Parallel zur Ministerpräsidentenkonferenz wird auch bei "Hart aber fair" am Montagabend intensiv über das Thema Migration diskutiert. Grünen-Landrat Jens Marco Scherf schildert die Situation in seinem Landkreis eindringlich und zählt klar auf, woran es derzeit fehlt.
Wer am Montagabend "Hart aber fair" schauen wollte, musste Geduld mitbringen. Wegen des ARD-Themenabends zum 100. Geburtstag von
Das war das Thema bei "Hart aber fair"
Denn während die Sendung bereits lief, diskutierte die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) immer noch über Kompromisse im Umgang mit Asylsuchenden. Unter anderem sind schnellere Abschiebungen, Kürzungen der Leistungen, weniger Familiennachzug und Kostenübernahmen durch den Bund im Gespräch.
Der Migrationsgipfel der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit Bundeskanzler
Das waren die Gäste
Thorsten Frei : Der Politiker zeigte sich mit Blick auf die zu erwartenden Ergebnisse der MPK skeptisch. "Das, was bisher auf dem Tisch liegt, wird nicht dazu führen, dass die Zahlen der Migranten in Deutschland spürbar zurückgehen und damit auch die Probleme der Städte und Gemeinden reduziert werden können", sagte der erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Blick auf Turnhallen und Notunterkünfte, die angesichts der vielen Geflüchteten an manchen Orten schon wieder belegt sind.- Dirk Wiese: "Ich bin guter Dinge, dass viele Maßnahmen beschlossen werden", zeigte sich im Gegensatz dazu der stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion optimistisch. "Man muss ehrlich sein, es gibt nicht die eine Maßnahme, die beschlossen wird und plötzlich ist alles wieder im Lot. Es wird eine Vielzahl an Maßnahmen beschlossen werden", glaubte Wiese.
- Jens Marco Scherf: Der Landrat von Miltenberg in Bayern berichtete von den Problemen in seinem Landkreis. "Der Handlungsdruck ist enorm groß. Wir brauchen jetzt eine Einigung und ein ganzes Maßnahmenbündel. Das will ich ganz klar sagen: Alleine Geld rettet uns nicht", sagte der Bündnis-90/Grünen-Politiker: "Wir brauchen eine Entlastung. Die Geflüchteten brauchen ein Bett und ein Dach über dem Kopf. Aber wenn wir in unsere Kindergärten und Schulen schauen: Es ist voll. Die Integrationskurse fehlen, Jobcenter, Arbeitsvermittlung, Flüchtlingsberatung - wir sind alle am Limit und können nicht sagen, wie lange wir das noch verantwortungsvoll bewältigen können."
- Hadija Haruna-Oelker: Die Journalistin beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Migration und kritisierte das von Scherf geforderte Maßnahmenbündel. "Ich finde, dass viele dieser Maßnahmen nicht ineinander greifen, viele auch menschenrechtsbasierte Richtlinien außer Acht lassen. Es wird auch nicht unterschieden, über wen wir sprechen. Man könnte das Gefühl haben: Hauptsache weniger. Egal wie", sagte Haruna-Oelker.
- Dr. Christian Stäblein: "Mir ist immer wichtig, dass wir in diesen Diskussionen nicht vergessen, dass es um Menschenschicksale geht. Und dass diese Menschen nicht kommen, weil sie gerade Lust dazu hatten. Sondern weil sie in der Regel in allergrößter Not bei uns Schutz suchen", stellte der Bischof und Beauftragte der Evangelischen Kirche für Flüchtlingsfragen klar.
Das war das Rededuell des Abends
Zwischen Haruna-Oelker und Landrat Scherf sowie CDU-Politiker Frei lag von Beginn an eine gewisse Spannung in der Luft. Immer wieder wurde über Zahlen und Maßnahmen gestritten. "Die Lage ist ernst und kritisch. Wir können es vor Ort nicht mehr bewältigen", sagte Scherf und verwies darauf, dass durch die aktuelle Situation die Akzeptanz in der Bevölkerung schwinde.
"Ist es nicht interessant, dass diese gesellschaftliche Akzeptanz schwindet, wenn man Abschiebedebatten führt, anstatt darüber zu reden, was sinnvolle, integrierende Maßnahmen wären?", sah es die Journalistin anders. "Das ist Ihre Wahrnehmung", entgegnete der Landrat leicht genervt. Danach fielen sich beide immer wieder ins Wort. Haruna-Oelker lächelte genervt, während Scherf den Kopf schüttelte und die Augenbrauen hochzog.
Das war der Moment des Abends
Allerdings führte auch ein Rededuell zwischen den beiden zum besten Moment der Talkshow. Was er sich den konkret wünschen würde, fragte Haruna-Oelker Scherf, schließlich könne Abschiebung ja nicht die einzige Lösung für das Problem sein. Daraufhin schalteten sich Frei und Klamroth in die Diskussion ein. "Es würde helfen, wenn nicht jeden Tag 1.000 neue Asylanträge gestellt würden", sagte Frei, was Haruna-Oelker natürlich nicht zufriedenstellte.
Nachdem einige Minuten hitziger Diskussion vergangen waren, meldete sich Scherf wieder zu Wort und beantwortete die Frage. "Ich konnte jetzt nachdenken. Ich brauche viel mehr Kindergartenplätze. Ich brauche mehr Lehrer, mehr Klassenräume. Ich brauche mehr Mitarbeiter im Sozialamt, im Ausländeramt und im Jobcenter. Ich brauche viel mehr Ehrenamtliche und viel mehr Wohnungen. Ich brauche von allem mehr und ich brauche viel mehr Zeit, damit wir die Menschen besser integrieren können", erklärte der Landrat.
Auch wenn sich diese Forderungen natürlich nicht ohne Weiteres umsetzen lassen, sollte die Politik mit diesen klaren Ansagen doch arbeiten können.
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So hat sich Louis Klamroth geschlagen
Der Moderator hatte eine klare Linie und schritt immer wieder ein, wenn die Gäste abschweiften oder sich in Streitereien verloren. CDU-Mann Frei fragte er, ob Geflüchtete auch an den deutschen Grenzen abgewiesen werden sollten. Frei wich mehrfach aus und verwies darauf, dass die europäischen Grenzen zunächst einmal wirkungsvoll geschützt werden müssten.
Klamroth blieb hartnäckig und fragte immer wieder nach, bis Frei einräumte, dass "wir als Übergangsmaßnahme, solange die europäischen Grenzen nicht klar geschützt sind, auch an den deutschen Grenzen Kontrollen brauchen".
Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"
Parallel zur Ministerpräsidentenkonferenz wurde auch bei "Hart aber fair" verbissen zum Thema Migration diskutiert. Schnelle Lösungen konnte auch die Talkrunde von Louis Klamroth nicht präsentieren, aber immerhin formulierte Landrat Scherf ganz klar, woran es in seinem Landkreis derzeit fehlt, damit die Integration der Geflüchteten besser gelingen kann.
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