Am Mittwochabend schallt die Eurovisions-Melodie durch den Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Brüssel, die vielen TV-Zuschauern von "Wetten, dass ...?" oder dem "Eurovision Song Contest" vertraut ist. Zwar wird weder gewettet noch gesungen, wohl aber gewetteifert: Eineinhalb Wochen vor der Europawahl geben die Spitzenkandidaten der sechs größten Fraktionen im EU-Parlament alles, um vor laufender Kamera Wähler zu überzeugen.

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Sie haben das Eurovisions-Debatte der Spitzenkandidaten verpasst? Kein Wunder, übertrug doch keiner der großen deutschen TV-Sender das europaweit ausgestrahlte Rededuell. Aber kein Problem: Hier die wichtigsten Zitate im Überblick:

Manfred Weber, EVP (Konservative)

Was bewegt ihn besonders? "Ich will ein Europa, das nah an den Bürgern ist, eine Kommission der Menschen", sagt der 46-jährige Deutsche.

Was sagt er zu Migration? "Wir brauchen eine gesamteuropäische Lösung mit 20.000 Frontex-Beamten an den Grenzen, damit nicht die Schlepperbanden kontrollieren, wer reinkommt, sondern wir."

Was sagt er zum Klimaschutz? "Die EVP steht für das Ziel ein, bis 2050 eine CO2-neutrale EU zu schaffen."

Was sagt er zur Rolle der EU in der Welt? "Die USA sind weiterhin unsere Freunde, aber wir müssen ihnen gegenüber strenger und klarer sein. Und wir brauchen Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik, sonst sind wir nicht schlagkräftig genug."

Was sagt er zur Euroskepsis? "Die Antwort ist ein demokratisches Europa. Wir sollten das Parlament stärken."

Frans Timmermans, SPE (Sozialdemokraten)

Was bewegt ihn besonders? Es sei Zeit, den Klimaschutz ganz oben auf die Prioritätenliste zu setzen, sagt der 58-Jährige, der in den Niederlanden zu Hause ist. Mit ähnlicher Dringlichkeit sei dafür zu sorgen, dass alle Unternehmen angemessen Steuern zahlen.

Was sagt er zu Migration? "Jedes mal, wenn ein Mensch im Mittelmeer ertrinkt, verlieren wir einen Teil unserer Seele." Und mit Blick auf die Seenot-Retter: "Wer Leben rettet, sollte nicht bestraft werden."

Was sagt er zum Klimaschutz? "Warum besteuern wir Kerosin nicht? Warum haben wir nicht längst eine CO2-Steuer? Sozialdemokraten, Grüne und Linke wollen zusammenarbeiten, damit das jetzt kommt."

Was sagt er zur Rolle der EU in der Welt? "Wir müssen den Straches und Salvinis klarmachen, dass nicht Putin ihr bester Freund ist. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie den Ton angeben und wir nach ihrer Musik tanzen."

Was sagt er zur Euroskepsis? "Es ist unsere Schuld, dass so viele enttäuscht sind. Wir sollten ihnen jetzt ein Angebot machen, das sie zum europäischen Projekt zurückbringt."

Jan Zahradil, AKRE (EU-Skeptiker)

Was bewegt ihn besonders? Aus Sicht des Tschechen (56) haben die Nationalstaaten viel zu viele Kompetenzen an die EU abgegeben. "Ich will eine EU, die weniger tut, aber das besser."

Was sagt er zu Migration? "Verpflichtende Quoten zur Aufnahme von Flüchtlingen verschärfen die Kluft zwischen Ost und West nur. Nationalstaaten können Asyl gewähren, sonst niemand."

Was sagt er zum Klimaschutz? "Wir brauchen mehr Umweltorientierung bei den Subventionen in der Landwirtschaft. Was wir nicht brauchen, sind Zeitpläne, die wir nicht realisieren können."

Was sagt er zur Rolle der EU in der Welt? "Handel ist ein wichtiger Antrieb für Europa. Neben den USA sollten wir andere Partner wie Japan nicht vergessen. Die Zukunft liegt in Asien."

Was sagt er zur Euroskepsis? "Die Menschen haben das Gefühl, dass die EU ihren Lebensstil und ihre Traditionen verändert. Deshalb: Weniger statt mehr Europa!"

Margarethe Vestager, ALDE (Liberale)

Was bewegt sie besonders? Trotz aller Probleme sei die EU ein guter Ort, um zu Leben, betont die Dänin (51). Das gelte besonders für Frauen und das gelte es zu verteidigen.

Was sagt sie zu Migration? "Wir brauchen legale Migrationswege, ein gemeinsames Asylsystem und Solidarität unter den Mitgliedsstaaten."

Was sagt sie zum Klimaschutz? "Man muss den Klimawandel als Chance sehen: Wir können Millionen Arbeitsplätze schaffen. Viele Technologien haben wir schon."

Was sagt sie zur Rolle der EU in der Welt? "Die EU muss selbstbewusster werden. Wir müssen wertegestützen Handel fordern, der die Menschenrechte und das Wohl der Tiere im Blick hat."

Was sagt sie zur Euroskepsis? "Wir müssen die Art, wie wir reden, verändern. Lasst uns Wahrheiten aussprechen, weniger Abkürzungen verwenden, gegen Fake-News vorgehen."

Ska Keller, EGP (Grüne)

Was bewegt sie besonders? "Ich stehe für ein Europa ein, das unsern Planeten schützt", sagt die 37 Jahre alte Deutsche und fügt hinzu: "Er ist der einzige Planet, den wir haben."

Was sagt sie zu Migration? "Wir brauchen eine europäische Rettung. Es darf nicht sein, dass Menschen im Mittelmeer sterben."

Was sagt sie zum Klimaschutz? "Die Zeit drängt. Wir brauchen jetzt eine grüne Wende für neue Arbeitsplätze - die entstehen sonst in China, nicht bei uns."

Was sagt sie zur Rolle der EU in der Welt? "Wir müssen uns klar werden, wer wir sein wollen: Wollen wir wirklich der sichere Hafen für das Geld von Diktatoren sein? Wollen wir wirklich Waffen in Krisenregionen liefern?"

Was sagt sie zur Euroskepsis? "Wir sollten nicht mit Extremisten zusammenarbeiten, anders als es die EVP mit der FPÖ tut."

Nico Cue, EL (Linke)

Was bewegt ihn besonders? Der gebürtige Spanier (62) war als kleiner Junge mit seiner Familie vor dem Franco-Regime nach Belgien geflüchtet. "Dieses solidarische Europa möchte ich erhalten", sagt er, "nicht das des Steuerbetrugs und der Banken".

Was sagt er zu Migration? "Für die Linke bedeutet Migration eine Chance. Ich selbst bin das beste Beispiel - meine Familie kam illegal nach Belgien."

Was sagt er zum Klimaschutz? "Wir müssen endlich die größten Verschmutzer zur Kasse bitten, anstatt den Bürgern das Problem über Steuern aufzubrummen, wie Macron es in Frankreich tut."

Was sagt er zur Rolle der EU in der Welt? "Der Freihandel schwächt Europa, weil wir es nicht schaffen, den anderen unsere Regeln und Qualitätsstandards aufzuzwingen."

Was sagt er zur Euroskepsis? "Mit dem Spardiktat riskieren wir, dass noch mehr Menschen exterme Kräfte wählen. Wir dürfen nicht die Renten herunterfahren und bei öffentlichen Einrichtungen kürzen."

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