Drei Tage Grünen-Festspiele in Bielefeld. Den Auftakt macht derjenige, den einige schon zum Kanzlerkandidaten hochloben wollen. Robert Habeck wirbt in einer leidenschaftlichen Rede dafür, aus dem politischen Klein-Klein der Ära Merkel herauszufinden.
Zum Auftakt des Grünen-Parteitags in Bielefeld hat Parteichef
"Wo ist dieser Geist geblieben, die großen Dinge in Deutschland zu denken?", fragte Habeck. Man brauche wieder Mut, um "Politik der Ermöglichung" voranzutreiben. Die Grünen hätten in den letzten Jahren viel Hoffnung geweckt und Vorschuss-Vertrauen bekommen. "Jetzt in der nächsten Phase müssen wir aus Hoffnung Wirklichkeit machen."
Erfolgsduo hofft auf Wiederwahl
Habeck tritt an diesem Samstag gemeinsam mit
Habeck warnte aber auch die eigene Partei vor Selbstgerechtigkeit. "Wir haben manchmal einen Hang, in einer akademisch gefärbten Sprache Argumente immun zu machen. Da müssen wir an uns arbeiten." Beschäftigte der Automobilindustrie, der Kohlebranche, in der konventionellen Landwirtschaft hätten ein Recht, ihre Argumente vorzubringen, und die Grünen seien gut beraten, zuzuhören. "Wir müssen diese Toleranz auch bei uns selbst einüben."
"Werden wir Verfassungsschützer"
Habeck wird als möglicher Kanzlerkandidat seiner Partei gehandelt. In der Parteispitze selbst gilt diese Frage aber immer noch als Tabu. Der 50-Jährige warb in seiner Rede ohne Manuskript und Rednerpult angesichts populistischer und extremistischer Tendenzen für eine leidenschaftliche Verteidigung der Demokratie: "Wir leben in der besten und freiesten Republik, die es jemals in Deutschland gab. Verteidigen wir diese Republik. Werden wir Verfassungsschützer."
Er sprach sich indirekt auch für eine Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz aus. Die Parteiführung habe sich nicht von ihrer bereits beobachteten Jugendorganisation Junge Alternative oder von der Parteiströmung "Flügel" distanziert, die "von einem faschistischen Staat" träumten. "Unter diesen Voraussetzungen ist die gesamte AfD ein Fall für den Verfassungsschutz", sagte er.
Mahnung in Richtung der CDU
Der Grünen-Chef forderte die CDU dazu auf, klare Kante gegen die AfD zu zeigen und eine Zusammenarbeit, egal auf welcher Ebene, zu unterbinden. "Da, wo die Zusammenarbeit stattfindet, müssen diese Gliederungen aus der CDU ausgeschlossen werden", forderte Habeck. Dies sei eine "Frage der Ehre".
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte im Januar die Jugendorganisation der AfD und den "Flügel" als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus eingestuft. Das erlaubt auch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Die AfD sprach daraufhin von einer "politischen Instrumentalisierung" des Verfassungsschutzes.
Hauptthemen des Parteitags sind Wohnungspolitik, Wirtschaft und Klimaschutz. Eine Wirtschaftskrise könne die Demokratie zusätzlich gefährden, warnte Habeck. Ökologische Grenzen und die Digitalisierung machten Veränderungen in der Industrie und in Dienstleistungen notwendig. "Wir brauchen ein großes Investitionsprogramm, wir brauchen eine Neujustierung der Marktwirtschaft in Deutschland und in Europa", forderte er. Das Internet in Deutschland sei eine "Lachnummer", Züge kämen zu spät, Schwimmbäder würden geschlossen, es werde zu wenig Geld in Bildung, Forschung und öffentliche Räume gesteckt.
Wirtschaftskompetenz beweisen
In den vergangenen Wochen haben die Grünen versucht, wirtschaftspolitisch Akzente zu setzen - unter anderem fordern sie einen neuen Fonds für Investitionen des Bundes und eine Lockerung der Schuldenbremse entlang den EU-Regeln. (best/dpa)
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