- In China wurde ein neues Virus entdeckt: In den Provinzen Shangdong und Henan sind 35 Menschen am Langya-Virus erkrankt, einer erstmals nachgewiesenen Henipavirusart.
- Die Meldung erinnert an die Anfänge der Corona-Pandemie. Tatsächlich gibt es Ähnlichkeiten mit dem Coronavirus, aber auch einen entscheidenden Unterschied: Es ist wahrscheinlich nicht von Mensch zu Mensch übertragbar.
- Was bislang zum Langya-Henipavirus bekannt ist im Überblick.
Was ist das Langya-Henipavirus?
Beim Langya-Virus (LayV) oder Langya-Henipavirus handelt es sich um ein neues Virus, das nun zum ersten Mal in China beschrieben wurde. Das neue Virus wird der Gattung der Henipaviren zugeordnet, die in der Vergangenheit bereits Menschen und Tiere im asiatisch-pazifischen Raum infiziert haben. Wie ein Forscherteam aus China, Singapur und Australien nun im Fachmagazin "New England Journal of Medicine" berichtet, wurden im Zeitraum zwischen Ende 2018 und Anfang 2021 35 Fälle des neuen Erregers dokumentiert. Bei 26 der 35 Erkrankten wurde ausschließlich dieser Erreger nachgewiesen. Daher gehen die Forscher davon aus, dass das Langya-Henipavirus die Ursache für die Krankheitssymptome ist.
Bislang waren fünf Arten von Henipaviren bekannt. Die beiden namensgebenden Vertreter der Gattung, das Hendra- und das Nipahvirus, wurden erstmals in den 1990er Jahren beschrieben. Während Hendravirus-Infektionen beim Menschen laut RKI mit nur zehn Fällen (alle in Australien) sehr selten sind, wurde 1999 ein großer Krankheitsausbruch durch Nipahviren mit über 200 Infizierten in Malaysia und Singapur entdeckt, später auch in Indien und Bangladesch. Die größte genetische Ähnlichkeit weist die neu entdeckte Virusart zum Mojiang Henipavirus auf, das 2012 in Südchina registriert wurde. Damals starben drei Minenarbeiter an einer auf das Virus zurückzuführenden Lungenentzündung. Die Arbeiter hatten sich bei Ratten in der Mine angesteckt.
Wie werden Henipaviren übertragen?
Wie das Coronavirus stammt wohl auch das Langya-Henipavirus aus dem Tierreich. Es handelt sich um eine sogenannte Zoonose, das Virus wird von Tieren auf Menschen übertragen. Im Falle des neuartigen Langya-Virus stehen Spitzmäuse als Ursprungswirt in Verdacht: Nach Angaben der Wissenschaftler wurde der neue Erreger bei 27 Prozent der untersuchten Spitzmäuse in den betroffenen Provinzen gefunden. Hendra- und Nipahvirus dienen vor allem Flughunde der Gattung Pteropus als Wirtstier, die in Südostasien, Australien und Madagaskar beheimatet sind.
Von den verwandten Henipaviren ist bekannt, dass die Erreger via Tröpfcheninfektion oder Einatmen von Urin-haltigen Aerosolen übertragen werden. Menschen infizieren sich vor allem durch den Kontakt mit Zwischenwirten, meist Nutztieren wie Pferden (Hendravirus) oder Schweinen (Nipahvirus). Wie das Virus vom Ursprungswirt auf die Nutztiere übergeht, ist noch nicht ganz geklärt. Auch Früchte, die mit Speichel oder Urin infizierter Flughunde kontaminiert sind, stellen ein hohes Infektionsrisiko für Menschen dar.
Im aktuellen Fall in China gehen Wissenschaftler davon aus, dass das Virus von Spitzmäusen sowie Hunden und Ziegen als Zwischenwirte den Weg zum Menschen gefunden hat. Vor allem Bauern, die engen Kontakt zu Tieren haben, sind von der Infektion betroffen. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch schätzt das internationale Forscherteam dagegen als unwahrscheinlich ein. Es habe unter den 35 registrierten Fälle keinen engen Kontakt gegeben, auch eine Kontaktnachverfolgung der Infizierten brachte keine Hinweise auf eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung. Final ausschließen können die Forscher diesen Übertragungsweg zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht, wie sie betonen. Dafür sei die Fallzahlen noch zu gering. Im Falle des verwandten Nipahvirus wurde bereits eine Ansteckung von Mensch zu Mensch belegt.
Welche Symptome treten bei einer Henipaviren-Infektion auf?
Die Patienten, bei denen eine Langya-Henipavirus-Infektion nachgewiesen wurde, leiden vor allem an Fieber, Müdigkeit, Husten, Muskelschmerzen und Appetitlosigkeit. Bei rund einem Drittel der Patienten wird von Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen berichtet, in manchen Fällen gebe es auch Hinweise auf Leber- und Nierenschäden. Auch andere Henipavirus-Arten können bei Menschen fiebrige Atemwegsinfektionen hervorrufen. Das Nipahvirus kann zudem eine Hirnhautentzündung auslösen, die häufig zum Tode führt.
Wie hoch ist die Letalitätsrate bei einer Infektion mit Henipaviren?
Sehr schwere oder gar tödliche Verläufe gab es bei den 35 mit Langya-Henipaviren infizierten Patienten bislang noch nicht, wie die Wissenschaftler im "New England Journal of Medicine" schreiben. Einen Grund zur Panik gebe es nicht, wohl aber einen Grund für erhöhte Wachsamkeit. Der Erreger könne laut Studien potenziell tödliche Krankheiten verursachen. Bei Infektionen mit dem Nipah- und Hendravirus geht man von einer hohen Sterblichkeit aus. Bei den in den 1990er-Jahren beobachteten Ausbrüchen in Australien sowie in Süd- und Südostasien starb nach Angaben des RKI mehr als jeder zweite Betroffene. Wie hoch die Sterblichkeit ist, hängt jedoch auch stark von der medizinischen Versorgung im Infektionsgebiet ab.
Wie wird eine Henipavirus-Infektion behandelt? Gibt es einen Impfstoff?
Impfstoffe für Menschen gegen die verschiedenen Arten von Henipavirus gibt es nicht, ebenso wenig spezifische Medikamente. Die WHO empfiehlt eine intensive, unterstützende Behandlung bei schweren respiratorischen und neurologischen Verläufen. Seit 2012 ist ein Hendravirus-Impfstoff für Pferde verfügbar, der somit auch eine weitere Übertragung auf Menschen einschränkt. Die WHO hat das Nipahvirus als eine vorrangige Krankheit für Forschung und Entwicklung eingestuft.
Verwendete Quellen:
- Nejm.org: A Zoonotic Henipavirus in Febrile Patients in China
- RKI.de: Nipah- und Hendraviren im Überblick
- WHO.int: Nipah virus
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