Die Ampel hat sich schwergetan: Nun ist die Entscheidung, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern, aber nach Wochen des Zögerns gefallen. Während viele das begrüßen, haben auch die Vorwürfe des "Kriegstreibens" zugenommen. Bei Maischberger haben Grünenpolitikerin Marieluise Beck und Linkspolitikerin Sahra Wagenknecht diesen Konflikt stellvertretend ausgetragen. An einer Stelle musste Maischberger einschreiten.

Eine Kritik
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Am 1. Mai hielt Bundeskanzler Olaf Scholz eine leidenschaftliche Rede. Darin verteidigte er seine Entscheidung, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Scholz, der von der Opposition lange als "Zögerer" und "Zauderer" kritisiert wurde, fing sich aus seinen eigenen Reihen damit nun den Vorwurf eines "Kriegstreibers" ein. Seine Linie in der Ukraine-Politik war nur eins der Themen bei "Maischberger".

Das sind die Themen bei "Maischberger"

Mit ihren Gästen sprach Sandra Maischberger am Dienstagabend über den Krieg in der Ukraine und die Entscheidung der Bundesregierung, schwere Waffen zu liefern. Maischbergers Hauptfrage dabei: "Retten sie Leben oder führen sie zu einer Eskalation des Krieges?"

Es ging allerdings nicht nur um Krieg: Themen waren auch das bewegte Leben von Showmaster Frank Elstner, der Ende April 80 Jahre alt geworden ist, sowie der tiefe Fall der Tennislegende Boris Becker, der wegen Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.

Das sind die Gäste

Sahra Wagenknecht (Linke): Die Bundestagsabgeordnete sprach sich klar gegen Waffenlieferungen aus. "Man muss im Atomzeitalter alles daransetzen, Konflikte mit nicht-militärischen, diplomatischen Mitteln zu lösen", forderte sie. Zwar werde in der Ukraine ein verbrecherischer Krieg geführt, aber: "Wir müssen Druck ausüben, dass es einen Kompromiss, eine Verhandlungslösung gibt." Man dürfe eine Atommacht nie in eine Lage bringen, "aus der es keinen gesichtswahrenden Ausweg mehr gibt", sagte Wagenknecht.

Marieluise Beck (Grüne): Die ehemalige Bundestagsabgeordnete warnte im Studio: "Putin hat angekündigt, dass er mehr will als die Ukraine. Er will unser Europa zurückführen in ein Europa der Einflusssphären." Niemand könne voraussehen, ob Putin noch einen Atomschlag wagen wird. "Es gibt aber ein Drei-Koffersystem", sagte Beck. Es sei zu hoffen, dass es Generäle gibt, die nicht wollten, dass ihr eigenes Land vernichtet wird. In Bezug auf Waffenlieferungen machte sie klar: "Waffen töten nicht immer nur, sie können auch schützen."

Waldemar Hartmann: Der ehemalige ARD-Moderator sagte: "Ich glaube, der Krieg muss täglich neue Bewertungen erfahren." Auch Regierungschef Olaf Scholz müsse deshalb seine Sicht der Dinge verändern. Gefragt, wie er zur Lieferung schwerer Waffen stehe, antwortete Hartmann: "Ich bin innerlich gespalten." Zwar müsse die Ukraine sich verteidigen, die Lieferungen kämen aber zu spät und verlängerten den Krieg. Mit Blick auf die angeschlagenen Bestände der Bundeswehr schob er hinterher: "Welche Waffen sollen wir denn liefern? Das ist doch eine Phantomdiskussion."

Melanie Amann: "Es war eine totale Kehrtwende, die er bis vor wenigen Tagen auch nicht richtig erklären konnte", sagte die "Spiegel"-Journalistin über die Entscheidung von Bundeskanzler Scholz, schwere Waffenlieferungen nun doch zu befürworten. Amann hatte im Vorfeld das Interview mit Scholz geführt, in dem er seine Entscheidung gegen schwere Waffenlieferungen noch mit der Gefahr eines Atomkriegs begründet hatte. "Es hat eine hohe Symbolik, wenn ein deutscher Bundeskanzler dieses Wort in den Mund nimmt im Zusammenhang mit Waffenlieferungen", fand Amann.

Mariam Lau: "Scholz hat in seiner Rede am 1. Mai erstmalig das Gefühl von Dringlichkeit vermittelt", sagte die "Zeit"-Redakteurin. Der Kanzler müsse klar darüber reden, dass er sich einer Atomgefahr bewusst ist. Den offenen Brief an den Kanzler, in dem Prominente wie Alice Schwarzer und Dieter Nuhr Kritik an den Waffenlieferungen übten, kritisierte Lau scharf. "Das Problem ist, dass eine Gleichwertigkeit erzeugt wird zwischen dem Aggressor und dem, der Widerstand leistet", analysierte sie. Die Botschaft zwischen den Zeilen laute: "Warum hat die Ukraine so einen kurzen Rock getragen, als sie an der Kaserne vorbeigegangen ist?", sagte Lau.

Frank Elstner: Der Showmaster sprach über sein Leben mit Parkinson, Nachkriegserfahrungen und seinen Karrierebeginn. Er nahm aber auch zum aktuellen Fall um Tennislegende Boris Becker Stellung: "Ich habe lange überlegt, was ihn dazu bewegt haben kann, so am Gesetz vorbeizuhandeln", sagte Elstner. Seine Vermutung: "Es gibt viele Menschen, die sind nur reich und haben nichts dafür getan. Boris Becker hat bis zum Umfallen dafür gekämpft, um das zu werden, was er ist", analysierte er. Höchstwahrscheinlich habe er nicht den nötigen Respekt gegenüber dem Vermögen anderer Menschen.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Die Runde diskutierte gerade über die Gefahr eines Atomkrieges, da stellte Journalistin Melanie Amann klar: "Die Gefahr geht von Putin aus. Sie ist unabhängig davon, ob wir schwere Waffen liefern oder überhaupt Waffen liefern."

Putins Weltbild sei ausschlaggebend und nicht, "ob wir jetzt Waffen direkt liefern oder über Umwege mit einem Ringtausch". Die "Spiegel"-Journalistin brachte auf den Punkt: "Es ist eine Naivität zu denken, dass wir damit die Gefahr einschränken können. Wir bringen uns vielleicht sogar noch mehr in Gefahr, indem wir ihm unsere Schwäche zeigen."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Die Streithähne des Abends waren eindeutig Grünen-Politikerin Marieluise Beck und Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht. Den Auftakt für ein beispielhaftes Wortgefecht gab Wagenknecht, als sie sagte: "Wenn die Ukraine mehr Waffen einsetzt, wird auch Putin mehr Waffen einsetzen. Damit wird es immer weiter eskalieren." Beck hielt dagegen: "Würden Sie der Ukraine also empfehlen, dass sie sich ergibt?"

Wagenknecht wich aus: "Wir müssen aus der Logik von Sieg und Niederlage raus ...", Beck rief dazwischen: "Die Ukraine muss da raus und sie möchte da raus!" Wagenknecht argumentierte weiter: "Glauben Sie wirklich, dass irgendwann die Atommacht Russland eine bedingungslose Kapitulation unterschreibt, ohne ihre letzten militärischen Mittel ausgereizt zu haben? Das werden sie nicht machen." Man müsse ernsthaft über die Neutralität der Ukraine verhandeln, der Westen müsse für Putin einen gesichtswahrenden Frieden hinkriegen.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger gab sich nüchtern, unaufgeregt und kühl analysierend. "Hat Scholz eine Kehrtwende vollzogen oder haben wir ihn falsch verstanden", wollte sie ebenso wissen wie "Handelt es sich bei Putins Drohungen um eine Einschüchterungstaktik oder reale Gefahr?"

Den Großteil der Sendung hatte sie die Runde gut im Griff, an ihre Grenzen stieß sie allerdings bei Beck und Wagenknecht. Bei deren Gezanke über Waffenlieferungen konnte sich auch Maischberger kaum Gehör verschaffen. Sie unterbrach Wagenknecht dann aber an einer bedeutenden Stelle:

Nachdem die Linkspolitikerin von "Kriegsverbrechen auf beiden Seiten" gesprochen hatte, nagelte Maischberger sie fest: "Wollen Sie das, was durch Ukrainer auf russischer Seite passiert, wirklich mit dem vergleichen, was durch Russen auf ukrainischer Seite passiert?"

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Die Angst vor einem Atomkrieg schwingt derzeit in jedem politischen Talkformat mit und so konnte auch bei Maischberger im Studio wieder nur festgestellt werden: Voraussagen kann niemand, welche Schritte Putin noch unternehmen wird.

Ein anderer, noch nicht so breit diskutierter Punkt wurde aber festgehalten: Die Frage nach Waffenlieferungen spaltet die öffentliche Meinung und führt bei vielen Deutschen zu innerer Zerrissenheit.

Verwendete Quellen:

  • ARD: Sendung "Maischberger" vom 03.05.2022:

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