- Schneller Kohleausstieg, autofreie Innenstädte und emissionsfreie Autos ab 2030: In ihrem Wahlprogramm machen die Grünen ehrgeizige Vorschläge für eine klimafreundliche Zukunft.
- Außerdem im Programm: Tempolimit, Kindergrundsicherung und Mietpreisbremse. Wir haben uns das Wahlprogramm für Sie angeschaut.
Wer für die Grünen im September in das Rennen um die Kanzlerschaft geht, steht bereits seit Ende April fest:
Was aber will die Partei inhaltlich? Wir haben uns die 137 Seiten für Sie angeschaut – von Bildungs- bis Migrationspolitik. Ehrgeizige Vorschläge haben die Grünen dabei nicht nur im Bereich Klimapolitik.
Bildung: Kitaplätze ausbauen
Im Bildungsbereich wollen die Grünen Kitaplätze ausbauen und dem Lehrkräftemangel mit einem erleichterten Quereinstieg begegnen. In Schulen mit besonderem Unterstützungsbedarf sollen multiprofessionelle Teams – bestehend aus Lehrkräften, Sozialarbeitern und Erziehern – zum Einsatz kommen.
Jedes Grundschulkind soll einen individuellen Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung und -betreuung erhalten, außerdem wollen die Grünen das BAföG neu aufsetzen und zu einer Grundsicherung für Studierende und Auszubildende umbauen. Alle sollen dabei einen Garantiebetrag bekommen, Studierende und Azubis aus einkommensarmen Elternhäusern zudem einen Bedarfszuschuss. Außerdem im Programm: Ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung und der Ausbau flächendeckender Jugendberufsagenturen.
Wirtschaft: Mindestlohn erhöhen
Eine stattliche Summe von 50 Milliarden Euro wollen die Grünen jährlich für öffentliche Investitionen ausgeben, den Mindestlohn außerdem sofort auf 12 Euro pro Stunde anheben. Finanziert werden soll das unter anderem mit einer veränderten Vermögenssteuer und einem angehobenen Spitzensteuersatz – ab einem Einkommen von 100.000 Euro sollen Alleinstehende einen Steuersatz von 45 Prozent zahlen, ab 250.000 Euro sogar 48 Prozent. Der Grundfreibetrag der Einkommensteuer soll jedoch erhöht werden.
Mit den Grünen an der Macht könnte es eine Frauenquote in Vorständen großer und börsennotierter Unternehmen, eine stärkere Tarifbindung im Handwerk und eine Klimaquote für die Ausgaben des Bundes geben. Im Bereich Wirtschaft fordern die Grünen außerdem ein unbürokratisches Gründerkapital, eine Finanzpolizei mit umfassenden Prüfungsrechten sowie ein Recht auf Homeoffice.
Klimaschutz: Ab 2030 emissionsfreie Autos
Klimaschutz ist bekanntlich das Steckenpferd der Grünen, entsprechend ambitioniert und detailliert sind die Forderungen: Das deutsche Klimaziel für 2030 soll auf minus 70 Prozent angehoben werden, bis dahin auch der Kohleausstieg über die Bühne gebracht sein und ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Neben einer Ausbauoffensive für die Erneuerbaren Energien, machen die Grünen Vorgaben in Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards und fordern autofreie Innenstädte.
Verlorengegangenen Arbeitsplätzen will man mit einem Weiterbildungsgeld entgegenwirken und neue "Green" Jobs in Bereichen wie Kreislaufwirtschaft, Batteriezellenproduktion und Wasserstoffindustrie schaffen. Die Grünen wollen, dass sich Klimaschutz ökonomisch lohnt – und planen deshalb auch ein Energiegeld, bei dem Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an die Bürger zurückgegeben wird. Außerdem im Programm: Ein Tempolimit auf Autobahnen, ein Glyphosat-Verbot und ein lückenloses Fahrradnetz in ganz Deutschland.
Soziales: Hartz IV ersetzen
Familien wollen die Grünen mit einer Kindergrundsicherung stärken, die Kindergeld, Kinderzuschlag, Sozialgeld für Kinder und die Bedarfe für Bildung und Teilhabe in einer neuen eigenständigen Leistung zusammenzufasst. Gefordert wird die Ausweitung des Elterngeldes auf 24 Monate, ein Rückkehrrecht in Vollzeit und ein kostenloser Schul-Laptop für Kinder in Hartz-IV-Familien.
Hartz IV wollen die Grünen durch eine Garantiesicherung ersetzen – mit angehobenen Regelsätzen und ohne bürokratische Sanktionen. Geht es nach den Grünen, werden Mieten außerdem gedeckelt und die Mietpreisbremse sowohl entfristet als auch nachgeschärft. Zu den Forderungen gehören außerdem eine Million zusätzliche, günstige Mietwohnungen sowie ein öffentlich verwalteter Bürgerfonds als Ersatz für die Riesterrente.
Migration: Erleichterte Einbürgerung
In der Migrations- und Asylpolitik machen sich die Grünen für eine erleichterte Einbürgerung stark: Nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland sollen alle einen Antrag auf Einbürgerung stellen können, damit sich Menschen nicht mehr von Duldung zu Duldung hangeln müssen. Für Heranwachsende, Jugendliche und Familien mit Kindern soll es einen Aufenthaltstitel bereits nach drei Jahren geben. In ihrem Programm sprechen sich die Grünen sowohl gegen den Optionszwang im Staatsangehörigkeitsrecht als auch gegen die Ausrufung sicherer Herkunfts- oder Drittstaaten aus.
Abschiebungen in Kriegs- und Krisenländer sollen beendet werden, der Abschiebestopp nach Syrien und Afghanistan entsprechend wieder eingesetzt werden. Weitere Forderungen: In Einrichtungen an den EU-Außengrenzen sollen Geflüchtete registriert werden und dann entsprechend der Aufnahme-Bereitschaft von Regionen und Städten verteilt werden – mit EU-Hilfen im Gegenzug.
Digitalisierung: Mehr E-Government
In der Digitalisierung sehen die Grünen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten - auch beim Klimaschutz, etwa bei intelligenten Bewässerungsanlagen oder der Verteilung von erneuerbaren Energien. Die Grünen setzen sich für mehr E-Government-Dienstleistungen ein, wollen außerdem einen Rechtsanspruch auf schnelles Internet und einen mobilen Personalausweis auf dem Smartphone.
Mit ihm ließen sich beispielsweise Behördengänge oder die Steuererklärungen abwickeln. Das grüne Wahlprogramm enthält außerdem den Vorschlag eines digitalen Euros und will mehr Transparenz in Sachen Algorithmen.
Gesundheit: Pandemierat einrichten
Die Corona-Pandemie sehen die Grünen als Lehre für die Notwendigkeit, die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch zusammen zu denken – denn neuartige Krankheiten würden durch die Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume begünstigt. Entsprechend wollen die Grünen Wildtiere besser schützen und auch die industrielle Tierhaltung verbessern.
Zur künftigen Pandemiebekämpfung fordern die Grünen die Einrichtung eines interdisziplinären Pandemierates und flexible Patentrechte bei Medikamenten und Impfstoffen. Weitere Gesundheitspolitische Forderung: Eine solidarisch finanzierte Bürgerversicherung, die alle in die Finanzierung einbezieht - also auch Beamte, Selbständige, Unternehmer und Abgeordnete. Neben Löhnen und Gehältern sollen dabei auch Beiträge auf Kapitaleinkommen erhoben werden.
Sonstiges: Lobbyregister
Zu den weiteren Forderungen der Grünen zählen ein gesetzliches Lobbyregister, in dem der Einfluss von Lobbiysten auf Bundesregierung und Bundestag offengelegt wird. Außerdem wollen die Grünen das Blutspendeverbot für homosexuelle Männer aufheben und Bürgerräte ins Leben rufen, um bei ausgewählten Themen die Alltagsexpertise von Bürgern direkt in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Außerdem im Programm: Eine Einführung von Sammelklagen, Wahlrecht ab 16 und einer Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei.
Verwendete Quellen:
- Wahlrecht.de: Sonntagsfrage. Abgerufen am 15. Mai 2021
- Wahlprogramm der Grünen zur Bundestagswahl 2021: Deutschland. Alles ist drin. Abgerufen am 15. Mai 2021
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