Mit John Bolton verlässt ein Fan militärischer Interventionen die Regierung von Donald Trump. Die Hoffnung, der US-Präsident werde sich außenpolitisch künftig etwas zahmer geben, wird sich dennoch nicht erfüllen.

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Knapp anderthalb Jahre war der Mann mit dem markanten Schnauzer im Amt. Nun muss John Bolton die Regierung Trump verlassen. Er ist der dritte Sicherheitsberater, den der US-Präsident in den zweidreiviertel Jahren seiner Amtszeit verschlissen hat.

Ob Donald Trump seinen Sicherheitsberater ohne dessen Zutun gefeuert hat oder Bolton, wie er via Twitter andeutet, selbst seinen Rücktritt angeboten hat, lässt sich nicht zweifelsfrei klären. Seine Begründung lieferte Trump über den Kurznachrichtendienst jedenfalls gleich mit: Man habe bei zu vielen Themen nicht übereingestimmt.

Der unmittelbare Auslöser könnte eine Meinungsverschiedenheit über die von Trump geplanten Gespräche mit den radikalislamischen Taliban gewesen sein. US-Medien berichteten, Bolton habe sich vehement gegen die Verhandlungen gestellt. Der US-Präsident wollte so einen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan vorbereiten.

Bolton soll auch versucht haben, das für vergangenes Wochenende geplante Treffen mit Taliban-Vertretern in Camp David zu verhindern. Am Ende sagte Trump den Termin ab und erklärte, er werde in absehbarer Zeit nicht mit den Taliban sprechen - wohl aber nicht wegen Bolton. Als Begründung nannte Trump vielmehr einen Taliban-Anschlag in Kabul, bei dem auch ein US-Soldat ums Leben gekommen war.

Ein knallharter Falke

Mit dem Abgang von Bolton gibt es einen Hardliner weniger in der Trump-Administration. Er gilt als besonders aggressiver Falke mit einem Hang zu militärischen Interventionen. Ob Nordkorea, Iran oder Afghanistan: Der Sicherheitsberater vertrat meist deutlich härtere Positionen als sein Präsident. Vergangenen Mai hatte Trump durchblicken lassen, dass der Sicherheitsberater selbst für ihn zu raubeinig daher kam: "Tatsächlich wirke ich mäßigend auf ihn ein."

Ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter sagte der "New York Times" (NYT), Trump habe hinter verschlossenen Türen über Bolton gescherzt: "Wenn es nach ihm ginge, würden wir jetzt in vier Kriegen stecken."

Was Trump zunächst anzog - Boltons knallharte Rhetorik als Moderator bei "Fox News" - erwies sich als Stolperstein: Immer häufiger widersprach der Sicherheitsberater seinem Präsidenten.

Trump musste allerdings wissen, wen er sich ins Boot holte, als er Bolton im März 2018 ernannte. Über Jahrzehnte vertrat Bolton eine konfrontative Außenpolitik. Als Außen-Staatsekretär und UN-Botschafter unter Präsident George W. Bush propagierte er die US-Militärinvasion im Irak.

Einige Jahre vor seinem Eintritt in Trumps Regierungsteam warb Bolton öffentlich für Luftangriffe auf iranische Atomanlagen. Laut NYT war er entsprechend auch nicht damit einverstanden, als Trump vergangenen Juni einen bereits in die Wege geleiteten Vergeltungsschlag auf den Iran nach dem Abschuss einer IS-Drohne kurzfristig abblies.

Pompeo: Rausschmiss ändert nichts an Außenpolitik

Bedeutet der Abgang des Scharfmachers Bolton, dass der US-Präsident in seiner Außenpolitik einen sanfteren Kurs einschlagen will? Außenminister Mike Pompeo verneinte dies bei einem Presseauftritt am Dienstag: Niemand solle annehmen, dass sich durch einen einzelnen Personalwechsel Trumps Außenpolitik markant ändern werde.

Kommissarisch übernimmt Boltons Vize Charles Kupperman das Amt des Nationalen Sicherheitsberaters. Ob er die Funktion dauerhaft ausfüllen wird, steht in den Sternen. Kupperman gilt als Intimus von Bolton - ein Umstand, der seine Chancen schmälern dürfte.

Die NYT nennt weitere Optionen, die Trump für eine Nachbesetzung hat: Neben Stephen Biegun, Sonderbeauftragter für Nordkorea, und Brian Hook, Sonderbeauftragter für den Iran, führt die Zeitung etwa den umstrittenen US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell an.

Dieser war bereits kurz nach seiner Amtsübernahme im Mai 2018 in Berlin gehörig angeeckt. Immer wieder kritisierte er die Bundesregierung und provozierte etwa mit einem Drohbrief an deutsche Unternehmen. Informationen der NYT zufolge rechnet Grenell konkret mit einem Anruf von Trump.

Russland wartet ab, Iran feiert Rauswurf

Russland rechnet nicht damit, dass sich die Beziehungen zu den USA verbessern werden. "Die Anwesenheit oder der Rücktritt eines Einzelnen, selbst eines so hochrangigen Beamten, kann sich kaum ernsthaft auf die amerikanische Außenpolitik auswirken", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut der Agentur Interfax.

Moskau sei aber entschlossen, einen Ausweg aus dem "bedauerlichen Zustand der Beziehungen" zwischen beiden Ländern zu suchen. Jedoch müssten sich beide Seiten anstrengen, betonte Peskow.

Vize-Außenminister Sergej Rjabkow äußerte sich ähnlich: Auch in der Vergangenheit hätten personelle Veränderungen in den USA nicht zu einer Normalisierung der Beziehungen geführt.

Der Iran hofft indes auf Entspannung im Konflikt mit den USA. "Mit dem Rausschmiss Boltons als dem wichtigsten Unterstützer von Krieg und wirtschaftlichem Terrorismus (Anm. d. Red.: gemeint sind die Sanktionen) gegen den Iran gibt es nun weniger Hindernisse für das Weiße Haus, die Realitäten in Teheran zu verstehen", teilte Regierungssprecher Ali Rabiei via Twitter mit.

Von den Iran-Gegnern würde nach den Worten des Sprechers "einer nach dem anderen" die politische Szene verlassen. Bolton habe noch vor Kurzem versprochen, dass das iranische Establishment innerhalb von drei Monaten stürzen würde. "Wir sind aber noch da ... und er ist weg."

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • AFP
  • New York Times: Trump Ousts John Bolton as National Security Adviser
  • New York Times: Who Could Replace John Bolton?
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