Erst die Krim, dann die Ostukraine: Russland lässt sich in seiner Expansion durch nichts beirren. Der Westen schließt ein militärisches Eingreifen aus. Doch die Wirtschaftssanktionen scheinen langsam zu wirken. Der kommende G-20-Gipfel könnte deeskalierend wirken – unter maßgeblicher Beteiligung Deutschlands.
Die Krim gehört zu Russland. Am 18. März unterzeichnete Russlands Präsident
Militärisch ist Russland im Vorteil
Russlands außenpolitischer Auftritt überrascht sogar erfahrene Experten: "Ich habe es zu Beginn dieses Jahres für ausgeschlossen gehalten, dass es in Europa im Jahre 2014 noch militärische Eroberungen, Annexionen als Mittel der Durchsetzung von Interessen gibt," sagte Andreas Schockenhoff, von 2006 bis 2013 Russland-Beauftragter der Bundesregierung, dem "Deutschlandfunk".
Irritierend ist dabei die Dreistigkeit, mit der Russland auf fremdem Staatsgebiet operiert; in der Ostukraine beispielsweise gegen die ukrainischen Regierungstruppen Krieg führt: "Ich halte es für ausgeschlossen, dass jemand anderes als die Russen hinter den Unruhestiftern in der Region stehen. Wer soll es sonst sein? Wir wissen doch schon seit Monaten, dass es so ist", sagte Russland-Experte Gerhard Simon dem "Deutschlandfunk".
Militärisch kann sich Russland gegenüber der Ukraine zwar nicht alles erlauben, ist aber klar im Vorteil. Die Streitkräfte Russlands sind nominell besser aufgestellt, besitzen zudem effektivere Maßnahmen der Kriegsführung. "Zudem verfügt Moskau über die Möglichkeit, die Energieabhängigkeit auszuspielen und wirtschaftlichen Druck auf die Ukraine auszuüben," sagt Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.
Wirtschaftsblockade könnte wirken
Der Westen wirkt dabei wie ein Papiertiger. "Die militärische Option ist ausgeschlossen. Da bleiben nur wirtschaftliche Sanktionen als Mittel, das Verhalten der russischen Führung zu ändern. Die Sanktionen zeigen zwar wirtschaftliche Effekte wie Kapitalflucht, einen Absturz des Rubel, oder ein sinkendes Wirtschaftswachstum, bisher aber kaum die erhofften politischen Effekte," sagt Osteuropa-Expertin Klein.
Dennoch scheinen die Sanktionen Russland härter zu treffen, als bisher angenommen. Das Land drängt den Westen zu einem Ende der Sanktionen, erhofft sich auf dem G-20-Gipfel am Wochenende in Australien ein Einlenken. Ministerpräsident Dmitri Medwedjew sagte laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax, dass die Strafmaßnahmen beendet und die Beziehungen normalisiert werden müssten.
Die Chance auf politische Effekte der Wirtschaftsblockade sind also noch gegeben. "Putin versucht dem Westen zu demonstrieren, dass Sanktionen keinen Einfluss auf seine Strategie haben. Das muss aber nicht so bleiben, denn Sanktionen brauchen immer Zeit, um auch politisch zu wirken," sagt Russland-Expertin Klein.
Angela Merkel muss ihren Einfluss nutzen
Das Gebaren in den jüngsten Konflikten auf der Krim und in der Ostukraine fügt sich nahtlos in die außenpolitischen Ziele Russlands ein. "Die Putinsche Politik ist seit einigen Jahren neoimperial und revisionistisch. Sie ist nicht bereit, den Status Quo anzuerkennen. Putin und vor allem seine Mannschaft haben es mehrfach offen so formuliert, dass das 'historische Russland' größer sei als Russland," sagte der emeritierte Professor Simon den "Stuttgarter Nachrichten". Die russische Politik sei offensichtlich auf territoriale Ausdehnung ausgerichtet, so der Wissenschaftler weiter.
SWP-Forscherin Klein ergänzt, dass Russland im postsowjetischen Raum eine Rolle als Führungsmacht einnehmen und von den übrigen Staaten als solche anerkannt werden wolle. "Über eine Position der Stärke im postsowjetischen Raum möchte Putin zudem die euro-atlantische Ordnung, die nach dem Kalten Krieg entstanden ist, neu verhandeln und dabei sicherstellen, dass russische Interessen und Ziele stärker gewahrt werden," ist sich Klein sicher.
Auf dem kommenden G-20-Gipfel wollen sich
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