- In einem Interview erklärt Karl Lauterbach, dass mehrfache Corona-Infektionen das Immunsystem irreparabel beschädigen könnten.
- Doch nur Tage nach dieser Aussage rudert der Gesundheitsminister zurück.
- Ihm zufolge hätte dieses Zitat eigentlich niemals erscheinen sollen.
Gesundheitsminister
Am Montag korrigierte Lauterbach diese Aussage auf Twitter. "Das Zitat war: 'Studien zeigen mittlerweile sehr deutlich, dass die Betroffenen es häufig mit einer Immunschwäche zu tun haben, deren Dauer wir noch nicht kennen'", schrieb der Minister. Von unheilbaren Immunschwächen könne aktuell "noch keine Rede sein".
Lauterbach zufolge war die Aussage in dem Interview aufgrund eines "technischen Übertragungsfehlers" vonseiten seines Hauses falsch abgedruckt worden.
Fehler bei der Autorisierung soll Ursache des falschen Zitats sein
Jan Drebes, einer der zwei Journalisten, die das Interview für die "Rheinische Post" geführt hatten, äußerte sich ebenfalls zu dem Vorfall. Dabei nahm er den Minister in Schutz. "Es gab einen Autorisierungsfehler", schrieb Drebes auf Twitter.
"Die Änderung des Ministers wurde an einer Stelle vom Bundesgesundheitsministerium nicht übertragen." Die Redaktion liege der "interne Vorgang dazu" vor. Lauterbach aufgrund der Korrektur als "Lügner zu bezeichnen, finde ich nicht angemessen", so Drebs.
Der Journalist betonte aber auch, dass seine Redaktion eine vom Gesundheitsministerium autorisierte Fassung des Interviews erhalten habe, in welcher der Satz zu den unheilbaren Immunschwächen genauso wie abgedruckt enthalten gewesen sei.
In Deutschland ist es üblich, dass Medien Interviews vom jeweiligen Gesprächspartner autorisieren lassen. Dabei wird der fertige Text an den Interviewten oder die Interviewte vor der Veröffentlichung zur Prüfung geschickt und kann im Wortlaut noch geändert werden. Etwa, wenn eine Aussage falsch interpretiert wurde.
Bei Personen des öffentlichen Lebens kümmern sich oft Pressesprecher um die Freigabe von Interviews. Drebs und Lauterbachs Aussagen deuten darauf hin, dass der Minister die Passage im Laufe des Prozesses auch beanstandet hatte. Dessen Pressesprecher Hanno Kautz hatte sie anschließend aber anscheinend nicht angepasst. Warum dies nicht geschah und warum Lauterbach und Kautz bis zum Montag warteten, um das falsche Zitat zu korrigieren, ist unklar.
Wissenschaftsjournalistin kritisiert Lauterbachs Immunschwäche-Aussage
Das Interview mit Lauterbach war aufgrund der Aussage zu möglichen unheilbaren Immunschwächen von vielen Medien aufgegriffen worden. Die Wissenschaftsjournalistin Christina Berndt hatte die Aussage des Ministers bereits am Sonntag scharf kritisiert. In einem Meinungsbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" betonte sie, dass die Daten, auf die sich der Minister beziehe, bislang nicht in wissenschaftlichen Fachjournalen veröffentlicht worden sein.
Es gebe noch "nicht einmal eine vorläufige wissenschaftliche Publikation", schrieb Berndt. Gemeint ist ein sogenannter "Preprint". Brandt schrieb mit Bezug auf diesen Umstand, dass man "sehr vorsichtig mit der Interpretation solcher Daten" sein sollte.
Ein "Preprint" ist eine zwar bereits veröffentlichte, aber noch nicht einer "Peer Review" unterzogenen Studie. Bei der "Peer Review" werden wissenschaftliche Arbeiten von unabhängigen Fachleuten geprüft. Zusammen mit der Veröffentlichung in Fachzeitschriften zählen "Peer Review" zu den wichtigsten Mechanismen zur Qualitätssicherung von wissenschaftlichen Studien.
Verwendete Quellen:
- Rheinische Post: "Es ist bedenklich, was wir bei Menschen beobachten, die mehrere Corona-Infektionen gehabt haben"
- Süddeutsche Zeitung: Panikmache im Reden, Laxheit im Handeln
- Twitter-Account von Karl Lauterbach
- Twitter-Account von Jan Drebs
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