Die Lage im Persischen Golf spitzt sich dramatisch zu. Die iranische Revolutionsgarde stoppt zwei britische Tanker und setzt einen davon fest. Großbritannien reagiert prompt und droht dem Iran "ernsthafte Konsequenzen" an. Die Bundesregierung verlangt hingegen die "unverzügliche" Freigabe des Tankers. Doch der Iran sieht sich im Recht. Denn das festgesetzte Schiff soll in einen Unfall verwickelt gewesen sein.

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Der Iran hat in der Straße von Hormus einen britischen Tanker festgesetzt und damit die Spannungen am Persischen Golf weiter verschärft. Die "Stena Impero" habe gegen "internationale maritime Regeln" verstoßen, teilten die iranischen Revolutionsgarden am Freitag mit.

Ein zweites Schiff wurde mehrere Stunden an der Weiterfahrt gehindert. Die britische Regierung warnte Teheran vor "ernsthaften Konsequenzen". Die USA kündigten derweil die Stationierung von Soldaten in Saudi-Arabien an. Auch die deutsche Bundesregierung stellte sich am Samstag auf die Seite Großbritanniens.

Das Auswärtige Amt in Berlin rief den Iran am Samstag "nachdrücklich" auf, die "Stena Impero" und ihre Besatzung "unverzüglich freizugeben". "Eine weitere regionale Eskalation wäre sehr gefährlich", so ein Ministeriumssprecher."Die Bundesregierung verurteilt die Festsetzung von zwei Handelsschiffen im Golf auf das Schärfste", erklärte der Sprecher.

Tanker angegriffen und gestoppt

Wie die iranischen Revolutionsgarden auf ihrer Website mitteilten, wurde der unter britischer Flagge fahrende Tanker auf Ersuchen der Hafen- und Schifffahrtsorganisation der Provinz Hormosgan beschlagnahmt. Er sei in einen Hafen gebracht und den Behörden übergeben worden. Nun würden ein rechtliches Verfahren und Ermittlungen eingeleitet.

Der schwedische Eigner sprach von einem "Angriff" gegen das Schiff. Die "Stena Impero" sei in der Straße von Hormus in internationalen Gewässern "von nicht identifizierten kleinen Schiffen und einem Hubschrauber angegriffen" worden, teilte die Geschäftsführung von Stena Bulk und Northern Marine mit.

Hintergrund der Festsetzung ist nach iranischen Angaben ein Zusammenstoß des Tankers mit einem Fischerboot. Die "Stena Impero" sei mit dem Boot "kollidiert", sagte der Chef der Hafen- und Schifffahrtsbehörde von Hormosgan, Allah-Morad Afifipoor, am Samstag. Entsprechend der rechtlichen Vorschriften seien Ermittlungen zur "Ursache für den Unfall" eingeleitet worden

Zweiter Tanker hat iranischer Hoheitsgewässer verlassen

Die "Stena Impero" liegt nach iranischen Behördenangaben inzwischen in der Hafenstadt Bandar Abbas vor Anker, die zur Provinz Hormosgan gehört.

An Bord befänden sich weiterhin die 23 Besatzungsmitglieder, zitierte die iranische Nachrichtenagentur Fars Behördenchef Afifipoor. 18 von ihnen, darunter der Kapitän, stammten aus Indien, die anderen aus den Philippinen sowie aus Lettland und Russland.

In der Straße von Hormus wurde am Freitag außerdem ein Tanker der britischen Reederei Norbulk Shipping aufgebracht. Nach Angaben des Unternehmens war das unter liberianischer Flagge fahrende Schiff am frühen Abend von bewaffneten Sicherheitskräften gestoppt worden.

Nach rund dreieinhalb Stunden hätten sie das Schiff wieder verlassen. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Fars befindet sich der Öltanker inzwischen außerhalb iranischer Hoheitsgewässer.

USA verstärken Militärpräsenz in der Golfregion

Der britische Außenminister Jeremy Hunt nannte die Festsetzungen der Schiffe "inakzeptabel". Der Iran müsse mit "ernsthaften Konsequenzen" rechnen, wenn der Konflikt nicht schnell gelöst werde.

Als Konsequenz aus der Festsetzung riet Großbritannien britischen Schiffen am Samstag, die Meerenge von Hormus vorerst zu meiden. Britische Schiffe sollten die Gewässer um die Straße von Hormus "vorläufig" nicht durchqueren, teilte die britische Regierung mit.

Wenige Stunden zuvor hatte der Oberste Gerichtshof von Gibraltar beschlossen, den Anfang Juli aufgebrachten iranischen Öltanker "Grace 1" für weitere 30 Tage festzusetzen. Die Behörden des britischen Überseegebiets verdächtigen den Iran, Syrien unter Verstoß gegen internationale Sanktionen mit Öl beliefern zu wollen.

Auch die USA verurteilten das Vorgehen des Iran in der Straße von Hormus am Freitag scharf. Washington kündigte an, die US-Militärpräsenz in der Golfregion weiter zu verstärken. Erstmals seit 2003 sollen wieder US-Truppen in Saudi-Arabien stationiert werden.

Nach Angaben des Pentagon sollen die Streitkräfte die Interessen der USA in der Region schützen. Teherans Erzfeind Saudi-Arabien erklärte, Washington und Riad seien darum bemüht, ihre Zusammenarbeit "zur Verteidigung der Sicherheit und der Stabilität in der Region zu verstärken".

Atom-Deal-Ausstieg sorgt für Spannungen

Seit dem Ausstieg Washingtons aus dem internationalen Atomabkommen mit Teheran im Mai 2018 und der Verhängung neuer Sanktionen haben sich die Spannungen in der Golfregion verschärft.

Die USA hatten am Donnerstag erklärt, das Kriegsschiff "USS Boxer" habe in der Straße von Hormus eine iranische Drohne zerstört. Regierung und Armee in Teheran erklärten hingegen, es werde keine Drohne vermisst.

Ende Juni hatte der Abschuss einer US-Aufklärungsdrohne durch die Revolutionsgarden über der Straße von Hormus fast zu einer militärischen Konfrontation geführt. US-Präsident Donald Trump stoppte nach eigenen Angaben erst in letzter Minute einen Vergeltungsangriff.

Seit Anfang Mai gab es zudem mehrere Angriffe auf Tanker in der Region, für die Washington den Iran verantwortlich machte. Teheran wies jede Verantwortung zurück. (afp/thp)

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