Die Coronavirus-Pandemie war das Thema bei Frank Plasberg und "Hart aber fair". Während ein Landrat die Ausstattung mit Schutzmaterialien bemängelte, äußerte eine Pflegerin große Angst vor folgenschweren Entscheidungen – und italienischen Verhältnissen.
Das ist das Thema
Das Coronavirus ist das Thema der Stunde. In Deutschland gelten seit Montag strengere Ausgangsbeschränkungen. Nur: Können sie die Ausbreitung des Virus wirklich verlangsamen? Und was machen die neuen Kontaktregeln mit den Menschen?
In seinem Montagstalk widmete sich
"Hart aber fair": Das sind die Gäste
Heinrich Bedford-Strohm: Der Vorsitzende des Rates der EKD sagte, die Zeichen der Liebe – Umarmungen oder Küsse – seien zum "Feind der Liebe" geworden. Eine paradoxe Situation.
Er hofft, dass sich die Menschen durch die schlimmen Bilder aus Italien, auch hier dem Tod stellen, mit dem Tod umgehen lernen. "Der Tod rückt näher", sagte Bedford-Strohm, der durch die Pandemie auf ein größeres Miteinander und mehr Empathie hofft.
Die Zahlen herunterzudrücken, um die Intensivstationen zu entlasten, würde aber auch bedeuten, dass es lange dauern würde, bis eine Herdenimmunität eintritt. Für den Mediziner eine schwierige Situation.
Frank Bräutigam: Der ARD-Rechtsexperte stellte klar, dass es die "sehr starken Grundrechtseingriffe" durch Kontaktverbot und Ausgangsbeschränkungen "nur in Ausnahmefällen" geben dürfe.
Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD): Die Gesundheitsministerin von Rheinland-Pfalz betonte, dass die "sehr einschneidenden Maßnahmen erforderlich" gewesen seien, weil sich zu viele Menschen nicht an die Vorgaben gehalten hätten. Sie würden jedoch "mit Augenmaß" durchgeführt – und nur für eine begrenze Zeit.
Stephan Pusch: Auch der Landrat des besonders stark von Corona betroffenen Landkreises Heinsberg stellte klar: "Für einen gewissen Prozentsatz der Bevölkerung braucht man solche scharfen Regeln."
Die Versorgung mit Schutzmaterialen – Pusch schrieb sogar einen Bittbrief an die chinesische Regierung – nannte er die "Achillesferse" der Krisenbewältigung. Schließlich forderte er, dass Masken oder Schutzbekleidung vermehrt in Deutschland produziert werden sollten, um für solche Krisen künftig besser gewappnet zu sein.
Stefanie Büll: Die Fachkrankenpflegerin einer Intensivstation der Uniklinik Düsseldorf freut sich sehr über die Unterstützung in der Bevölkerung, noch wichtiger seien aber bessere Arbeitsbedingungen. Sie möchte nicht in der Haut eines Arztes stecken, der – wie in Italien oft geschehen – entscheiden muss, wer noch beatmet werden kann und wer nicht. "Das ist eine Situation, die mir persönlich Angst macht", sagte Büll.
Das ist das Rededuell des Abends
Ein richtiges Rededuell gab es in der unter den Informationsaspekt stehenden Sendung nicht. Zu einer kleinen Kontroverse führte aber die Frage eines Zuschauers via Facebook.
"Wäre nicht eine Ausgangssperre speziell für die Risikogruppe denkbar? Natürlich vorausgesetzt, dass sie uneingeschränkte Unterstützung und Versorgung erhält?"
Dahinter stand die Überlegung, ob nicht die Opfer, die die gesamte Gesellschaft zu tragen habe (inklusive wirtschaftlichen und emotionalen Schäden), zu groß seien im Verhältnis zur angeblich überschaubaren Zahl der Risikopatienten.
Als Erstes antwortete Ministerin Bätzing-Lichtenthäler. Es brauche eine "gemeinsame Solidarität von allen Bürgern" durch Abstand halten voneinander. "Eine ganz schwierige Abwägung", befand Rechtsexperte Bräutigam.
Eine juristisch saubere Abwägung gäbe es nicht. Bedford-Strohm erinnerte an die goldene Regel. Behandele andere so wie du selbst behandelt werden möchtest.
Die Minderheit opfern, damit es der Mehrheit gut geht? Landrat Pusch fand dafür klare Worte: "In so einer Gesellschaft will ich nicht leben. Wir müssen alle gemeinsam durch diese Krise durch, ob alt oder jung."
Das ist der Moment des Abends
In der 30-minütigen Doku vorm Talk erlebten die Zuschauer, was die verschärften Kontaktregelungen in Zeiten von Corona mit den Menschen machen. Da darf der Ehemann seine Frau, die mit Parkinson im Heim lebt, seit drei Tagen nicht mehr besuchen.
Er ist der einzige Mensch, den sie noch erkennt, erzählt er. Der Mann hadert mit sich. Bleibe ich in der alten Wohnung? Oder ziehe ich zur Frau ins Heim?
Beide sind seit 55 Jahren verheiratet, sie ist schwer gezeichnet, er macht einen fitten Eindruck. Am Ende wählt er den Weg ins Heim, er will bei ihr sein. Es sind rührende Szenen. Deutschland im Zeichen der Pandemie.
So schlägt sich Frank Plasberg
Frank Plasberg – sonst nie um einen kessen Spruch verlegen – gibt in diesen bewegten Zeiten den seriös-sachlichen Info-Onkel. Nur selten blitzt seine Fähigkeit, den Finger bissig-humorvoll in die Wunde zu legen durch. Etwa als er im Zusammenhang mit dem Schreiben des Landrates nach Fernost von "Bettelbriefen nach China" sprach.
Als Bedford-Strohm und die SPD-Ministerin bei der Zuschauerfrage nach einer Gefahrenzulage für Pflegekräfte rumeierten, erklärte der Gastgeber spitz. "Da waren viele allgemeine Plätze dabei."
Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"
Das Virus hat das Land im Griff – und auch seine Talkshows. Diese Ausgabe kam unaufgeregt daher: ohne mögliche Horrorszenarien, ohne eindringliche Warnungen an die Zuschauerschaft. Bedford-Strohms Mahnung "Der Tod rückt näher" war da die Ausnahme.
Und als Fachkrankenpflegerin Stefanie Büll ihre Angst vor Entscheidungen über Leben und Tod benannte, wurde schlagartig klar, was einige Menschen in der aktuellen Lage zu leisten haben. Umso unverständlicher, dass systemrelevante Berufe wie Krankenpflegerin, Verkäuferin oder Erzieherin (Plasberg: "alles Frauenberufe") so schlecht bezahlt werden.
Deutschland sollte nach Corona nicht nur über größere Vorräte an Schutzmasken und -bekleidung nachdenken, sondern auch über eine deutlich bessere Bezahlung bislang zu wenig wertgeschätzter Berufsgruppen.
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