• Gegen Omikron reichen zwei Impfungen nicht aus: Ein Booster ist nötig, um genügend vor der kürzlich entdeckten Variante geschützt zu sein.
  • Virologin Sandra Ciesek hat erste Ergebnisse dazu veröffentlicht und auch weitere Laboruntersuchungen kommen zu diesem Schluss.
  • Virologe Christian Drosten warnte davor, davon auszugehen, dass eine Omikron-Infektion einen milden Verlauf nimmt und Gesundheitsminister Karl Lauterbach sprach sich für die allgemeine Impfpflicht aus.

Mehr aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie hier

Erste Labor-Untersuchungen zur Wirkung von Corona-Impfstoffen gegen Omikron deuten auf eine vergleichsweise schwache Abwehrreaktion gegen die neue Variante hin. Die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt veröffentlichte am Mittwoch erste Ergebnisse auf Twitter, die eine deutlich reduzierte Antikörper-Antwort verschiedener Impfstoffe auf die neue Variante zeigen.

Auch die Unternehmen Biontech und Pfizer teilten am Mittwoch mit, dass vorläufigen Ergebnissen zufolge zwei Dosen ihres Impfstoffes nicht ausreichend vor einer Infektion mit der kürzlich entdeckten Variante schützen.

Gegen Omikron ist Booster-Impfung nötig

Deswegen sei eine Booster-Dosis nötig, um den Antikörper-Spiegel zu erhöhen. Bereits am Vortag hatten südafrikanische Experten ähnliche Daten zu einer schwächeren Antikörper-Antwort vorgelegt. Alle vorgestellten Daten sind bislang nicht von Fachkollegen begutachtet und nicht in einem Fachmagazin veröffentlicht.

"Die Daten bestärken, dass die Entwicklung eines an Omikron angepassten Impfstoffs sinnvoll ist", schrieb Ciesek zu den von ihr vorgestellten Ergebnissen auf Twitter. Sie wies aber auch darauf hin, dass die Daten keine Aussage darüber erlaubten, inwieweit Geimpfte bei Ansteckung mit der Omikron-Variante vor einem schweren Verlauf geschützt sind. Denn die Immunantwort beruht nicht nur auf Antikörpern, sondern beispielsweise auch auf T-Zellen.

Die Impfstoff-Entwickler Pfizer und Biontech gehen davon aus, dass bereits zwei Dosen ihres Impfstoffes vor schweren Erkrankungen schützen. Die T-Zellen, die auf die Impfung hin gebildet würden, seien von den Mutationen der Omikron-Variante nicht betroffen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte, es sei kaum zu verhindern, dass die neue Omikron-Variante des Coronavirus sich auch bei uns ausbreitet. "Die Analysen von Expertinnen wie Sandra Ciesek und anderen zeigen alle in dieselbe Richtung: Mit der zweifachen Impfung haben wir einen sehr beschränkten Schutz gegen Infektionen, möglicherweise gar keinen mehr nach Monaten", sagte er. "Dann wären die Ungeimpften und diejenigen ohne Booster-Impfungen im vollen Risiko in Bezug auf die Infektion." Wahrscheinlich bliebe ein Schutz gegen schwere Krankheit. "Deshalb brauchen wir unbedingt eine allgemeine Impfpflicht", sagte Lauterbach.

Diese gehöre zu den zwei Dingen, "die uns aus dieser Krise herausführen können" - das zweite sei eine erfolgreiche Booster-Kampagne. "Gerade bei der Omikron-Variante könnte die Booster-Impfung besonders bedeutsam sein."

RKI: "Gehen davon aus, dass sich Omikron schnell durchsetzen wird"

Trotz eines leichten Rückgangs der wöchentlich gemeldeten Corona-Neuinfektionen rät das Robert-Koch-Institut (RKI) zu stärkeren Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie. Die hohe Infektionsgefahr bleibe angesichts der großen Fallzahl weiter bestehen, schreibt das RKI in seinem Wochenbericht vom Donnerstag. In der ersten Dezemberwoche (29. November bis 5. Dezember) sei die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner um vier Prozent niedriger gewesen als in der Woche zuvor.

"Der leichte Rückgang der Sieben-Tage-Inzidenz könnte ein erster Hinweis auf eine sich leicht abschwächende Dynamik im Transmissionsgeschehen aufgrund der intensivierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung sein", schreibt das RKI. Auch aus anderen Datensystemen kämen vergleichbare Signale.

Der Anteil positiv getesteter PCR-Proben habe sich in der Woche nicht weiter erhöht. Das RKI schränkt die Aussagekraft der Daten jedoch nach wie vor ein: "Trotzdem können weiterhin regional überlastete Kapazitäten im Öffentlichen Gesundheitsdienst und regional erschöpfte Laborkapazitäten zu einer Untererfassung von Fällen führen."

Von der neuen, als besorgniserregend eingestuften Variante Omikron seien bis 7. Dezember in Deutschland 28 Fälle durch Genomsequenzierung nachgewiesen worden (bis 1. Dezember waren es vier). Bei 36 weiteren Fällen bestehe aufgrund eines spezifischen PCR-Tests der Verdacht darauf. Es ist von wesentlich mehr Fällen auszugehen, denn Labore untersuchen nur einen Bruchteil der positiven Proben auf Varianten.

"Wir gehen davon aus, dass sich Omikron sehr schnell durchsetzen wird", sagte Christian Karagiannidis, Leiter des Divi-Intensivregisters, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag). In Deutschland betrage die Verdopplungszeit geschätzt eine Woche. "Das hieße, dass die Fallzahlen um Weihnachten zu steigen beginnen, bereits Ende Januar könnte Omikron die dominierende Variante sein."

Drosten warnt davor, von leichtem Omikron-Verlauf auszugehen

Selbst wenn eine Infektion mit Omikron im Schnitt zu einem leichteren Verlauf führen würde als mit Delta, bekämen die Kliniken durch die rasche Verbreitung ein massives Problem. "Wir haben aktuell rund 5.000 COVID-Intensivpatienten bundesweit. Zu keinem Zeitpunkt in der Pandemie hatten wir so wenige freie Betten. Die Omikron-Welle wird auf Kliniken stoßen, die längst am Limit sind, und mit Geld kann man das Problem nicht lösen."

Aufgrund von regionalen Kapazitätsengpässen in Kliniken sind laut RKI bereits mindestens 93 COVID-Patienten nach dem sogenannten Kleeblatt-Prinzip über Bundeslandgrenzen hinaus verlegt worden.

Der Virologe Christian Drosten warnte davor, davon auszugehen, dass die Krankheit bei einer Infektion mit Omikron - wie in einigen Ländern beobachtet - auch in Deutschland milder verlaufen werde. Die Immunsituation sei "in jedem Land ein bisschen unterschiedlich", sagte er in den ARD-Tagesthemen. Ihm mache in diesem Zusammenhang Sorgen, dass in Deutschland relativ viele Menschen weder geimpft noch genesen seien. Und diese Gruppen könnten nach bisherigen Erkenntnissen über Omikron besonders anfällig für schwere Verläufe sein.

Die höchste Sieben-Tage-Inzidenz haben laut RKI weiterhin die Zehn- bis 14-Jährigen mit 1.020 gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, gefolgt von den Fünf- bis Neunjährigen mit 951. Schüler werden jedoch auch besonders häufig getestet. Die berechnete Zahl der Klinikaufnahmen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen sei insbesondere bei den Menschen ab 60 Jahren in den vergangenen sechs Wochen stark gestiegen.

RKI rät allen, größere Veranstaltungen zu meiden

Die aktuelle Entwicklung sei weiter "sehr besorgniserregend", heißt es in dem RKI-Bericht. "Nur durch eine Intensivierung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen und rasche Erhöhung der Impfraten kann die Situation verbessert werden."

Das RKI rät - auch Geimpften und Genesenen - dringend dazu, größere Veranstaltungen und enge Kontaktsituationen, wie etwa Tanzveranstaltungen oder Weihnachtsfeiern, möglichst abzusagen oder zu meiden. "Eine maximale Reduktion der Übertragungsraten ist auch notwendig, um die zu erwartende Ausbreitung der Omikron-Variante zu verlangsamen."

Grundsätzlich sollten laut RKI alle Menschen nicht notwendige Kontakte reduzieren und Reisen vermeiden. "Insbesondere vor Kontakt zu besonders gefährdeten Personen sollte ein vollständiger Impfschutz vorliegen und ein Test gemacht werden." (pak/dpa)

Wegen Omikron: Drosten dämpft Hoffnungen auf Ende der Pandemie im Frühjahr

Die neue Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich derzeit weltweit aus. Daher geht der Virologe Christian Drosten davon aus, dass sich dei Pandemie noch länger hinziehen könnte. Zudem erwartet Drosten, dass die Variante eine Anpassung der vorhandenen Impfstoffe nötig machen werde.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.