In den Wahlprogrammen der Parteien finden sich zahlreiche, steuerliche Entlastungen. Das Ifo-Institut warnt jedoch vor "Finanzierungslücken".
Die von vielen Parteien versprochenen Steuerentlastungen für Bürgerinnen und Bürger sind nach einer Ifo-Studie kaum gegenfinanziert. Das Münchner Forschungsinstitut analysierte die Wahlprogramme von SPD, Grünen, Union, FDP, AfD, Linkspartei und BSW und kommt in der am Donnerstag vorgestellten Untersuchung zu dem Schluss, dass einige der Reformvorschläge "zu erheblichen Defiziten im Staatshaushalt führen könnten".
Viele Reformvorschläge wiesen "große Finanzierungslücken" auf, warnte das Ifo-Institut. Um langfristig wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten, sei aber eine klare Gegenfinanzierung nötig. So verspreche etwa die Union eine umfassende Reform der Einkommensteuer und will den Soli komplett abschaffen. Diese Elemente würden jährlich zu knapp 97 Milliarden Euro an Mindereinnahmen des Staates führen, warnten die Autoren.
"Riesiges Loch": Miersch übt Kritik an Union-Plänen
Das sei "ein riesiges Loch", kommentiert SPD-Generalsekretär Mathias Miersch in einem Statement gegenüber unserer Redaktion. Er kritisiert weiter: "Verteilt man diese Summe auf alle Erwachsenen in Deutschland, entspricht das 1.426 Euro pro Person. Die Folge? 70 Prozent der Haushalte hätten unter dem Strich weniger Netto vom Brutto, während die obersten zehnt Prozent kräftig profitieren." Ein Haushalt mit einem Einkommen von 36.500 Euro hätte demnach über 1.000 Euro weniger im Jahr.
Wie die Ifo-Studie zudem zeigt, geht es bei ähnlichen, weitergehenden Forderungen der FDP sogar um 142 Milliarden Euro. Die Vorschläge zu Steuersenkungen könnten zwar Arbeitsanreize stärken, dies reiche aber nicht aus, um die negativen Effekte für den Staatshaushalt auszugleichen, warnte die Studie.
SPD und Grüne setzen auf Entlastung, AfD und BSW bleiben vage
SPD und Grüne vermeiden umfassende Vorschläge zu Steuerreformen – hier sollen Entlastungen eher über die Spitzensteuersätze ausgeglichen werden. Das wären Mindereinnahmen des Staates von 8,4 Milliarden Euro jährlich bei der SPD und von 2,5 Milliarden Euro bei den Grünen.
AfD und BSW versprechen noch deutlich höhere "Steuergeschenke", die Nachhaltigkeit dieser Versprechungen bleibe aber bei den meisten Programmen unklar, monierte die Studie. Nötig wären Steuererhöhungen an anderer Stelle oder eine höhere Verschuldung. Nach den vorliegenden Plänen hätte der Staat Mindereinnahmen in Höhe von knapp 155 Milliarden Euro bei der AfD und knapp 199 Milliarden Euro beim BSW.
Linke will hohe Einkommen stärker besteuern
Die Linke legt Pläne beim Steuer- und Transfersystem vor, die auf eine deutlich höhere Besteuerung hoher Einkommen abzielen. Das führt zu deutlichen Mehreinnahmen des Staates, setze aber "stark negative Arbeitsanreize", so die Studie.
Das Institut rief dazu auf, die Wahlprogramme auch anhand ihrer Finanzierbarkeit zu bewerten. "Berücksichtigt man dies, relativieren sich die ganz großen Steuergeschenke schnell, bei denen oftmals nur in den oberen Einkommen etwas übrigbleibt." (afp/bearbeitet durch ras/lla)