• Am Samstag berät die CDU auf einer Konferenz der Kreisvorsitzenden, wie sie ihren neuen Vorsitzenden bestimmen will.
  • Schon im Vorfeld melden sich immer mehr CDU-Politiker zu Wort, die eine Mitgliederbefragung fordern.
  • Die Frauen-Union kritisiert, dass Frauen in der Partei noch immer unterrepräsentiert sind.

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Die CDU sucht einen neuen Vorsitzenden – und die Zeichen verdichten sich, dass die Basis dabei ein entscheidendes Wort mitreden soll. Immer mehr Christdemokratinnen und Christdemokraten sprechen sich dafür aus, dass eine Mitgliederbefragung zu dem Thema stattfindet.

So zum Beispiel Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung der Union und selbst ein Kandidat für Höheres in der CDU. Die Partei sei mit dem schlechten Ergebnis der Bundestagswahl abgestiegen in die zweite Liga, sagte Linnemann am Freitag im ARD-Morgenmagazin. "Um wieder aufzusteigen, brauchen wir Charakterköpfe, wir brauchen eine inhaltliche Erneuerung. Das geht nur mit der Basis. Deswegen sollte man dieses Instrument jetzt nicht nur ausprobieren, sondern machen."

Kuban: Mitgliederbefragung wäre "schnell umsetzbar"

Linnemann ist keine Einzelstimme. Auch Tilman Kuban, Vorsitzender der Jungen Union, hat sich für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen. Sie sei durch eine Urnenwahl in den Kreisgeschäftsstellen schnell umsetzbar, sagte er der "Rheinischen Post". Auch Außenpolitiker Norbert Röttgen und Ex-Fraktionschef Friedrich Merz – wie Linnemann ebenfalls für den Chefposten im Gespräch – zeigen sich offen dafür. Das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" ermittelte in einer Umfrage unter einem Fünftel der 325 CDU-Kreisverbände eine deutliche Mehrheit für ein Votum aller Mitglieder der Basis. Ein klares Votum in diese Richtung kam auch von den Kreischefs in Sachsen-Anhalt.

Weichen in diese Richtung werden womöglich schon an diesem Samstag gestellt: Dann kommen die Vorsitzenden aller Kreisverbände zu einer Konferenz in Berlin zusammen. Mit ihnen will der scheidende Parteichef Armin Laschet besprechen, wie die Suche nach einem Nachfolger verlaufen könnte.

Bisher fünf Männer aus Nordrhein-Westfalen im Gespräch

Als Anwärter auf den CDU-Vorsitz gelten neben Linnemann, Röttgen und Merz auch Gesundheitsminister Jens Spahn und Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag. Einer repräsentativen Civey-Umfrage im Auftrag unserer Redaktion zufolge führen Röttgen und Merz das Beliebtheitsranking an – allerdings könnten an der CDU-Basis andere Aspekte ausschlaggebend sein als in der Gesamtbevölkerung.

Alle fünf bisherigen Kandidaten sind zudem Männer aus Nordrhein-Westfalen. Deswegen wird in der CDU auch darüber diskutiert, sich nicht auf eine einzelne Person zu fokussieren. "Ich bin für eine Team-Lösung. Und spiele in diesem Team gerne auch eine Rolle", sagte Carsten Linnemann in der ARD. "Wir brauchen Frauen, wir müssen breiter werden, wir müssen wieder als Volkspartei wahrgenommen werden."

Frauen-Union kritisiert "Unterrepräsentanz"

Ähnliche Forderungen kommen von der Frauen-Union (FU). Die Vereinigung der CDU-Frauen hat sich am Donnerstag bereits bei einer eigenen Konferenz über die Neuaufstellung der CDU Gedanken gemacht. In einem Schreiben an die Führungsgremien kritisiert die Vorsitzende Annette Widmann-Mauz, dass bei der Konferenz der Kreisvorsitzenden am Samstag nur wenig Frauen vertreten sein werden. "Hier zeigt sich erneut das strukturelle Problem der Unterrepräsentanz von Frauen in Entscheidungsfunktionen unserer Partei. Gerade 12 Prozent der CDU-Kreisvorsitzenden sind weiblich", heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt.

Die Erkenntnis, dass die CDU vielfältiger werden müsse, sei nicht neu, schreibt Widmann-Mauz. "Jetzt rächt sich, dass die Umsetzung dieser Erkenntnisse und Bekenntnisse immer wieder hinausgeschoben, zu halbherzig angegangen wurde und nicht in der Breite vorangekommen ist."

Ins Spiel bringt die Bundestagsabgeordnete und Migrationsbeauftragte der Bundesregierung auch eine Doppelspitze - allerdings zunächst nur auf unterer Ebene: "Ich könnte mir eine Öffnungsklausel in unserer Satzung für eine Doppelspitze vor allem auf der Kreisebene gut vorstellen. Sichtbarkeit und Einflussmöglichkeiten von Frauen in unseren Reihen würden so deutlich verbessert. Das wäre auch ein Gewinn für die weitere Personalentwicklung der CDU."

Parteitag muss endgültige Entscheidung treffen

Nach der Konferenz der Kreisvorsitzenden am Samstag sollen die Parteigremien am kommenden Dienstag festlegen, wie es weitergeht. Eine Mitgliederbefragung ist nach den Parteistatuten möglich – aber sie wäre nicht ausreichend: Die Wahl von Vorstand und Präsidium ist allein Sache eines Parteitags. Diesen müsste die CDU dann schnell einberufen.

Bisher hatte die Partei geplant, den Parteitag im Januar zu veranstalten. Carsten Linnemann drängt aber darauf, ihn im Dezember stattfinden zu lassen: Im März und Mai 2022 stehen die Landtagswahlen im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein an. Die neue Parteiführung soll rechtzeitig handlungsfähig sein.

Mit schnellem Erfolg rechnet aber auch Linnemann offensichtlich nicht. In der ARD sagte er: "Ich denke, ein, zwei Jahre braucht es, bis wir inhaltlich wieder ein Profil haben, wo die Menschen sagen: Jawoll, dem trauen wir auch wieder Regierung zu." (dpa/fab)

Verwendete Quellen:

  • Frauen-Union, Pressestelle
  • ARD-Morgenmagazin: Linnemann für Mitgliederbefragung über neuen CDU-Vorsitz
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