Extremwetterereignisse nehmen auch in Europa immer weiter zu. Fast 200.000 Menschen sind seit 1980 an Wetterextremen gestorben. Der Klimawandel wird diese Zahl noch weiter ansteigen lassen.

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Europa muss sich aus Sicht der EU-Umweltagentur EEA auf klimabedingte Wetterkapriolen im Sommer vorbereiten. Der Klimawandel sorge dafür, dass das Wetter in Europa extremer werde, betonte die in Kopenhagen ansässige Behörde am Mittwoch bei der Vorstellung eines Webportals, das unter anderem vergangene Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände näher unter die Lupe nimmt. Der Ausblick sei insgesamt pessimistisch. Die Anpassung an den Klimawandel sei von entscheidender Bedeutung, sagten die EEA-Experten.

In der Online-Übersicht mit dem Titel "Extremes Sommerwetter in einem sich verändernden Klima: Ist Europa vorbereitet?" will die EEA von nun an näher erläutern, wie sich Wetterextreme zunehmend auf die Bevölkerungen, Volkswirtschaften und die Natur in Europa auswirken. Dabei beschreibt sie Extremwetterereignisse der vergangenen Sommer, womit nach wissenschaftlichen Prognosen in Zukunft zu rechnen ist und außerdem, wie gut die Region darauf vorbereitet ist.

Ziel des Ganzen ist es, Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit mit aktuellen Informationen und Daten auf die Dringlichkeit des Kampfes gegen die Klimakrise aufmerksam zu machen.

195.000 Tote durch Extremwetterereignisse

Durch Überschwemmungen, Stürme, Hitze- und Kältewellen, Waldbrände und Erdrutsche sind in Europa zwischen 1980 und 2021 fast 195.000 Menschen gestorben. Das geht aus einem von der EEA ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten Bericht hervor. Demnach wurden durch extreme Wetterereignisse Schäden in Höhe von mehr als 560 Milliarden Euro verursacht. Nur 170 Milliarden Euro oder 30 Prozent der Schäden seien versichert gewesen, teilte die EEA weiter mit.

"Um weitere Verluste zu vermeiden, müssen wir dringend von der Reaktion auf Extremwettereignisse übergehen zu einer proaktiven Vorbereitung", sagte EEA-Expertin Aleksandra Kazmierczak der Nachrichtenagentur AFP. Den jüngsten Daten zufolge waren Hitzewellen für 81 Prozent der Todesfälle und 15 Prozent der finanziellen Schäden verantwortlich.

Der Umweltbehörde zufolge muss Europa Maßnahmen ergreifen, um seine alternde Bevölkerung zu schützen, da diese besonders empfindlich auf extreme Hitze reagiere. Die meisten nationalen Strategien würden die Auswirkungen von Hitze auf das Herzkreislaufsystem und das Atemsystem berücksichtigen. "Aber weniger als die Hälfte gehen auf direkte Folgen von Hitze ein wie Dehydrierung oder Hitzschlag", erklärte die Behörde.

In einer Pressemitteilung der Behörde heißt es weiter, dass extreme Hitzewellen wie 2022 weiter zunehmen werden. Auch die Intensität werde noch ansteigen. Vor allem im Süden Europas könnte es bald mehr als 60 Sommertage – also Tage, an denen das Thermometer über 25 Grad steigt – geben.

Deutschland will einen Hitzeplan aufstellen

In Deutschland will man jetzt auch verstärkt auf Hitzeprävention setzen. Ziel soll laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zufolge in den kommenden Wochen die Erstellung eines "Hitzeplans Deutschland" sein, der sich an einem entsprechenden Plan im Nachbarland Frankreich orientiert. "Andere Länder machen uns vor, wie es geht", sagte der SPD-Politiker am Dienstag. Man werde dann ein gutes Maßnahmenbündel schon in diesem und nicht erst im nächsten Jahr haben.

Es geht demnach um Warn- oder Alarmstufen, die ausgerufen werden und mit denen dann konkrete Maßnahmen verbunden werden, etwa eine gezielte Ansprache älterer oder pflegebedürftiger Menschen und die Versorgung mit Flüssigkeit. Lauterbach nannte auch die Einrichtung von Kälteräumen und erwähnte kostenlose Trinkbrunnen in großen Städten in den USA oder Frankreich. "Das sind niedrig hängende Früchte, die aber viel bringen." Der Bund sei auch zu Investitionen bereit.

Extremwetterereignisse werden zunehmen

Ebenfalls zunehmen werden laut EEA Überflutungen und Hochwasser, besonders in Nordwest- und Zentraleuropa. Die Behörde rechnet mit weiteren verheerenden Ereignissen wie der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021.

Paradoxerweise steigt auch das Risiko für Dürren an. Hier ist vor allem der Süden und der Westen Europas betroffen. Neben der extremen Hitze hat das trockene Wetter auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Den wirtschaftlichen Verlust durch Dürren beziffert die EEA jetzt schon mit acht Milliarden Euro. Sollte die Durchschnittstemperatur bis Ende des Jahrhunderts um 1,5 Grad ansteigen, geht die Behörde von 25 Milliarden Euro Verlust jährlich aus. Bei zwei Grad sind es 31 Milliarden Euro und bei drei Grad Erderwärmung kann die Summe auf 45 Milliarden Euro steigen.

Ein weiteres Problem sind laut EEA Waldbrände. Fast ganz Europa ist davon betroffen. Seit 1980 haben 712 Menschen ihr Leben bei diesen Feuern verloren. 2022 war die zweitschlimmste Waldbrandsaison nach 2000. Während der Sommermonate Juni, Juli und August ist eine Fläche von 5.000 Quadratkilometern den Flammen zum Opfer gefallen. Das entspricht der doppelten Größe von Luxemburg.

Eine letzte Gefahr, die laut EEA in Europa durch den Klimawandel zunehmen könnte, sind klimabedingte Krankheiten. Besonders vor durch Mücken übertragbare Krankheiten wie Denguefieber oder das West-Nil-Virus warnt die Behörde. Die dafür verantwortlichen Tigermücken breiten sich durch die erhöhten Temperaturen immer weiter im Norden von Europa aus. Besonders der Westen Europas könnte laut EEA ein Hotspot für Moskitos werden. Damit könnte sich auch die Malaria in den betroffenen Gebieten ausbreiten. (afp/dpa/the)

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