China investiert in seine Armee – und zwar erheblich: Rund zehn Prozent mehr will Peking künftig für seine Streitkräfte ausgeben. Nur die USA stecken noch mehr Geld in ihre Truppen. Doch der Hang zur chinesischen Rüstung verängstigt Nachbarländer und destabilisiert die Region.

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Die Zahlen sind beeindruckend: Rund zwei Millionen Soldaten, mehr als 60 U-Boote und seit 2013 der erste eigene Flugzeugträger – nicht ohne Grund besitzt China den zweigrößten Militärhaushalt der Welt. Doch Stillstand gibt es in Peking nicht: Die Militärausgaben würden dieses Jahr um "etwa zehn Prozent" steigen, kündigte am Mittwoch eine Sprecherin des Volkskongresses an; 2014 war der Etat um 12,2 Prozent auf 130 Milliarden Dollar gewachsen.

Für Sicherheitsforscher kommt die Meldung wenig überraschend: "In den vergangenen Jahren haben wir einen konstanten Anstieg der Ausgaben gesehen", sagt Jan Grebe, Rüstungsexperte am Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC). Er rechnet damit, dass Peking das Geld vor allem für Personalkosten und den Ausbau von Marine und Raketenabwehr verwendet.

Inselstreitigkeiten und US-Präsenz als Bedrohungen

Aus Sicht Chinas sind diese Investitionen nur konsequent, schließlich fühlt es sich gleich mit mehreren Bedrohungen konfrontiert. Seit Jahrzehnten streitet das Land mit seinen Nachbarn Japan und Vietnam um Inseln im Ostchinesischen und Südchinesischen Meer, besonders der Konflikt mit Tokio flammt seit 2012 immer wieder auf. In beiden Fällen geht es neben territorialen Ansprüchen unter anderem um vermutete Öl- und Gasvorkommen. Und in beiden Fällen sind die Fronten verhärtet, regelmäßig kommt es zu Zwischenfällen auf hoher See. Zudem beäugt Peking die Präsenz der US-Marine im Pazifik mit Argwohn.

Dieser kritische Blick beruht auf Gegenseitigkeit: "Viele Nachbarländer schauen misstrauisch auf China. Das liegt zum einen an der Präsenz des chinesischen Militärs – aber auch an der Sicherheitsdoktrin, die einige Fragen offen lässt", erklärt denn auch Grebe und warnt vor einer "Gefahr der Eskalation" durch Aufrüstung und Konflikte auf See. Dabei sei allen Beteiligten bewusst: "Militärisch hätten die meisten Staaten der Region China in einem Konflikt nichts entgegenzusetzen."

Der Wissenschaftler weiß deshalb auch: Viele chinesische Nachbarn wollen diese Fähigkeitslücke selbst durch weitere Aufrüstung schließen. Doch wo steht China im Vergleich zu anderen Staaten auf der Welt? Eine Auswertung mit Zahlen und Fakten des Londoner Instituts für Strategische Studien (IISS):

USA

Ohne Zweifel befehligt der US-Präsident die mächtigste Armee der Welt. Zwar verfügen die USA nur über rund 1,4 Millionen Soldaten – und damit mehr als 600.000 weniger als China. Moderne Waffen und der immense technologische Vorsprung machen diesen zahlenmäßigen Nachteil aber wett. Das zeigen besonders die US-Militärausgaben, welche die chinesischen um mehr als das Doppelte übersteigen: Im vergangenen Jahr lagen sie bei 581 Milliarden Dollar, 2013 bei etwa 578 Milliarden. Und auch dieses Jahr dürfte der Wert wieder leicht wachsen: Im Dezember 2014 billigte der Senat einen Etat von rund 585 Milliarden Dollar.

Russland

Die Zeit des Kalten Krieges ist längst vorbei, die Sanktionen in Folge der Ukraine-Krise nagen an der russischen Wirtschaft – und doch kann Moskau noch immer auf eine beachtliche Zahl an Soldaten zurückgreifen: etwa 771.000 Mann. Das Verteidigungsbudget ist dabei deutlich kleiner als das chinesische, 2014 lag es bei rund 70 Milliarden Dollar. Allerdings kämpft Russland vor allem mit dem Zustand seiner Waffen und Fahrzeuge: "Übungen zeigten, dass die Funktionstüchtigkeit der Militärausrüstung grundsätzlich unbefriedigend ist", schreiben die IISS-Experten. Zudem würden dem Kreml rund 200.000 Soldaten fehlen, nur 82 Prozent aller Stellen seien besetzt.

Deutschland

Mit der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang 2014 brach in Deutschland eine neue Diskussion aus über die zukünftige Rolle der Bundeswehr: Was soll sie leisten? Und was darf das kosten? Rund 32,8 Milliarden Euro betrug der Wehretat im vergangenen Jahr, also fast 44 Milliarden Dollar. Damit ist das deutsche Budget mehr als vier Mal so klein wie das chinesische – und sogar rund 13 Mal kleiner als das der USA. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte zuletzt an, von 2017 an mehr Geld für die Bundeswehr zur Verfügung zu stellen. Derzeit sind dort 181.000 Soldaten beschäftigt, die Truppe soll in den kommenden Jahren jedoch auf rund 170.000 Mann verkleinert werden.

Japan

Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist Japans Militär vom Pazifismus geprägt: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der Verfassung festgeschrieben, Streitkräfte nur zur Selbstverteidigung einzusetzen; rund 247.000 Soldaten stehen derzeit dafür bereit. Doch Ministerpräsident Shinzo Abe will sein Land vom pazifistischen Kurs abrücken. Im vergangenen Jahr schaffte Tokio das Exportverbot für Waffen ab. Und im Januar beschloss die Regierung ein Rekordbudget für das Militär in Höhe von 42 Milliarden Dollar – eine Steigerung um zwei Prozent. Immer fest im Blick dabei: die Aufrüstung Chinas.

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