• Hass und Hetze im Messengerdienst Telegram haben die Bundesregierung auf den Plan gerufen.
  • Kontakt zu Telegram zu bekommen, ist allerdings gar nicht so einfach.
  • Nun ist es gelungen.

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Nach Hetze und Gewaltaufrufen in deutschen Chatgruppen hat die Bundesregierung Kontakt zum Messengerdienst Telegram hergestellt. "In einem ersten konstruktiven Gespräch zur weiteren Zusammenarbeit haben wir vereinbart, den Austausch fortzusetzen und zu intensivieren", schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag auf Twitter. "Dieser Schritt ist ein guter Erfolg, auf dem wir aufbauen werden." Details nannte sie nicht.

Bislang waren alle Versuche der Bundesregierung, Kontakt mit Telegram aufzunehmen, gescheitert. Dem Vernehmen nach nahmen an einer Videokonferenz mit Beamten aus dem Innen- und Justizministerium am Mittwoch auch Vertreter der Konzernspitze von Telegram teil. Diese sollen ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit erklärt haben. Weitere Gespräche wurden vereinbart.

Telegram geht oft nicht auf Löschanfragen ein

Telegram wurde von den Brüdern Nikolai und Pawel Durow gegründet, die bereits das Netzwerk Vk.com gegründet hatten, eine Art russisches Facebook. Die Durow-Brüder versprechen, die Daten der Nutzerinnen und Nutzer von Telegram zu schützen.

Die Telegram-Macher lehnen in weiten Teilen eine Kooperation mit staatlichen Stellen ab und kümmern sich nicht um Löschanfragen, auch wenn es sich um Hassrede und Gewaltaufrufe handelt.

Nur bei islamistischer Terrorpropaganda soll es westlichen und russischen Behörden gelungen sein, Telegram zu Löschaktionen zu bewegen. Der Messengerdienst gilt als schwierig zu erreichen. Das Kernteam um Pawel Durow sitzt derzeit in Dubai. Den deutschen Behörden ist bislang nicht gelungen, Löschanforderungen nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) rechtssicher zuzustellen.

Bundesjustizminister Buschmann drohte mit Millionen-Bußgeld

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) drohte dem Dienst am Freitag mit einem Millionen-Bußgeld. Er erklärte bei einem EU-Treffen in Lille, dass das Bundesamt für Justiz ein Bußgeldverfahren gegen Telegram eingeleitet habe. Man habe dazu in den Vereinigten Arabischen Emiraten um Rechtshilfe gebeten.

Wenn Telegram die Nachricht dauerhaft nicht zugestellt werde, gebe es die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung im Ausland. "Das heißt, wir würden das dann öffentlich machen, und dann muss das Unternehmen das auch gegen sich gelten lassen, als ob die formelle Zustellung erfolgt ist."

Anschließend werde der nächste Schritt eingeleitet - nämlich die Festsetzung eines Bußgeldes. Dieses könne in die Millionen gehen. "Und deshalb wäre es besser für das Recht, aber auch für Telegram, wenn wir im Wege des Gesprächs zu einer Lösung kommen würden."

Buschmann beriet mit seinen EU-Kollegen ebenfalls über Hassrede und Hassverbrechen im Internet. In Deutschland steht Telegramm vor allem deshalb im Fokus, weil sich über den Dienst teils radikale Gegner der Corona-Politik organisieren. Das Bundeskriminalamt hatte kürzlich angekündigt, Telegram stärker ins Visier zu nehmen.

Telegram hat kaum Beschränkungen

Telegram hat den Ruf, jegliche Inhalte ohne Moderation zuzulassen. Die Größe von Gruppen oder das Weiterleiten von Nachrichten sind so gut wie nicht beschränkt, anders als etwa auf WhatsApp. Das hat vor allem während der Pandemie Akteure angezogen, die auf Plattformen wie Youtube oder Facebook wegen Falschinformationen oder verhetzenden Inhalten gesperrt wurden.

Neben Einzel- und Gruppenchats gibt es auf Telegram auch Kanäle, die meistens öffentlich einsehbar sind. Ähnlich wie bei Twitter-Profilen sendet hier der Kanalbetreiber seine Botschaften an eine beliebig große Zahl von Abonnenten. (dpa/ari)

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Telegram laut Forschern ein Stützpfeiler der rechtsextremen Szene

In Reaktion auf staatliche Kontrolle und behördliche Auflagen für soziale Netzwerke haben Rechtsextreme und Kritiker der Corona-Maßnahmen ihre Online-Strategie einer neuen Studie zufolge angepasst. Besonders das Onlinenetzwerk Telegram sei dabei ein Stützpfeiler der rechtsextremen Szene und wichtiger Bestandteil ihrer Radikalisierungsstrategien, heißt es in dem Bericht der Extremismusforscher des Institute for Strategic Dialogue Germany (ISD Germany). Fotocredit: imago images
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