Das Auswahlverfahren verlief im Eiltempo - jetzt machen die Demokratin Kamala Harris und ihr Vize Tim Walz erstmals gemeinsam Wahlkampf. Und geben direkt Gas. Kontrahent Donald Trump ätzt indes gegen das "linksradikale Duo".
Unter tosendem Jubel sind die demokratische Präsidentschaftskandidatin
"Wir sind die Außenseiter in diesem Rennen", sagte Harris über den Wahlkampf gegen den republikanischen Präsidentschaftsbewerber
Mit Walz habe sie eine Führungspersönlichkeit an ihrer Seite, sagte Harris. Er sei "die Art von Vizepräsident, die Amerika verdient". Die 59-Jährige hob in ihrer Rede das politische Profil ihres "Running Mates" hervor, betonte dabei unter anderem seine Unterstützung für Militärveteranen, Gewerkschaften, das liberale Abtreibungsrecht und striktere Waffengesetze. Nur wenige Stunden zuvor hatte sie ihn zu ihrem Vize gemacht.
Walz ist seit 2019 Gouverneur des Bundesstaats Minnesota und saß vorher lange als Abgeordneter im Repräsentantenhaus. Vor seiner politischen Laufbahn war er lange als Lehrer tätig. Der verheiratete Vater zweier Kinder hat kein starkes nationales Profil, ist aber bekannt für seine Bodenständigkeit und direkte Art, politische Botschaften zu transportieren. Seine Frau Gwen ist ebenfalls Lehrerin.
Walz geht direkt auf Konfrontationskurs
In seiner neuen Funktion ging Walz prompt zum verbalen Angriff auf die republikanische Gegenseite über. Der 60-Jährige machte sich über Trump und Vance lustig, warf den beiden Verlogenheit vor.
"Donald Trump kämpft nicht für Euch oder Eure Familie", sagte Walz über den Ex-Präsidenten - stattdessen würde er "Chaos und Spaltung" säen.
Mit Blick auf seine eigene Kindheit im ländlichen US-Bundesstaat Nebraska sagte Walz über Trump: "Er saß nie an einem Küchentisch, wie dem, an dem ich aufgewachsen bin, wo wir uns gefragt haben, wie wir die Rechnungen bezahlen sollen. Er saß in seinem Country Club in Mar-a-Lago und hat sich überlegt, wie er die Steuern für seine reichen Freunde senken kann."
Trumps Vizekandidaten Vance bedachte er mit sarkastischen Worten: "Wie alle normalen Menschen, mit denen ich im Landesinneren aufgewachsen bin, hat J.D. in (der Elite-Universität, Anm. d. Red) Yale studiert, seine Karriere von Silicon-Valley-Milliardären finanzieren lassen und dann einen Bestseller geschrieben, in dem er über die Menschen in seiner Heimat herzieht", spottete Walz.
Mit einer weiteren Bemerkung über seinen Konkurrenten ging Walz unter die Gürtellinie: "Ich kann es kaum erwarten, mit dem Kerl zu debattieren - wenn er vom Sofa aufsteht." Der spitzzüngige Kommentar nimmt Bezug auf einen schlüpfrigen Witz über Vance, der im Internet die Runde macht.
Sich selbst und Harris stellte Walz als politischen Gegenentwurf dazu dar. "Sie glaubt an die Chance für jeden Einzelnen, in die Mittelschicht aufzusteigen. Sie glaubt an das Versprechen von Amerika. Wir müssen nur kämpfen", sagte Walz. Er dankte Harris für ihr Vertrauen und - mit Blick auf die Stimmung im Saal - "vielleicht noch viel mehr dafür, dass du die Freude zurückgebracht hast".
Trump spricht von "linksradikalem Duo"
Trump hatte vor dem Auftritt selbst kräftig gegen Harris und Walz ausgeteilt. "Das ist das linksradikalste Duo in der amerikanischen Geschichte", schrieb der 78-Jährige auf seiner Online-Plattform Truth Social. "So etwas hat es noch nie gegeben und wird es auch nie wieder geben." Er bezeichnete Harris außerdem als "verrückt".
Trumps Vizekandidat Vance hat in den vergangenen Wochen einen holprigen Start hingelegt. Mit Blick auf Walz wählte der Senator aus dem Bundesstaat Ohio ähnliche Worte wie Trump. Die Personalie unterstreiche, "wie radikal Kamala Harris" sei, sagte Vance vor Journalisten und warf der Demokratin unter anderem vor, damit "auf den Hamas-Flügel ihrer eigenen Partei gehört" zu haben.
Obama hält Walz für "idealen Partner"
Walz wird besonders vom linken Flügel der Demokraten unterstützt. Dieser steht für einen Israel-kritischeren Kurs als die Mitte der Partei und stellte die Nahost-Politik der Biden-Regierung zuletzt immer wieder infrage. Walz selbst äußerte sich mit Blick auf die Lage im Nahen Osten bislang allerdings eher zurückhaltend.
Zuspruch für ihn gab es auch aus der Mitte der Partei, etwa vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. Der attestierte seiner Parteifreundin Harris die Wahl eines "idealen Partners". Walz habe "die Werte und die Integrität, um uns stolz zu machen".
US-Präsident Biden äußerte sich ebenfalls wohlwollend: Das Duo werde "dafür sorgen, dass Amerika weiterhin die Welt anführt und seine Rolle als unverzichtbare Nation wahrnimmt".
Nach ihrer Tour durch die besonders heiß umkämpften "Swing States" erwartet Harris und Walz der große Parteitag der Demokraten vom 19. bis 22. August in Chicago. Harris' offizielle Nominierung hätte eigentlich dort stattfinden sollen, wurde aus bürokratischen Gründen aber vorgezogen und digital abgewickelt. (dpa/bearbeitet von ank)
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