Die amerikanische TV-Sendung "60 Minutes" von CBS News hat deutsche Ermittler zum Thema Hassrede im Netz interviewt und sie bei ihrer Arbeit begleitet. Dabei wird deutlich: Was in Deutschland rechtlich geregelte Praxis ist, können sich Amerikaner kaum vorstellen.

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"Das wird man ja wohl noch sagen dürfen", zitiert Staatsanwalt Matthäus Fink Menschen, die geschockt darüber sind, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist und dass rassistische und antisemitische Kommentare, Volksverhetzung und Hassrede sowie Morddrohungen tatsächlich verboten sind.

Für einen Beitrag der amerikanischen TV-Sendung "60 Minutes" wurden er und seine Kollegen Svenja Meininghaus und Frank-Michael Laue zur Rechtslage in Deutschland befragt und bei ihrer Arbeit im Kampf gegen Hasskriminalität im Netz begleitet.

Hassrede ist in den USA nicht per se illegal

Im Gegensatz zu Deutschland ist das meiste, was in den USA online geschrieben wird selbst wenn es hasserfüllt oder toxisch ist als Meinungsfreiheit geschützt. Deutschland schützt ebenfalls die freie Meinungsäußerung, dabei gebe es laut Rechtsanwältin Josephine Ballon, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation für Menschenrechte im Netz "HateAid", jedoch Grenzen.

Der neue US-Vizepräsident JD Vance findet das nicht in Ordnung und vergleicht auf X die Regulierung von verbotenen, hasserfüllten Kommentaren im Netz mit dem Roman "1984" von George Orwell, in dem es um einen totalitären Überwachungsstaat geht. Jemanden zu beleidigen sei keine Straftat. Das mag in den USA so sein, in Deutschland ist das anders.

Im Strafgesetzbuch regelt der Paragraph 130, dass Volksverhetzung verboten ist. Darunter fällt beispielsweise das Auffordern zu Gewalt gegen eine nationale, religiöse oder ethnische Gruppe. Auch das Verherrlichen des Nationalsozialismus oder das Verharmlosen oder Leugnen des Holocausts wird in Deutschland mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft. Ebenfalls im Strafgesetzbuch festgelegt, ist in Paragraph 188, dass Personen des politischen Lebens nicht beleidigt oder verleumdet werden dürfen.

Der Fall Walter Lübcke: Gewalt im Netz endet mit Mord

Wie sich Beleidigungen und Aufrufe zu Gewalt im Netz ins reale Leben bewegen können, zeigt der Fall Walter Lübcke. Der Politiker wurde nach jahrelangen Morddrohungen schließlich vom Rechtsextremisten Stephan Ernst erschossen, weil Lübcke sich für Geflüchtete engagierte.

Auch Renate Künast kommt in der US-Doku zu Wort und erzählt davon, wie eine Falschmeldung über sie ihr Leben negativ beeinflusste. Jemand verbreitete auf der Social-Media-Plattform Facebook einen Post mit einem Falschzitat: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!" Daraufhin erhielt sie anonyme Hasskommentare: Sie sei hässlich, alt und solle sich von einer Gruppe Männer vergewaltigen lassen, damit sie wisse, was alle Einwanderer tun würden. Daraufhin forderte die Politikerin den Konzern Meta, zu dem Facebook gehört, auf, die Fake-Posts zu löschen. Das Unternehmen sah sich dem aus personellen und technischen Gründen nicht in der Lage. Künast verklagte Facebook und bekam Recht.

Das gilt für den digitalen Raum in der EU

Für den digitalen Raum in der Europäischen Union gilt seit 2024 das Gesetz über digitale Dienste, auf Englisch Digital Services Act genannt. Das Gesetz erleichtert die Entfernung illegaler Inhalte und schützt die Grundrechte der Nutzerinnen und Nutzer.

Hierunter fällt auch die Redefreiheit im Internet, als illegaler Inhalt wird unter anderem Hassrede aufgeführt. Gehen Unternehmen nicht dagegen vor, drohen ihnen empfindliche Bußgelder.

Medialer Aufschrei über Verhalten der Ermittler in US-Doku zu Hasskriminalität

Einige Medienberichte wie in der "Bild", der "Berliner Zeitung" oder der "Schwäbischen Zeitung" hinterfragen die Vorgehensweise und das Verhalten der Ermittler in der US-Doku. Darin zu sehen sind neben den Interviews nämlich auch Hausdurchsuchungen bei Verdächtigen, die durch Hasskriminalität im Netz ins Visier der Ermittlungen geraten sind. Ebenfalls werden Szenen gezeigt, in denen die Ermittelnden darüber schmunzeln, dass es Tatverdächtigen schwerer fällt, sich von ihren Smartphones zu trennen, als die Strafen zu bezahlen.

Tatsächlich ist aber in der Strafprozessordnung Paragraph 102-108 geregelt, wann und wer eine Wohnung durchsuchen darf und welche Gegenstände beschlagnahmt werden dürfen. Wenn eine Person einer Straftat verdächtigt wird, darf ihre Wohnung beispielsweise zur Sicherung von Beweismitteln durchsucht werden. Für die Durchsuchung zur Nachtzeit, welche der Gesetzgeber von 21 bis 6 Uhr festgelegt hat, gelten besondere Regelungen.

Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen angeordnet werden. Beschlagnahmt werden dürfen Gegenstände, die im Zusammenhang mit der Tat stehen könnten. Im Fall von Hasskriminalität im Netz wären das beispielsweise Smartphones und Laptops.

Das Internet ist zumindest in Deutschland kein rechtsfreier Raum und wird ebenso wie das nicht-digitale Leben geregelt. Wer gegen geltendes Recht verstößt, muss damit rechnen, dafür von den Strafverfolgungsbehörden zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Verwendete Quellen: