Seit Jahren kursiert auf Facebook ein erfundenes Zitat, das der Grünen-Politikerin Renate Künast unterstellt wird. Obwohl sie deswegen gerichtlich gegen den Konzern hinter Facebook vorgeht, gelingt es Meta nicht, die Verbreitung zu verhindern.

In Facebook-Beiträgen wird seit Monaten ein Zitat mit dem Logo der Partei Bündnis 90/Die Grünen verbreitet: Es zeigt den Namen "Renate Kuhast", die gesagt haben soll, dass Integration damit anfange, dass Deutsche Türkisch lernen. Auch im Februar 2024 verbreiteten Dutzende Nutzerinnen und Nutzer den Satz weiter. Der Name ist falsch geschrieben, gemeint ist die Grünen-Politikerin Renate Künast.

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Das Zitat taucht mit dem korrekt geschriebenen Namen seit mindestens 2015 immer wieder im Internet auf. Mal ist dazu ein Bild der Politikerin zu sehen, mal nur der Text.

Dass das Zitat erfunden ist, zeigt ein Facebook-Beitrag von 2015, in dem Künast schrieb: "Seit einiger Zeit gibt es eine Kampagne, die behauptet, ich hätte gesagt, Integration beginne damit, dass wir alle erstmal Türkisch lernten. Diese Aussage habe ich nicht gemacht."

In einem Faktencheck ordnete CORRECTIV.Faktencheck bereits vor Jahren ein, woher das falsche Zitat vermutlich stammt: Am 30. August 2010 war Künast zu Gast in der Fernseh-Talkshow "Beckmann" der ARD, unter anderem mit Buchautor Thilo Sarrazin und CDU-Politikerin Aygül Özkan. Die Aufzeichnung der Diskussion ist heute nicht mehr in der Mediathek verfügbar, wir überprüften sie jedoch am 28. Januar 2019. Ab Minute 1:46:53 sagte Renate Künast zu Sarrazin: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher sich ihren Namen mal merken." Thilo Sarrazin hatte zuvor Aygül Özkan mit einem falschen Nachnamen angesprochen.

Künast erwirkt Urteil gegen Meta – der Konzern soll Beiträge mit dem Zitat entfernen

Warum Politikerinnen häufig Opfer von Falschmeldungen werden und was die Motive dahinter sind, lesen Sie in diesem Hintergrundbericht.

Renate Künast geht gegen das Fake-Zitat, das ihr zugeschrieben wird, seit Jahren gerichtlich vor. Sie hatte gegen den Plattformbetreiber Meta, den Konzern hinter Facebook, am Frankfurter Landgericht geklagt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bestätigte in einem Urteil vom 25. Januar 2024 dessen Entscheidung, dass das Falschzitat einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin darstelle. "​​Nach Kenntnis rechtswidriger geposteter Inhalte muss [der] Plattformbetreiber auch sinn- bzw. kerngleiche Posts löschen", hieß es in der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts.

Auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck, warum die Politikerin sich entschlossen habe, in diesem Fall gerichtlich gegen Meta vorzugehen, teilte Künast am 31. Januar 2024 mit: "Wir wissen aus der Forschung, dass es einen höheren Aufwand bedeutet, Falschinformationen richtigzustellen, als sie zu verbreiten. Wir müssen also ihre Verbreitung stoppen. Ich möchte für alle Betroffenen erreichen, dass das Vorgehen gegen Falschzitate nicht zu ihrer energiefressenden Lebensaufgabe wird. Und die Unternehmen haben Verantwortung, die sie auch umsetzen müssen."

Doch auch Wochen nach dem Urteil wird das Fake-Zitat weiterhin auf Facebook geteilt. Die Entscheidung war zum 31. Januar noch nicht rechtskräftig und es bleibt offen, wie Meta solche Inhalte erkennen und deren Verbreitung verhindern will. Eine Rückmeldung von Meta erhielt CORRECTIV.Faktencheck bis zur Veröffentlichung des Textes nicht (Stand: 14. Februar 2024).

Offenlegung

  • CORRECTIV ist seit 2017 in einer Kooperation mit dem Facebook-Konzern Meta, um Desinformation auf dem Sozialen Netzwerk zu bekämpfen. Mehr Informationen zu der Kooperation erhalten Sie hier.

Verwendete Quellen

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