Anders als gehofft, wird der Frühling möglicherweise kein Abflauen der Fallzahlen aufgrund des Coronavirus bringen. Was bedeutet das? Welche Schutzmaßnahmen sind sinnvoll? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Coronavirus: Aktuelle Nachrichten im Live-Blog

Die wichtigsten Fragen, die dieser Text beantwortet, im Überblick:

  • Ist COVID-19 gefährlicher als die Grippe?
  • Wie kann ich mich schützen?
  • Was tun bei Ansteckungsverdacht?
  • Wird die Zahl der Fälle im Frühling zurückgehen?
  • Welche Symptome sind typisch?
  • Sind Raucher besonders gefährdet?

Wie stark wird sich SARS-CoV-2 in Deutschland ausbreiten?

Experten gehen davon aus, dass die Epidemie in Deutschland am Anfang steht. Auch mit einer Zunahme von schwereren Krankheitsverläufen und Todesfällen sei zu rechnen, sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, am Dienstag. Angenommen werde, dass immer einzelne Regionen besonders betroffen sein werden.

Der Berliner Virologe Christian Drosten sagte kürzlich, er rechne für Deutschland mit insgesamt hohen Infektionszahlen. Wahrscheinlich würden sich 60 bis 70 Prozent der Menschen infizieren. Die Frage sei, in welchem Zeitraum.

Was bedeutet die Epidemie für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft?

Das hängt maßgeblich von einem Faktor ab: der Geschwindigkeit der Ausbreitung. Je besser es gelingt, die Rate der Ansteckungen kleinzuhalten - das ist der Zweck von Maßnahmen wie abgesagten Großveranstaltungen - desto geringer dürfte der Druck auf das Gesundheitssystem und die Gesellschaft sein.

Eine massive Infektionswelle wird zu großen Problemen führen: Dann drohen volle Wartebereiche und Arztpraxen, knapp werdende Intensivbetten und vollkommen überlastete Gesundheitsämter.

Bringt der Frühling Besserung?

Bisher hatten Experten das gehofft. Doch diese Einschätzung hat sich jüngst aufgrund einer neuen Modellrechnung aus den USA geändert. Nun sei damit zu rechnen, "dass wir direkt in eine Epidemiewelle hineinlaufen", sagte Drosten.

Der saisonale Effekt auf diese Viren dürfte voraussichtlich nicht so groß sein wie auf einige andere Erkältungsviren. Das bedeutet: Die Fallzahlen werden voraussichtlich weiter kontinuierlich ansteigen. Drosten rechnet mit einem Maximum in der Zeit von Juni bis August.

Wie ansteckend ist das Coronavirus?

Laut Drosten gibt es Hinweise, dass ein Infizierter im Mittel drei weitere Menschen ansteckt - dieser Wert sei aber mit großen Unsicherheiten behaftet. Gestoppt wird eine Epidemie dann, wenn ein Infizierter statistisch im Durchschnitt weniger als einen weiteren Menschen ansteckt.

Das Virus vermehrt sich im Rachen und verbreitet sich vor allem durch Tröpfchen etwa beim Husten und Sprechen. "Die fliegen vielleicht so eineinhalb Meter weit und fallen relativ schnell zu Boden", erklärt Drosten. "Es ist das Einatmen einer solchen Wolke, die einen infiziert in den meisten Fällen."

Nur in Kontaktsituationen gibt es demnach ein reales Risiko - etwa, wenn man mit einem Infizierten ungefähr eine Viertelstunde oder länger gesprochen habe. Die Inkubationszeit - der Zeitraum zwischen Infektion und Beginn von Symptomen - beträgt in der Regel nach derzeitigem Stand bis zu 14 Tage.

Welche Symptome sind typisch?

Die meisten Menschen haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik:

  • Frösteln
  • Halsschmerzen
  • Abgeschlagenheit
  • Atemprobleme
  • möglicherweise Fieber und Husten wie bei einer Grippe
  • auch Kopfschmerzen und Durchfall sind möglich

Manchmal treten aber auch keine Symptome auf.

Wie gefährlich ist das Virus - und für wen?

Etwa 15 von 100 Infizierten erkranken schwer, wie es vom Robert-Koch-Institut (RKI) heißt. Sie bekommen etwa Atemprobleme oder eine Lungenentzündung. Betroffen sind zumeist Menschen aus Risikogruppen wie Krebskranke in Chemotherapie, alte Menschen und solche mit Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auf Diabetes zurückgehenden Organschäden.

Der Virologe Drosten appelliert daher an die Gesellschaft, diese Risikogruppen ab sofort besonders zu schützen. Die Fallsterblichkeit steige nach einer internationalen Zusammenfassung mit zunehmendem Alter deutlich, sagte er im NDR-Podcast vom Dienstag.

  • Bei über 80-Jährigen: 20 bis 25 Prozent
  • 70- bis 80-Jährige: 7 bis 8 Prozent
  • 60- bis 70-Jährige: 3 Prozent
  • 50- bis 60-Jährige: 1 bis 1,5 Prozent
  • Unter 50: 0,4 Prozent
  • Jüngere: 0,2 Prozent

Das Robert-Koch-Institut bewertet laufend die aktuelle Lage:

  • Derzeit wird das Risiko durch das Coronavirus als "mäßig" eingeschätzt (Stand: 11. März 2020)

Auf der Website des RKI finden sich die aktuellen Fallzahlen zu SARS-CoV-2 und die Risikobewertung. Todesfälle - etwa durch Atemstillstand, septischen Schock oder Multiorganversagen - sind selten.

Sind Raucher gefährdeter?

Noch ist nicht belegt, dass durch Rauchen die Infektionsgefahr steigt. Es spreche aber vieles dafür, sagt Michael Pfeifer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie: "Raucher haben grundsätzlich ein höheres Risiko, Virusinfektionen zu erleiden". Durch die Belastung des Rauchens sind die Abwehrkräfte des Bronchialsystems eingeschränkt. Viren und Co. haben so leichteres Spiel. "Das wissen wir aus dem klinischen Alltag - bei dem aktuellen Coronavirus ist es aber noch nicht nachgewiesen."

Mehr Informationen gibt es dagegen zum Verlauf der Krankheit. Daten aus Wuhan weisen laut Pfeifer darauf hin, dass bei Rauchern "das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs mit einer echten Lungenentzündung deutlich höher ist."

Mit dem Rauchen aufzuhören würde sich immer lohnen, jetzt aber besonders: "Es ist durchaus möglich, das Krankheitsrisiko und den Krankheitsverlauf auch jetzt noch zu beeinflussen, wenn man mit dem Rauchen aufhört. Es macht immer einen Unterschied, ob man aktiver oder ehemaliger Raucher ist."

COVID-19 oder Grippe - was ist gefährlicher?

Beide sind von einem Virus verursachte Atemwegserkrankungen, deren Verlauf sehr unterschiedlich sein kann - von symptomlos oder mild bis hin zu sehr schwer, mitunter gar tödlich. Beide Erreger werden vorwiegend über Tröpfchen etwa beim Sprechen oder Husten oder auch direkten Kontakt übertragen.

Allerdings kann sich laut WHO Influenza rascher ausbreiten als COVID-19. Schwere bis lebensbedrohliche Verläufe gibt es nach bisherigen Auswertungen bei COVID-19 häufiger als bei der Grippe. Anders als bei der Grippe gibt es gegen Sars-CoV-19 noch keine Impfung und auch keine zielgerichteten Medikamente.

Warum ist bei vielen die Sorge so groß?

Ein Grund sind wohl die Vorsichtsmaßnahmen wie Schulschließungen und Absagen von (Sport-)Veranstaltungen. Sie sind aber nicht dadurch bedingt, dass es sich bei der neuen Lungenkrankheit um eine besonders gefährliche handelt. COVID-19 sei eine milde Erkrankung, die meist rasch überstanden oder kaum zu spüren sei, betont Drosten.

Der Hintergrund der Maßnahmen: Eine ungebremste Infektionswelle könnte unter anderem volle Wartebereiche und Arztpraxen, belegte Intensivbetten und überlastete Gesundheitsämter bedeuten. Je besser es gelinge, die Rate der Ansteckungen kleinzuhalten, desto geringer werde der Druck auf das Medizinsystem und die Gesellschaft, so Drosten. Es mache einen riesigen Unterschied, ob eine Ausbreitungswelle eine Bevölkerung binnen weniger Wochen oder auf zwei Jahre verteilt zu großen Teilen erfasse.

Wie kann ich mich schützen?

Das beste Mittel gegen ansteckende Atemwegskrankheiten - ob Grippe, Coronavirus oder Erkältung - ist Hygiene:

  • Händewaschen - Tipps zum richtigen Händewaschen finden Sie hier
  • Verzicht auf Händeschütteln und Umarmungen
  • Vermeiden, sich mit den Händen ins Gesicht zu fassen
  • Abstand zu kranken Personen
  • Veranstaltungen mit vielen Menschen meiden
  • Für Kranke gilt: Vorsicht beim Niesen und Husten - am besten in ein Taschentuch oder die Armbeuge
An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Experten raten zudem vor allem älteren und chronisch kranken Menschen, sich zum Schutz gegen Lungeninfektionen impfen zu lassen:

  • Keuchhusten
  • Pneumokokken
  • Grippe

Das bietet zwar keinen direkten Schutz vor COVID-19 - ein Impfstoff hierfür wird frühestens in einem Jahr bereit sein. Ist aber jemand bereits an der Lunge erkrankt, wäre für ihn eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 besonders gefährlich, wie es etwa von der Berliner Gesundheitsverwaltung heißt.

Sollte ich mir Schutzmasken und Desinfektionsmittel anschaffen?

Abgesehen davon, dass sie derzeit schwer zu bekommen sind: Den Nutzen von normalen Atemmasken schätzen Experten als eher gering ein. Für die allermeisten Menschen sei es auch unnötig, sich mit Desinfektionsmittel einzudecken, erklärt die Direktorin des Instituts für Hygiene am Universitätsklinikum Leipzig, Iris Chaberny. "Wir reden bei dem neuen Coronavirus über Viren, die ganz leicht durch gründliches Händewaschen abgerieben werden können".

Tatsächlich kann es sogar gefährlich sein, wenn Desinfektionsmittel knapp wird: "Desinfektionsmittel wird anderswo dringend gebraucht - medizinisches Personal braucht das, nicht unbedingt wegen des Coronavirus, sondern zum Kampf gegen andere Erreger und weil es im Klinikalltag schnell gehen muss", sagt Chaberny. Zudem gebe es schützenswerte Privatpersonen, die Desinfektionsmittel zu Hause einsetzen müssen - nach einer Chemotherapie zum Beispiel. "Da wäre es wirklich fatal, wenn es kein Desinfektionsmittel mehr gäbe."

Wann muss ich zum Arzt?

Wichtig zu wissen: Ein Schnupfen ist kein Alarmzeichen für eine mögliche Ansteckung mit dem Coronavirus - siehe die Liste der Symptome oben.

Der Appell an alle, die den Verdacht hegen, sich angesteckt zu haben: "Erst mal anrufen und nicht direkt in die Praxis rennen", rät der Sprecher des Deutschen Hausärzteverbands, Christian Schmuck. Derzeit stehe bei den Hausärzten nicht COVID-19 selbst, sondern der Beratungsaufwand für verunsicherte Menschen im Vordergrund. "Die Verunsicherung ist das größte Thema."

Bei Verdacht sollen sich Patienten zunächst telefonisch beim Arzt oder Gesundheitsamt melden.

Was, wenn ich Kontakt zu einem Infizierten hatte?

Wer persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 im Labor nachgewiesen wurde, sollte sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an das zuständige Gesundheitsamt wenden. Dieses kann über eine Datenbank des Robert Koch-Instituts (RKI) ermittelt werden.

Was, wenn ich in einem Risikogebiet unterwegs war?

Personen, die sich in einem vom Robert Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebiet aufgehalten haben, sollten – auch wenn sie keine Krankheitszeichen haben – unnötige Kontakte vermeiden und nach Möglichkeit zu Hause bleiben. Das gilt aktuell beispielsweise auch für Schüler, die Urlaub in Italien gemacht haben.

Internationale Risikogebiete sind laut RKI (Stand: 10. März):

  • China: Provinz Hubei (inkl. Stadt Wuhan)
  • Frankreich: Provinz Grand Est (diese Region enthält Elsass, Lothringen und Champagne-Adrenne)
  • Iran:
  • Italien:
  • Österreich: Bundesland Tirol
  • Spanien: Madrid
  • Südkorea: Provinz Gyeongsangbuk-do (Nord-Gyeongsang)
  • USA: Bundesstaaten Kalifornien, Washington und New York

Besonders betroffene Gebiete in Deutschland:

  • Landkreis Heinsberg (Nordrhein-Westfalen)

Aktuelle Risikogebiete listet das RKI auf seiner Website auf.

Alternative zum Arzt: Wo kann ich mich beraten lassen?

Online finden Sie hier Antworten auf die wichtigen Fragen:

Für telefonische Nachfragen:

  • Kostenlose Hotline der Krankenkasse Barmer (nicht nur für eigene Kunden): 0800 84 84 111
  • Bundesweite Rufnummer des kassenärztlichen Notdienstes: 116 117

Die Berliner Feuerwehr rief auf Twitter dazu auf, Nachfragen zum Coronavirus nicht über den Notruf 112 zu tätigen.

Wer wird getestet?

Eine Laboruntersuchung sollte laut RKI in einem begründeten COVID-19-Verdachtsfall durchgeführt werden. Das tritt unter anderem ein, wenn der Patient ...

  • unspezifische Allgemein­symptome oder Probleme bei der Atmung hat (akute respiratorische Symptome)

UND

  • innerhalb der letzten 14 Tage vor Erkrankungsbeginn Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall hatte

und/oder

  • Atemprobleme mit oder ohne Fieber hat UND sich innerhalb der letzten 14 Tage vor Beginn seiner Erkrankung in einem Risikogebiet aufgehalten hat.

Auch wenn diese Kriterien nicht erfüllt sind, ist eine Laboruntersuchung auf SARS-CoV-2 unter Umständen in Betracht zu ziehen. Die Entscheidung liegt beim Arzt. Ordnet er einen Labortest an, übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Laut Mitteldeutschem Rundfunk (MDR) kostet ein Test 250 Euro.

Wie lässt sich die neue Lungenkrankheit behandeln?

Eine spezielle Therapie für die Erkrankung COVID-19 gibt es nicht. Schwer erkrankte Patienten werden symptomatisch behandelt: mit fiebersenkenden Mitteln, der Therapie etwaiger bakterieller Zusatzinfektionen und mitunter mechanischer Beatmung. In Einzelfällen werden auch antivirale Medikamente getestet.

Kann man zweimal an Corona erkranken?

Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass Infizierte Antikörper aufbauen und damit eine Immunität gegenüber dem Virus SARS-CoV-2 haben, wie der Mitteldeutsche Rundfunk berichtet. "Wir wissen allerdings noch nicht, wie lange diese anhält. Wenn man eine Analogie zu den anderen Coronaviren annimmt, könnte man von einem Zeitraum von ein paar Jahren ausgehen: Bei SARS beispielsweise sind Antikörper drei bis fünf Jahre nachweisbar. Die Zeiträume sind also eher Jahre", sagte Isabella Eckerle, die am Universitätsklinikum Genf an neuen Viren forscht, dem MDR.

Kann mein Haustier das Virus übertragen?

Diese Gefahr besteht nach Einschätzung eines Experten kaum - wenn überhaupt, dann über die Haut und das Fell. Ein in Südkorea gemeldeter Fall, bei dem SARS-CoV-2 bei einem Hund nachgewiesen worden sein soll, sei in der wissenschaftlichen Literatur nicht bestätigt, sagte Albert Osterhaus, Virologe an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Kann man im Moment noch sicher reisen?

Das Auswärtige Amt vergibt Gesundheitsempfehlungen bei Auslandsreisen. Aktuelle Informationen zur Sicherheit in einzelnen betroffenen Ländern finden sich auf den Länderseiten des Auswärtigen Amtes.

Verwendete Quellen:

  • Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
  • Robert Koch-Institut
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
  • Podcast zum Coronavirus mit Christian Drosten
  • MDR
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