Sparen oder mehr investieren? Das war die Frage, über die Caren Miosga am Sonntagabend (7. April) mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und weiteren Gästen diskutierte. Zentral war dabei auch die Frage, ob die Ampel am Geld zerbricht. Während Lindner einen Grund für die mangelnde Zustimmung der Ampel ausmachte, erklärte Ökonom Südekum, welchen Denkfehler er beim Finanzminister sieht.

Eine Kritik
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Die Ampel steht vor einer neuen Zerreißprobe: Der Bundeshaushalt für 2025 will aufgestellt werden, doch aktuell klafft noch eine Lücke in zweistelliger Milliardenhöhe. Während Finanzminister Christian Lindner von den Ministerien Sparvorschläge erwartet, warnt Wirtschaftsminister Robert Habeck vor Sozialabbau. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause Anfang Juli will das Kabinett einen Budgetentwurf billigen – kann das gelingen?

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Das ist das Thema bei "Caren Miosga"

Bei Caren Miosga ging es ums Geld. "Zerbricht die Ampel am Geld, Herr Lindner?", fragte die Moderatorin den Bundesfinanzminister. Dabei waren Sparpotentiale im Haushalt, eine lahmende deutsche Wirtschaft und Streit in der Ampel die beherrschenden Themen. Ebenso kamen die Schuldenbremse und die anstehenden Wahlen in den Ländern und Europa auf den Tisch.

Das sind die Gäste

  • Christian Lindner (FDP): "Wir haben dramatisch an wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verloren", so der Finanzminister. 2014 habe Deutschland beim internationalen Standortvergleich noch auf Platz sechs gestanden, mittlerweile auf Platz 22. "Mich lässt das nicht kalt", so Lindner. Die sozialen und ökologischen Ziele hätten ein stabiles und wirtschaftliches Fundament als Voraussetzung. "Darum sorge ich mich", gab er zu.
  • Kristina Dunz: Die Journalistin vom "Redaktionsnetzwerk Deutschland" meinte: "Das Festhalten an der Schuldenbremse schnürt die ganze Ampel immer weiter ein." Wenn die Ukraine den Krieg verliere, würde es für uns unvergleichlich teurer. Ein Kernproblem der Koalition sei, dass sie beschlossene Dinge wieder infrage stelle und nicht zusammenhalte. "Es geht immer nur über Bande", beobachtete Dunz.
  • Jens Südekum: Der Ökonom sagte: "Die Schuldenbremse passt nicht mehr ins Hier und Jetzt. Sie braucht ein Update." Die angeblichen Rekordinvestitionen im Bundestag seien bei Licht betrachtet viel zu gering. "Allein bei Klimaschutz bräuchten wir locker das Doppelte", so Südekum. Staatsschulden für Investitionen seien in anderen Ländern völlig normal. "Das ist der Grund, warum der Rest der Welt aktuell den Kopf schüttelt – dass wir bei all unseren Problemen jetzt gerade über einen Sparkurs diskutieren", sagte er.

Das ist der Moment des Abends bei "Caren Miosga"

"Wir stellen fest, dass viele das Bürgergeld missverstehen als ein bedingungsloses Grundeinkommen", kritisierte Lindner. Es sei gedacht, um Schicksalsschläge abzufedern und keine dauerhafte Einrichtung. Das Bürgergeld sei so stark erhöht worden, dass der Lohnabstand nicht mehr ausreichend gegeben sei.

Ökonom Jens Südekum erklärt, dass die Schuldenbremse ein Update braucht. © ARD/Thomas Ernst

"Ich gehe sogar so weit zu sagen, Frau Miosga: Ein Grund für die mangelnde Zustimmung zur Ampel ist das Bürgergeld", so Lindner. Als Miosga daraufhin wissen wollte, warum die FDP bei ihren Wählern an Zustimmung verliere, entgegnete Lindner: "Die politischen Realitäten zwingen zu Kompromissen." Einige hätten dadurch den Eindruck, die FDP vertrete ihre Überzeugung, Deutschland müsse freier werden und mehr Respekt vor Leistungen und Eigentum haben, nicht mehr.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Es ging um die Reform der Schuldenbremse. Ökonom Südekum sprach sich dafür aus, sie so zu lockern, dass deutlich mehr Investitionen in die Zukunft gestemmt werden können. Die von Lindner geforderte Entbürokratisierung sei richtig und sehr wichtig. Aber: "Solche Strukturreformen funktionieren nur in einem Umfeld, wo ansonsten ein Nachfrageschub da ist, wo die Konjunktur gut läuft", erklärte Südekum. Das sei auch während der Agenda 2010 so gewesen. "Das ist der Denkfehler von Herrn Lindner: Dass er Strukturreformen kombinieren will mit einem Sparkurs. Das wird nicht funktionieren."

Lindner antwortete darauf: "Die Zahlen sprechen leider eine andere Sprache. Wir haben 2019 vor der Pandemie 38 Milliarden Euro investiert. 2024 sind es 58 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt. Wir sparen nicht bei Investitionen, wir tun mehr." Die Investitionen würden aber auf eine schlechte Angebotsseite treffen – mit Fachkräftemangel, langen Planungszeiten, zu viel Bürokratie und zu hohen Steuern.

So hat sich Caren Miosga geschlagen

Zunächst erschloss sich nicht, warum Miosga mit Lindner minutenlange Gespräche über dessen Hobby des Jagens führte. Da ging es von der Treibjagd über das Aufbrechen der Tiere bis zum Wildgulasch in Lindners Tiefkühltruhe. Beim Themenwechsel wurde die Metapher dann klar: "Treibt die FDP die Ampel vor sich her?", "Schießt die FDP gerade wie mit einer Schrotflinte um sich?" – Miosga fasste zusammen: "Wie verzweifelt sind Sie, Herr Lindner?" Gelungene Metapher, ebenso der Rest ihrer Moderation.

Das ist das Ergebnis bei "Caren Miosga"

Dass der Bundestag 2025 bis zum Sommer steht, hielt die Runde nicht für besonders wahrscheinlich. Journalistin Dunz befand, es sehe für die Koalition ohnehin "ziemlich trübselig aus". Während ein Teil der Gäste argumentierte, die Investitionen der Politik seien zu niedrig und neue Staatsschulden weltweit völlig verbreitet, musste man auch Lindners Argument gelten lassen: Mehr Geld löst nicht alle Probleme – im vergangenen Jahr waren von 36 Milliarden Euro schweren Klima- und Transformationsfonds (KTF) nur rund 21 Milliarden ausgegeben worden.

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