Ein Video, das im Netz geteilt wird, soll angeblich Geflüchtete nahe des Bautzener Stausees zeigen. Was dahinter steckt.

Ein Video, das seit Ende September auf Facebook, Twitter, TikTok und Telegram kursiert, soll angeblich Geflüchtete in der Nähe des Bautzener Stausees zeigen. Auch ein AfD-Kreisverband und der ehemalige AfD-Politiker Georg Pazderski sowie ein YouTube-Kanal, der nach eigener Aussage von drei Gründungsmitgliedern der rechtsextremen Partei Freie Sachsen betrieben wird, verbreiteten das Video.

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Die Profile, die das Video teilen, sprechen von einer "Invasion" durch Asylbewerber. Ein Nutzer schrieb: "Macht endlich die Grenzen zu! Überwachungskamera eines Anwohners am Stausee Bautzen." Doch die Behauptung ist falsch. Das Video wurde in Ásotthalom, Ungarn, aufgenommen, nicht am Bautzener Stausee.

Video, das angeblich Geflüchtete in der Nähe des Bautzener Stausees zeigt – das stimmt nicht.
In sozialen Medien verbreitet sich ein Video, das angeblich Geflüchtete in der Nähe des Bautzener Stausees zeigt – das stimmt nicht. © Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck

Aufnahme zeigt Ort in Ungarn

Eine Bilderrückwärtssuche führt zu einem Artikel der "Sächsischen Zeitung" vom 6. Oktober. Dort wird ein Beitrag auf X, ehemals Twitter, des Bautzener Landratsamts zitiert. Darin schreibt die Behörde, dass das Video aus Ungarn stamme.

In dem X-Beitrag teilte das Landratsamt einen Artikel der ungarischen Nachrichtenseite "24.hu" vom 27. September. Darin steht, dass Renáta Papp, die Bürgermeisterin von Ásotthalom im Süden Ungarns, das Video geteilt hatte. Der Facebook-Beitrag von Papp vom 26. September ist ebenfalls verlinkt – dort teilte sie das Video in Schwarzweiß mit Verpixelungen.

Frances Lein, Pressesprecherin am Landratsamt Bautzen, schreibt uns ebenfalls auf Anfrage: "Ich kann Ihnen bestätigen, dass das Video nicht den Bautzener Stausee oder Umgebung zeigt." Auch Papp, die Bürgermeisterin der ungarischen Gemeinde, bestätigte uns auf Anfrage, dass das Video aus Ásotthalom stamme. Es zeige "Einwanderer in Ásotthalom, Ungarn – nahe der ungarisch-serbischen Grenze. Es ist unser eigenes Video! Von unserer Feldwache/Patrouille."

In der Gemeinde gibt es schon seit Jahren eine "Bürgerwehr", über die die ARD bereits im Jahr 2016 berichtete. Sie sieht es als ihre Aufgabe, Migrantinnen und Migranten aufzuhalten. Serbien sandte im September Spezialkräfte an die Grenze zu Ungarn, weil dort täglich hunderte Menschen versuchten, über die Grenze in die Europäische Union zu gelangen.

Papp wurde 2022 zur Bürgermeisterin gewählt. Laut dem Nachrichtenmagazin "Szeged Ma" trat sie als unabhängige Kandidatin an, bekam aber Unterstützung von der rechtsextremen Partei Mi Hazánk Mozgalom. Ein Telegram-Kanal der Partei teilte das Video in Farbe und unverpixelt ebenfalls am 26. September mit demselben Text, den Papp auf Facebook geteilt hatte.

Bautzener Rechtsextreme verbreiteten das Video

In mehreren Beiträgen, die das Video verbreiteten, ist das Logo von "Balaclava Graphics" zu sehen. Bei der Gruppe handelt es sich laut "Belltower News" um rechtsextreme Medienaktivisten. Die Amadeu-Antonio-Stiftung erwähnt die Gruppe in einem Bericht vom Februar 2023 zur antidemokratischen Protestszene in Sachsen, der Kanal sei durch kontinuierliches Wachstum aufgefallen. Einer der frühesten Beiträge, der das Video mit der Behauptung verbreitete, es zeige einen Ort in der Nähe des Bautzener Stausees, stammt vom Telegram-Kanal der Gruppe.

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