E-Auto-Förderung funktioniert nicht beim Käufer, sondern bei der Wirtschaft. Das kommt am Ende auch dem Kunden zugute, denkt sich Digital-Chefredakteur Gerd Stegmaier.

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Die plötzliche Einstellung der E-Auto-Förderung vergangene Weihnachten hat die Verkaufszahlen wie befürchtet in den Keller rauschen lassen. Erste Bremsspuren tauchen bereits in den Bilanzen deutscher Hersteller auf: So meldet VW eine Produktionsdrosselung am teuren Standort Deutschland, weil die Umsatzrendite in den Keller rauscht – allerdings wohl nicht nur wegen des sinkenden E-Auto-Absatzes hierzulande. Aber selbst bei Porsche lahmt der E-Auto-Absatz und BMW meldet schlechte Halbjahreszahlen. Die Frage ist aber: Hat für den schwindenden E-Auto-Anteil bei den Neuzulassungen wirklich das Ende der Förderung oder ihre Plötzlichkeit gesorgt? Und vor allem: Wie nachhaltig ist eine künstliche Verbilligung?

Förderung des Kaufs ist fragwürdig

Die zum Jahreswechsel ausgelaufene Umweltprämie sorgte für einen Rabatt von bis zu 9.570 Euro. Davon kamen 6.000 Euro plus 570 Euro eingesparte Mehrwertsteuer vom Staat. Eine soziale Komponente hatte die Förderung nicht – sprich: Die Wahrscheinlichkeit, dass man Käufer subventioniert, die es weniger brauchen als Nicht-Käufer, für die der reale Kaufpreis trotz Förderung zu teuer blieb, ist hoch. Nach Wegfall der Prämie wurden zudem viele E-Autos kaum teurer, was nahe legt, dass die Förderung zu einem beträchtlichen Teil den Herstellern zugutekam. Für die Autoindustrie war das also eine Förderung, die wenig fordert – bzw. eine, die ausgleicht, dass Europas Hersteller nicht in der Lage sind, E-Autos zu konkurrenzfähigen Preisen zu bauen. Dafür gab's die Förderung für alle Hersteller, auch für Importeure aus China, die man jetzt mit Strafzöllen belegt, was manche E-Autos deutlich verteuern dürfte.

Klar, im Sinne der Förderung von Elektromobilität könnte egal sein, woher ein E-Auto kommt. Aber schon für die Nachhaltigkeit ist das keineswegs egal: Die energieintensive Produktion von Akkus geschieht in China vielerorts mit Kohlestrom – das macht den CO₂-Rucksack entsprechend größer. Leider kommen momentan auch die meisten Batterien in E-Autos deutscher Hersteller aus China.

Gezielte Wirtschaftsförderung hat nichts mit Subventionen zu tun

Damit liegt auf der Hand, dass es in Europa an der Fähigkeit fehlt, Batterien zu bauen. Ja, EU und Bundesregierung fördern den Bau von Batterie-Fabriken. Aber zu halbherzig und ohne den Blick auf das große Ganze strategischer Wirtschaftspolitik. Mit der uns China überholt hat. Da kann die EU noch so laut über unfaire Subventionen zetern – das fällt letztlich auf sie zurück: Die EU hat versucht, die Antriebswende durch Vorgaben politisch herbeizuregulieren, statt sie durch eine konzertierte Wirtschaftsstrategie einzuleiten.

Wie das anders geht, zeigt ausgerechnet die Türkei, die sich in gut 20 Jahren unter Recep Tayyip Erdoğan so entwickelt hat, dass man sie allmählich wie China als Partner und systemischen Rivalen bezeichnen kann. Und mit einem neuen Förderprogramm sucht sie sich zum wirtschaftlichen Wettbewerber auch bei Elektroautos zu machen: Ende Juli kündigte Erdogan fünf Milliarden US-Dollar Investitionen in die Produktion von E-Fahrzeugen und 4,5 Milliarden Dollar für die Batteriefertigung an. Damit "wollen wir zu einer regionalen Produktionsbasis werden, indem wir bis 2030 eine Kapazität von 80 Gigawattstunden aufbauen", zitiert Reuters den türkischen Präsidenten. Mit dem Hersteller Togg hat die Türkei zudem bereits einen heimischen Hersteller von E-Autos (Bilder vom Werksbesuch in der Galerie).

Insgesamt kündigte Erdogan sogar 30 Milliarden Dollar (27, 6 Milliarden Euro) für zukunftsträchtige Technologie-Bereiche an und will damit weitere 20 Milliarden an privatem Kapital anlocken. BYDs Zusage, eine Produktionsanlage im Wert von einer Milliarde Dollar in der Türkei bauen zu wollen, rechnet er da schon dazu. Das Werk soll Ende 2026 in Betrieb gehen und 150.000 Fahrzeuge im Jahr bauen können. Es ist nach Ungarn die zweite Fabrik des chinesischen Herstellers, mit der er Autos für Europa an Schutzzöllen vorbei verkaufen könnte. Ein chinesisches Werk im eigenen Land scheint Erdogan nicht zu schrecken.

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Aber auch die USA ziehen Investitionen aus anderen Ländern an: Der Inflation Reduction Act macht fast 400 Milliarden Dollar für Investitionen in den Bereichen Energie, Industrie, Umwelt und Elektromobilität locker. Das Gesetzespaket verspricht unter anderem die Förderung von Elektroautos. Um davon profitieren zu können, müssen die Elektroautos aber in Nordamerika gebaut werden. Das stellt selbst die einheimischen Hersteller vor Herausforderungen und Elektroautos made in Germany erhalten keine Förderung – die USA machen aus der Notwendigkeit von Investitionen in grüne Technologien eine Tugend und sorgen dafür, dass das Geld der heimischen Volkswirtschaft zugutekommt.   © auto motor und sport

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