in Kanada, davon rückte der Ferrari-Star nicht ab, wurde ihm von der Jury gestohlen.
Und damit das auch wirklich jeder versteht, verzichtete
Zuvor hatte der viermalige Weltmeister, dessen erster Saisonsieg einer vermeintlichen Behinderung Hamiltons zum Opfer fiel, bereits gegen zwei Regeln verstoßen, die nach der Zieldurchfahrt gelten.
Vettel parkte seinen Boliden nicht auf dem dafür vorgesehenen Platz, der im Parc fermé für die drei Erstplatzierten jedes Rennens vorgesehen ist. Die Kameras fingen den 31-Jährigen dabei ein, wie er seinen Boliden fernab derer von Hamilton und Vettels Ferrari-Kollegen
Anschließend, den Helm noch immer auf dem Kopf, folgten die TV-Kameras dem wutschnaubenden Vettel, wie er schnurstracks Richtung Ferrari-Home stapfte.
Vettel erscheint nicht zum Interview
In diesem Moment hätte er im Parc fermé in die Interview-Zone ans Mikrofon des früheren Formel-1-Piloten Martin Brundle gehört. Der unterhielt sich stattdessen mit Hamilton und anschließend mit Leclerc, der Vettel in der letzten Rennrunde beinahe noch auf Platz drei verdrängt hätte.
Erst, als die Fans während der Siegerehrung, zu der Vettel dann doch erschien, Hamilton als Sieger ausbuhten, besann sich dessen Erzrivale und bat die Menge über Brundles Mikro, dies nicht zu tun. Hamilton könne schließlich nichts für die Entscheidung, die die Rennkommissare getroffen hatten.
Vettels Unmut war nachvollziehbar. Die Entscheidung, ihn nach einer Beinahe-Kollision mit Hamilton mit einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe zu belegen, war und bleibt mindestens umstritten.
"Sie stehlen uns das Rennen!", fluchte Vettel in dem Moment in sein Helm-Mikrofon, als er seitens seiner Crew über den Kopfhörer von der Bestrafung erfuhr.
Ferrari kündigt Protest an
Ferrari kündigte gegenüber dem Internationalen Motorsportverband FIA an, gegen das Rennergebnis zu protestieren. Gegen die Zeitstrafe selbst ist den Regeln nach kein Protest möglich. Ferrari hat 96 Stunden (also vier Tage) Zeit, um Beweismaterial für seine Argumentation zu sammeln.
Ein eigentlich gelungenes Wochenende, an dem er erstmals seit 17 Rennen wieder auf der Pole gestanden und im Rennen viel Kämpferherz gezeigt hatte, endete für Vettel und seinen Rennstall mit reichlich Frust und Wut.
Offen bleibt auch, welches Nachspiel Vettels Auftreten unmittelbar nach Renn-Ende noch haben wird.
Die Chancen auf den ersehnten WM-Titel mit Ferrari werden in jedem Fall immer geringer. 62 Punkte nach sieben Rennen sind eine mächtige Hypothek.
Eine Wahrheit, die in der Debatte um Vettels Sanktionierung unterging, ist aber auch diese: Vettel hat sich unter dem großen Druck Hamiltons zu einem Fehler verleiten lassen, ohne den es gar nicht zur Schlüsselszene gekommen wäre.
Ein Hamilton "geschenkter" Sieg wie in Bahrain
Der Weltmeister indes bedankte sich für den vermeintlich geschenkten Sieg mit den gleichen Worten wie schon nach dem zweiten WM-Lauf 2019 in Bahrain.
Damals hatten Vettel (Kollision mit Hamilton) und der lange führende Leclerc (Motorprobleme) Hamilton ebenfalls den schon sicher scheinenden Sieg Ferraris überlassen müssen. Hamilton sagte damals, wie auch jetzt in Montreal, so nicht gewinnen zu wollen, den Sieg aber gerne zu nehmen.
So wird man Weltmeister. Es muss nicht immer eine Machtdemonstration sein. Der Brite war auf der Ferrari-Strecke in Kanada längst nicht fehlerfrei, am Freitag touchierte er im freien Training die Mauer und verschaffte seinen Mechanikern Überstunden, auch die Pole verpasste er.
Dass er im siebten Saisonlauf dennoch zum fünften Mal siegte, lag am wesentlichsten Unterschied zu Vettel: Hamilton leistete sich keinen schwereren Patzer.
Den des deutschen Rivalen hatte er hingegen selbst provoziert. Auf Hamilton warten im weiteren Verlauf Strecken, die Mercedes deutlich besser liegen werden als Kanada. Wer soll ihn stoppen?
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