Nur in China gibt es noch mehr Infektionen: Die Anzahl der Coronavirus-Fälle ist im nahen Südkorea weiter angestiegen, die dortige Regierung hat die höchste Alarmstufe ausgerufen. Eric Busse ist Lehrer in Seoul und berichtet, wie die Situation vor Ort ist.

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Südkorea ist eines der Brennpunkte des Ausbruchs des Coronavirus. Das ostasiatische Land ist nach China das Land mit den meisten Erkrankten, die Gesundheitsbehörden meldeten allein im Verlauf des Samstags über 800 neue Infektionen.

Damit steckten sich bis Samstag 3.150 Menschen in Südkorea mit dem Erreger von Covid-19 an, die Zahl der Toten in Verbindung mit der Lungenkrankheit kletterte auf nunmehr 17.

Wie ist die Situation vor Ort? Seit 2018 unterrichtet Eric Busse Englisch und Ethik an der Deutschen Schule Seoul. Der 34-jährige hat unserer Redaktion berichtet, wie sich das Alltagsleben in Südkorea zuletzt verändert hat:

"Ich kann mich gut an den Tag erinnern, an dem alles anfing. Am 28. Januar kam ich aus den Ferien aus Hongkong zurück. Dort trugen bereits viele Menschen Masken. Die Sorge dort war bereits so groß, dass teilweise die Grenze zu China abgeriegelt wurde.

Weil nach der Rückkehr an meine Schule Eltern Angst um ihre Kinder hatten, musste ich zwei Wochen lang eine Maske tragen. Ebenso die Schüler, die Ferien in China gemacht hatten. Das waren die ersten Anzeichen von leichter Panik, die in den vergangenen Tagen noch zugenommen hat.

Höchste Warnstufe für Infektionskrankheiten ausgerufen

Seit Südkoreas Präsident Moon Jae In am Wochenende die höchste Warnstufe für Infektionskrankheiten ausgerufen hat, sind die meisten Schulen geschlossen – auch meine, vorerst bis zum 6. März. Wir unterrichten bis dahin digital und versuchen so gut wie möglich den Schulalltag aufrechtzuerhalten, auch wenn jetzt erstmal keine Kinder mehr auf dem Schulhof zu hören sein werden.

Die Straßen sind nun merklich leerer, genauso Bars, Restaurants und die öffentlichen Verkehrsmittel. Die ersten Museen schlossen, auch große Menschenansammlungen gibt es eigentlich nicht mehr. In jedem Geschäft und Restaurant sind nun Spender für Desinfektionsmittel aufgebaut, dazu hat die Stadt Plakate mit Verhaltenshinweisen aufgehängt. Deutlich mehr Südkoreaner tragen jetzt Masken. Das ist jedoch nur bedingt ein Zeichen der Angst, sondern vielmehr des gesellschaftlichen Drucks, dem sich die meisten dann doch fügen.

Mich selbst hat das Virus schon direkt beeinflusst: Eine Fortbildung in Taiwan wurde abgesagt. Zudem habe ich einen Kumpel bei der Armee, der mit mir in einer Band spielt und mit dem ich an den nächsten Wochenenden musizieren wollte. Doch nun befindet sich das komplette Militär in einem Lockdown – alle Soldaten müssen in den Kasernen bleiben.

"Das Leben geht weitestgehend normal weiter"

Dennoch: Es herrscht keine Weltuntergangsstimmung, das Leben geht weitestgehend normal weiter. Aber man merkt schon, dass es losgeht. Es fühlt sich wie der Anfang an. Auch Präsident Moon erklärte, dass in einigen Tagen ein "kritischer Moment" im Kampf gegen das Coronavirus erreicht sein werde.

Südkorea reagiert dabei auch mit Maßnahmen, die in Deutschland undenkbar wären: Zum einen sendet die Regierung mehrmals täglich Warnungen und Hinweise per SMS auf absolut jedes Handy des Landes. Zum anderen gibt es eine App, bei der man genau sehen kann, wo sich einzelne Corona-Patienten gerade aufhalten.

Mitunter sorgen genau solche Kampagnen selbst für Verunsicherung in der Bevölkerung. Der Staat versucht zu zeigen, dass er etwas unternimmt – was selbst wieder auf die Menschen zurückwirkt und deren Angst steigert. Manchmal ist eben das genau der falsche Weg, wobei die Regierung den Anstieg an Erkrankungen natürlich nicht gänzlich ignorieren kann."

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