Der schonungslose Kampf ums Weiße Haus hat Spuren hinterlassen. Es geht ein tiefer Riss durch die US-Gesellschaft. Im Interview mit unserer Redaktion erklärt ein USA-Kenner, ob in dieser Situation Donald Trump oder Hillary Clinton der bessere Präsident wäre.
In diesen Tagen vor der US-Wahl 2016 streiten sich die Amerikaner:
Schon jetzt ist klar: Die US-Gesellschaft ist nach einer polarisierendem Wahlkampf gespalten. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Jäger über die Chancen, dass Clinton oder Trump das Land wieder einen, über ein Versäumnis des Noch-Präsidenten
Herr Jäger, die US-Wahl 2016 spaltet die US-Gesellschaft. Viele tun sich schwer, in Hillary Clinton oder Donald Trump ein mögliches Symbol nationaler Einheit zu sehen. Wie kam es dazu?
Prof. Dr. Thomas Jäger: Schon Barack Obama ist es nicht gelungen, ein Symbol nationaler Einheit zu sein. Früher gab es noch den sogenannten "Cold War Consensus". Die Präsidenten hatten stets die Zustimmung der Bevölkerung, weil es mit der Sowjetunion den einen Gegner gab, auf den sich alle einigen konnten. In der Außenpolitik hatten sie die Bevölkerung mehrheitlich immer hinter sich.
Das änderte sich unter Bill Clinton. Er war ein Präsident, der ein zerrissenes Land hinterlassen hat, schlicht, weil er sich moralischer Verfehlungen schuldig gemacht hatte. Erst unter George W. Bush wurde die Gesellschaft zeitweise wieder vereint.
Wegen der nationalen Tragödie von 9/11?
Genau. Bush teilte die Gesellschaft anfangs in Konservative und Liberale. Diese Teilung wurde letztlich nur durch 9/11 übertüncht, weil es einen patriotischen Sammelpunkt gab. Als dann die ersten militärischen Siege in Afghanistan dazukamen, war die amerikanische Gesellschaft geeint.
Wenn Krieg ausbricht, sammeln sich die Bürger immer um den Präsidenten. Am Ende seiner Präsidentschaft waren die USA aber viel tiefer zerstritten, weil die Kriege in Afghanistan und im Irak die Gesellschaft in die Menschen teilten, die sie richtig fanden und in die, die sie falsch fanden.
Und Barack Obama?
Er hat mit dem Thema Wahlkampf gemacht, man müsse Amerika wieder einen. Er ist mit diesem Ziel aber grandios gescheitert. Seine Zustimmungswerte lagen meist unter 50 Prozent. Er hat es nie geschafft, dass die Mehrheit der Gesellschaft gesagt hätte, mit diesem Präsidenten können wir uns identifizieren. Wir erleben jetzt im Wahlkampf das Ergebnis seiner Präsidentschaft.
Wie meinen Sie das?
Donald Trump und
Wenn wir jetzt der Frage nachgehen, ob Trump oder Clinton in der Lage wären, die Nation wieder zu einen, muss man das mit einem ganz klaren Nein beantworten.
Weshalb?
Beide sind derart unbeliebt, dass es überhaupt nicht vorstellbar ist, dass sie die Präsidentschaft wieder zum Symbol nationaler Einheit machen können. Ich kann mir eher vorstellen, dass die Spaltung der USA noch weitergehen wird. Irgendwann wird es diesen Punkt geben, an dem das wieder kippt und das Land zusammenfindet. Diesen Punkt sehe ich aber noch nicht gekommen.
Wird ein solcher Punkt erst nach der darauffolgenden Wahl und in der dann folgenden Legislaturperiode der Fall sein?
Das wäre möglich. Dass die Leute kapieren, diese Spaltung verhindert, dass Washington politikfähig ist, weil die, die miteinander Kompromisse finden müssen, womöglich noch nicht einmal miteinander reden. Das Problem ist nicht nur, dass weder Clinton noch Trump dieses Symbol nationaler Einheit werden können.
Darüber hinaus tragen die Medien in den USA seit Jahren dazu bei, dass die Gesellschaft gespalten wird. Es wird Meinungsfernsehen gemacht. Und so lange das ein gutes Geschäftsmodell ist, wird sich das auch nicht ändern.
Unabhängig von den Kandidaten Trump und Clinton?
Die Politiker, die sich jetzt schon für die US-Wahl 2020 warmlaufen, haben gemerkt, dass sie mit linkem oder rechtem Populismus sehr wohl Vorwahlkämpfe überstehen können. Dann werden sie genau auf diese Themen zurückgreifen und die Stimmung in der US-Gesellschaft ausnutzen wollen. Es ist eben nicht zu erwarten, dass die Politikmodelle Trump oder Sanders mit diesem Wahlkampf verschwunden sein werden.
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