• FDP-Politiker Konstantin Kuhle warnte bei "Hart aber fair" vor einer Verschränkung zwischen Linksextremisten und der Klimaschutzbewegung.
  • Aimée van Baalen von der "Letzten Generation" warf der Regierung Verfassungsbruch vor.
  • Eine Autolobbyistin nahm die klimaschädlichen SUV in Schutz, die hätten nur einen "höheren Einstieg".
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Thomas Fritz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das war das Thema bei "Hart aber fair"

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In Teilen der Alpen werden weiße Winter immer mehr zur Ausnahme. Die Zukunft des Skitourismus ist bedroht, zumal Skikanonen, um Kunstschnee herzustellen, riesige CO2-Verursacher sind. Zwingt die Klimakrise bald überall zum Verzicht? Warum verfehlt Deutschland schon wieder seine Klimaziele? Und wie radikal darf der Protest sein?

Das waren nur einige der Fragen, die Louis Klamroth bei "Hart aber fair" mit seinen Gästen besprach. Das Thema am Montagabend: "Letzte Abfahrt – wie verändert die Klimakrise Alltag und Leben?"

Die Gäste

  • Aimée van Baalen: Die Protestformen der "Letzten Generation" wie das Ankleben auf Straßen oder Flughäfen verteidigte die Sprecherin mit der "Klimakatastrophe", in der wir uns in ihren Augen schon befinden. Der Ampel-Koalition warf sie vor, die Verfassung zu brechen, weil die gesetzlich geregelten CO2-Sparziele nicht erreicht werden. "Wie sollen wir als junge Bevölkerung noch Vertrauen in die Regierung haben?"
  • Gitta Connemann: Die CDU-Bundestagsabgeordnete lobte die innovativen Konzepte einiger alpiner Kommunen bei der Bekämpfung des Klimawandels und forderte "bessere Mobilitätskonzepte", um die An- und Abreise möglichst CO2-arm zu regeln. "Skigebiete werden eine Zukunft haben, wenn sie sich auf die neuen Situationen einstellen mit innovativen Ideen." Die Ankündigung der "Letzten Generation", die Proteste ab Februar dieses Jahres massiv auszuweiten und ins ganze Land zu tragen, empfindet sie "als Drohung für Menschen, die vor Ort sind". "Hier wird Recht mit Füßen getreten. Das ist für mich kein friedlicher Protest, das ist für mich strafbar."
  • Sven Plöger: Der Meteorologe ist kein Fan vom Skifahren auf Kunstschnee, wenn die Landschaft um ihn herum grün ist ("Nie wieder!"). "Unterhalb von 2.000 Metern wird es problematisch", sagte Plöger über die Zukunft des Skitourismus in den Alpen. Kunstschnee schade durch eine viel größere Bodenverdichtung auf Dauer der Umwelt und sei durch seine wasser- und energieintensive Herstellung umweltschädlich.
  • Konstantin Kuhle: Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende forderte den Tourismus auf, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Wanderurlaube im Harz seien beispielsweise auch schön. Er verteidigte seinen viel kritisierten Parteikollegen und Bundesverkehrsminister Volker Wissing für die bisher ungenügenden Klimaschutzmaßnahmen aus dessen Ministerium. "Jetzt einfach auf den Verkehrssektor zeigen, das hilft nicht weiter", sagte Kuhle. Der Verkehrssektor sei "sehr träge". Kuhle warnte vor eine Verschränkung zwischen Linksextremisten und den Klimaaktivisten und erklärte: "Die Klimabewegung befindet sich an einem Kipppunkt."
  • Hildegard Müller: Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie gab die erwartbaren Parolen einer Autolobbyisten von sich. Obwohl die Autoindustrie in der Vergangenheit beim Klimaschutz massiv gebremst hat und immer noch zu den größten Luftverschmutzern des Landes gehört, lobte sie die eigenen Anstrengungen auf dem Weg in die Klimaneutralität ("120 deutsche E-Auto-Modelle"), lehnte das Tempolimit als "Symboldebatte" ab und verteidigte sogar den Trend zu klimaschädlichen SUV, die nur "einen höheren Einstieg" hätten. Wurde es konkret, kam Müller oft mit Plattitüden. "Natürlich wollen wir auch günstigere Autos bauen", sagte sie zur Kritik von Plöger, wonach er beim Autokauf keine günstigen deutschen E-Modelle gefunden hat.

Das war der Moment des Abends

Sven Plöger ist nicht nur Wettermann bei der ARD, der Mann hat auch etwas zu sagen. Wie zum Thema Tempolimit. Er setzte seine Lesebrille auf und begann eine Liste von Ländern vorzulesen: "Afghanistan, Burundi, Bhutan, Haiti, Mauretanien, Myanmar, Nordkorea, Libanon, Somalia und drei indische Bundesstaaten haben kein Tempolimit - Deutschland auch nicht." Jedoch hätten die anderen genannten Staaten ein "theoretisches Limit", denn: "Wenn Sie da über 70 fahren, sind die Autos kaputt." Dass Deutschland kein Tempolimit einführe, empörte den Meteorologen in einem emotionalen Dialog: "Warum schafft Deutschland so eine einfache Geschichte - neben vielen anderen Dingen - nicht?" Ja, warum eigentlich nicht? Dadurch ließen sich nach Schätzungen bis 2030 fast 50 Millionen Tonnen CO2 sparen, es gäbe weniger Verkehrstote und Lärmbelästigung an Autobahnen.

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Das war das Rededuell des Abends

FDP-Mann Kuhle nannte die Proteste der Letzten Generation "strafbare Nötigung". Das brachte Klimaaktivistin van Baalen auf die Palme. Sie beharrte auf dem Recht, Widerstand zu leisten und verwies auf die große Mehrheit der Bevölkerung, die mehr Klimaschutz fordere (wobei auch mehr als 80 Prozent die Protestformen der Gruppierung ablehnen). "Sie brechen von vornherein die Regeln. Nur deswegen gibt es ja diesen Protest", sagte sie zu Kuhle und den verfehlten Klimaschutzzielen.

Der hielt dagegen. "Viele Menschen haben wirklich dazugelernt durch die Klimabewegung." Er selbst auch. "Damit das Konsens in der Gesellschaft ist, müssen sie die Mitte der Gesellschaft überzeugen", betonte Kuhle, "aber jeden Tag verlieren sie Menschen aus der Mitte der Gesellschaft." Van Baalen blieb eisern. "Das ist nicht, was wir beobachten."

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Das war ein souveräner Auftritt des neuen Moderators. Wenn es ihm zu wild wurde, sprang er schon mal von seinem Stuhl auf und baute sich vor dem Pult vor seinen Gästen auf. Gab es mal keine Antwort auf eine Frage, scheute sich Klamroth nicht, zu unterbrechen und noch einmal gezielt nachzufragen. Das brachte ihm sogar eine Ermahnung von Automobil-Lobbyistin Müller ein. "Jetzt lassen Sie mich auch ausreden, bitte!"

Wichtig: Klamroth, der mit Klimaaktivisten Luisa Neubauer zusammen ist, ließ keinen Verdacht aufkommen, dass er van Baalen sympathisch findet oder sie inhaltlich mit Samthandschuhen anfasst. Eher im Gegenteil.

Das ist das Fazit

Tut Deutschland beim Klimaschutz genug? Viele junge Leute sagen nein. Sie machen sich ernsthaft Gedanken, ob sie überhaupt noch Kinder in diese Welt setzen sollen. "Da gehen die Meinungen auseinander", sagte van Baalen zu Diskussionen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis. Der Pessimismus bei jungen Leuten mache ihm "große Sorgen", gab auch Kuhle zu Bedenken. Für van Baalen ist klar, dass die nächsten Jahre die entscheidenden beim Klimaschutz sind. Da nickten sogar Autolobbyistin Müller und CDU-Frau Connemann.

Nur bei der Geschwindigkeit und den Maßnahmen gab es erhebliche Unterschiede bei den Gästen. Connemann lobte wie Müller die bisherigen Anstrengungen in Deutschland und sprach sich für den Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke aus. "Kohle hochfahren und Kernkraft runter, das ist ein Anschlag auf das Klima", poltert sie. Für van Baalen ist die Kernkraft ein No-go. Die Fronten blieben verhärtet.

Bei einem Punkt machte van Baalen aber einen Schritt in Richtung ihrer Kritiker. Ja, für sie wäre der Weiterbetrieb von Skigebieten in niedrig gelegenen Regionen der Alpen okay. Wenn die gesamte dort benötigte Energie komplett aus erneuerbaren Energien kommen würde. "Dann wäre es eine andere Debatte."

An dieser Stelle erhob Sven Plöger Widerspruch und wies auf die enormen Mengen an Wasser hin, die dem Kreislauf entnommen werden, um Kunstschnee zu produzieren. Fest steht: Der Wintertourismus in den Alpen dürfte sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten massiv verändern. Es wird nicht die einzige große Veränderung durch den Klimawandel bleiben, wenn die Menschheit nicht noch die Kurve kriegt.

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