Sandra Maischberger diskutierte am Dienstagabend (28.) mit ihren Gästen über den Stand in der Ukraine, die Aussicht auf Friedensgespräche und die Kriegsziele der unterschiedlichen Parteien. Was zur Schicksalsfrage werden könnte, wie Annalena Baerbock zum Status der Krim steht und welchen Vorwurf das Studio Sahra Wagenknecht machte.

Eine Kritik
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Ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges war der Ukraine-Krieg bei Sandra Maischberger im Studio weiterhin Thema. Am Wochenende hatte gerade eine umstrittene Kundgebung in Berlin stattgefunden, bei der Tausende unter anderem ein Ende der Waffenlieferung an die Ukraine forderten.

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Das ist das Thema bei "Maischberger"

Ein Jahr russischer Angriffskrieg in der Ukraine, Erdbebenkatastrophe in der Türkei – bei Maischberger gab es ausreichend Gesprächsstoff. "Tut Deutschland genug?", fragte sie ebenso wie, "Wann ist es Zeit für Friedensverhandlungen?". Außerdem ging es um die Folgen der Tragödie in der Türkei, die dort anstehenden Präsidentschaftswahlen sowie den Zusammenhalt der Ampel-Regierung und die Rolle Chinas.

Das sind die Gäste

  • Annalena Baerbock (Grüne): "Dass die Ukrainer wieder in Frieden und Freiheit, so wie wir hier, ganz entspannt sitzen können und nicht bei jedem Flackern des Lichtes denken, das ist jetzt wieder ein Angriff auf unsere Stromversorgung gewesen. Und zur Ukraine gehört bekanntermaßen auch die Krim. Deswegen habe die Vorgänger-Regierung bei der Annexion Sanktionen verhängt. Wann die Ukraine verhandele, liege in den Händen der Ukraine. "Weil es ihr Land ist", sagte sie. Wenn auch die Chinesen erkennen würden, dass Putin nicht bereit sei, sich ein Stück zurückzuziehen, mache das deutlich, wie verfahren die Situation sei.
  • Kaya Yanar: Der Comedian berichtete, wie er den Tag des Erdbebens erlebt hatte: "Wir haben dann irgendwann erfahren, dass die Kernfamilie überlebt hat. Das war natürlich sehr erleichternd für uns alle." Menschen hätten mit den bloßen Händen nach Verschütteten gegraben. Krankenwagen seien durch kilometerlange Staus nicht durchgekommen. Seine Verwandten seien in ihrer zerstörten Heimatstadt verwurzelt und wollten sie wieder aufbauen. Derzeit lebten 16 von ihnen in einer Ferienwohnung in Antalya. "Sie sind traumatisiert", sagte er.
  • Düzen Tekkal: "Fassungslosigkeit, Entmenschlichung, Schock", beschriebt die Menschenrechtsaktivistin ihre ersten Reaktionen auf das Erdbeben in der Türkei und Syrien. Die Erdbebenkatastrophe sei ein Naturereignis, aber der Umgang damit sei politisches Versagen. "Und das wird jetzt immer deutlicher", sagte sie. Die Menschen, vor allem diejenigen, die Angehörige verloren hätten, hätten das Recht zu fragen, wo das Geld aus der Erdbebensteuer hin sei. Bald stünden die Präsidentschaftswahlen an und die Opposition sei so geschlossen wie nie.
  • Melanie Amann: "Man darf nicht unterschätzen, wie viele Menschen die Botschaften dieses Manifest unterstützen", sagte die Spiegel-Journalistin über die Petition von Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und weiteren. "Das könnte am Ende die Schicksalsfrage werden in diesem Krieg", sagte Amann zur Frage, welche Ziele der Ukraine man unterstützen sollte. Die Bundesregierung lege sich bei der Krim-Frage nicht fest, weil die Gefahr bestehe, dass "das der Punkt ist, den man sich offenhalten sollte, weil sonst findet man nie einen Ausweg aus diesem Krieg."
  • Waldemar Hartmann: Der Sportjournalist stellte fest, dass Putin derzeit nicht verhandeln will und sagte: "Also muss man ihn dazu bringen, dass er das tut. Das heißt: noch mehr Waffen in die Ukraine. Denn die Ukraine muss ihn an den Tisch bomben, anders kommt er wohl nicht hin." Man dürfe Putin nicht als verhandlungsfähigen Staatsmann darstellen.
  • Alev Dogan: Die Journalistin von "The Pioneer" sagte, bei der Forderung, "die Ukraine muss gewinnen", müsse man definieren, was das bedeute. "Es bedeutet nicht, dass wir den Tag erreicht haben, an dem der letzte russische Soldat aus der Ukraine von dannen gezogen ist und endlich ist die Ukraine wieder Herrin ihres Landes. Das wird sehr wahrscheinlich nicht passieren." Es gehe darum, die Ukraine darin zu unterstützen, sich in dem Krieg so lange zu behaupten, bis bei Russland die Erkenntnis einsetze: 'Wir können diesen Krieg auf absehbare Zeit nicht gewinnen.'

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

"The Pioneer"-Journalistin Dogan kritisierte in Bezug auf die Demonstration von Wagenknecht und Schwarzer eine fehlende Abgrenzung nach rechts und fuhr fort: "Ich bin ja sicherlich nicht die einzige, der aufgefallen ist, mit was für einem Triumph-Gehabe das eigentlich stattgefunden hat." Es gehe um Krieg, Tote und den Angriff auf ein Land. "Dafür war das eine bemerkenswert heitere Selbstherrlichkeit auf der Bühne und es wurde ein bisschen sich selbst gefeiert", sagte sie. Das sei unanständig und werde dem Ernst der Lage nicht gerecht.

Amann nickte schon währenddessen, und sagte dann über Schwarzer: "Die badet in dieser Aufmerksamkeit wie in einer warmen Badewanne." Wagenknecht irritiere hingegen mit einer empathielosen Kälte und einer "krassen Ego-Tour, die da gefahren wird". Wagenknecht sei in ihrer Partei isoliert und suche ein neues politisches Sammelbecken. Sie versuche, eine neue Plattform für sich aufzubauen. "Und das ist für mich der völlig instrumentelle, kalte, strategische Hintergrund dieses Manifests. Da kann sie noch so viel von Solidarität und Frieden reden, das ist eine reine Ego-Nummer", sagte Amann.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Ein Rede-Duell gab es am Dienstagabend nicht, nicht einmal ein bisschen Dissens. Als die Bewertung der FDP-Performance in der Ampel-Koalition Thema war und es danach um die 100 Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr ging, hätte man Hartmann, Amann und Dogan sicherlich ein bisschen mehr Debatte entlocken können. Maischberger ging aber an der Stelle nicht ins Gespräch rein, sodass man schnell wieder bei "da bin ich ganz bei dir" war.

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So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger gelang eine interessante Sendung. Viel Redezeit floss in persönliche Berichte – wie Baerbock die Angriffsnacht erlebte, wie ihr Telefonat mit Lawrow ablief und wie Yanar erstmals vom Erdbeben erfuhr beispielsweise. Sie schlug aber auch einen harten Ton gegenüber Baerbock an, als es um deren Aussage in der parlamentarischen Versammlung im Europarat ging und sagte: "Sie sind die oberste Diplomatin unseres Landes. Alle versuchen im Westen, gerade nicht den Eindruck zu erwecken, als ob sich der Westen im Krieg befindet. Und dann sagen Sie diesen Satz. Wie gefährlich ist das?". Was Maischberger nicht gelang: Diskussion zwischen den Gästen provozieren.

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Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Friedensverhandlungen hielt im Studio zum jetzigen Zeitpunkt niemand für realistisch oder angebracht, hier hätte in der Gästebesetzung sicherlich eine Gegenstimme ganz gutgetan. Deutlich wurde, wie schwierig die Frage nach dem mittelfristigen Status der Krim ist – und dass ein Offenhalten aus taktischen Gründen sinnvoll sein kann. In Bezug auf das Erdbeben kam die politische Komponente deutlich zu schwach im Gespräch vor.

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