- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stellte sich am Sonntagabend im "ZDF"-Sommerinterview den Fragen von Moderatorin Shakuntala Banerjee.
- Im Fokus stand die Sorge über Preissteigerungen, Entlastungen für Bürger und der Ukraine-Krieg.
- Steinmeier gab sich erwartbar staatsmännisch und diplomatisch – und wich mehreren Fragen aus.
"Es ist ein Sommer der Zwiespältigkeit", sagte Bundespräsident
Im Interview mit Moderatorin
Weitere Entlastungspakete?
Gefragt, was die richtige Strategie sei – den Menschen zu sagen, alles werde wieder gut oder sie darauf einzustimmen, dass alles schlechter wird – sagte der Bundespräsident: "Die Pakete, die es bisher gegeben hat, waren gut, waren notwendig", sagte er in der Kulisse der Hamburger Elbphilharmonie.
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Man werde die Situation aber weiter im Auge behalten und Instrumente überlegen müsse, wie man insbesondere Geringverdienern das Leben erleichtere. "Natürlich wird nicht jeder in gleicher Weise von den Entlastungspaketen betroffen", gab Steinmeier zu. Gefragt, ob die Schuldenbremse nicht ausgesetzt werden könne, sagte der Bundespräsident: "Der Finanzminister kann nicht versprechen, dass jeder Nachteil durch den Staatshaushalt ausgeglichen wird."
Steinmeier spricht im ZDF-Sommerinterview von "Epochenbruch"
Das gebe auch ein großer Staatshaushalt wie der der Bundesrepublik nicht her, die Solidarität sei einer Belastungsprobe ausgesetzt. Energiepreise wie die jetzigen habe man noch nicht erlebt, die Entlastungspakete könnten daher nur ein Zwischenstand sein.
Nachdem Moderatorin Banerjee gefragt hatte: "Machen Sie sich Gedanken darüber, dass die Art und Weise, wie wir hier leben zu Ende geht?", hielt Steinmeier später fest: "Das ist ein Epochenbruch, in dem wir uns befinden". Es könne sein, "dass wir mehrere harte Jahre vor uns haben", dabei sei Deutschland aber besser aufgestellt, als viele andere Länder.
Krieg endet am Verhandlungstisch
Auch der Krieg in der Ukraine spielte im Sommerinterview eine Rolle. "Die Ukraine muss ihre Souveränität, ihre territoriale Integrität, ihre Unabhängigkeit wiedergewinnen", betonte Steinmeier. Jeder Krieg ende am Verhandlungstisch. "Wir müssen die Ukraine in eine Lage versetzen, in der sie etwas zu verhandeln hat", sagte Steinmeier, wurde aber nicht konkreter.
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Er betonte lediglich: "Wir werden die Ukraine nicht drängen". Wie genau der Krieg ende sei eine offene Frage. Derzeit werde er auf dem Schlachtfeld ausgetragen. Man könne die Welt nicht mehr in Ost und West einteilen. "Wir müssen uns neue Partner suchen", hielt Steinmeier fest. Das sei wichtig, um sich aus alten Abhängigkeiten zu befreien und Lieferketten zu diversifizieren.
Deutschland braucht neue Partner
Steinmeier meinte: "Wir müssen die Länder suchen, die vielleicht nicht zu 100 Prozent alle unsere Werte teilen, aber dasselbe Interesse haben wie wir: Dass wir miteinander agieren, miteinander verhandeln, auf einer regelbasierten Ordnung".
Mehreren Fragen wich Steinmeier am Sonntagabend (3.) aus: Als Banerjee ihn beispielsweise nach realpolitischen Instrumenten fragte, sagte er: "Der Bundespräsident sollte sich nicht in die Instrumentendebatte einmischen".
Fragen ausgewichen
Er habe dem Bundesfinanzminister von "diesem Tisch aus keine Ratschläge zu geben". In Bezug auf eine mögliche Rede zum Ukraine-Krieg wollte Banerjee wissen: "Was hält sie zurück?".
Steinmeier aber wich aus, ließ die Frage unbeantwortet. Auch, als die Moderatorin mit Blick auf die Russland-Politik wissen wollte: "Die Kanzlerin entschuldigt sich nicht, enttäuscht sie das?", wechselte Steinmeier das Thema.
Ergebnis der Sendung
Ergebnis des Abends: Ein Interview mit dem Staatsoberhaupt kann naturgemäß nicht dieselben konkreten liefern, wie ein Gespräch mit einem Politiker im Tagesgeschäft. Dennoch: Die Sorge über die Entwicklungen in Deutschland und der Welt war Steinmeier ins Gesicht geschrieben.
Statt Optimismus zu verbreiten, plädierte er dafür, sich auf eine neue Normalität einzustellen. Was Banerjee verpasste: Steinmeier, der immer wieder von einer Belastungsprobe sprach, nach den Grenzen dieses Zusammenhalts zu fragen.
"War eindeutig ein Fehler": Steinmeier gibt Fehler in Russland-Politik zu
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