CDU-Chef Friedrich Merz äußert sich abfällig über Berlin-Kreuzberg. In der Hauptstadt kommt das nicht gut an. Und auch im Netz wird diskutiert – ein ehemaliger CDU-Minister lobt den Multikulti-Stadtteil.

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Eine abfällige Bemerkung von CDU-Chef Friedrich Merz über Berlin-Kreuzberg auf dem bayerischen Volksfest Gillamoos trifft in der Hauptstadt auf kühle Reaktionen. "Wir mögen Kreuzberg, und Deutschland, und das Sauerland, und Gillamoos", sagte die Sprecherin des ebenfalls zur CDU gehörenden Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner dem "Tagesspiegel". "Und ein bisschen Kreuzberg für alle wäre auch gut."

Die Bürgermeisterin des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Grüne), reagierte am Dienstag empört: "Friedrich Merz spricht nicht nur den 152.000 Kreuzberger*innen ab, ein Teil Deutschlands zu sein. Er sagt Kreuzberg und meint in Wirklichkeit alle Orte mit Vielfalt. Damit spaltet er aus Kalkül die Gesellschaft. Das ist unsäglich."

Merz hatte am Montag bei einem Bierzeltauftritt auf dem Volksfest im niederbayerischen Abensberg gesagt: "Nicht Kreuzberg ist Deutschland, Gillamoos ist Deutschland." Der CDU-Politiker Helge Braun wurde dazu am Dienstag im Deutschlandfunk gefragt und erläuterte Merz' Aussagen so: Die Ampelkoalition mache sehr viel Politik für städtische Regionen mit einem Menschenbild, das vielen Menschen Sorgen mache. Viele in ländlichen Räumen fühlten sich nicht mitgenommen. Als Beispiele nannte Braun die Cannabis-Legalisierung oder die freie Wahl des Geschlechts. Dies könne die CDU so nicht mittragen.

Berlin-Kreuzberg: Da, wo es für die CDU nichts zu holen gibt

Die Debatte, dass Bundespolitiker in Berlin ihre Politik zu sehr an Menschen in der Stadt ausrichten und zu wenig an Menschen auf dem Land, wird seit längerem geführt. Kreuzberg steht als Symbol aber auch für einen Stadtteil mit vielen Zuwanderern. Zudem ist es eine Hochburg der Grünen – mit einem sehr geringen Wähleranteil der CDU.

Bezirksbürgermeisterin kritisiert "unwürdige Aussage"

Bezirksbürgermeisterin Herrmann hatte via "Tagesspiegel" zunächst mitgeteilt: "Auch im Sauerland sind mehr Leute mit dem Fahrrad unterwegs als mit dem Privatjet" - offenbar eine Anspielung darauf, dass Merz bisweilen mit dem eigenen Flugzeug reist. Schriftlich kritisierte die Grünen-Politikerin am Dienstag Merz dann aber deutlich: "Für den Parteivorsitzenden einer deutschen Partei ist das eine unwürdige Aussage."

Merz hat das Viertel bereits wiederholt ins Visier genommen. Erst vor wenigen Tagen schrieb er zum Auftakt einer Unionsklausur im Sauerland auf der Plattform X: "Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht Berlin-Kreuzberg. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt in kleinen und mittleren Städten wie hier, im Sauerland."

Ein Loblied auf Kreuzberg: Der CDU-Politiker Peter Altmaier sieht es anders als Merz

In sozialen Netzwerken wurde Merz' Ausspruch auch am Dienstag diskutiert. #Gillamoos, #Kreuzberg und #Merz waren zeitweise unter den am meisten genutzten Hashtags. Der CDU-Politiker und frühere Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier brach eine Lanze für den Stadtteil: "Kreuzberg ist kein neues Metropolis - da denke ich an London - aber es hat sich großartig entwickelt: Alte & neue Deutsche, Zugereiste, viel sanierte Bausubstanz für modernes Leben von heute, tolle Gastronomie von Currywurst über Döner & Pizza bis Sterne-Restaurants. Und Kultur!"  © dpa

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