Fünf Jahre liegt der Beginn der Corona-Pandemie bereits zurück. Weltweit leiden viele Menschen seither unter Post-Covid. Die Diagnose gestaltet sich als schwierig, doch ein Mainzer Professor will nun einen Test entwickelt haben, der helfen soll.

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Viele Menschen leiden seit Jahren unter Post-Covid, doch der Weg bis zur Diagnose ist in der Regel lang. Unter Leitung des Epidemiologen Professor Philipp Wild hat die Mainzer Universitätsklinik einen Test entwickelt, mit dem Hausärzte künftig feststellen können, ob die Beschwerden ihrer Patienten wirklich auf Post-Covid zurückzuführen sind oder andere Ursachen haben.

Mithilfe einer selbst entwickelten App will Wilds Team zudem den Krankheitsverlauf Betroffener systematischer erfassen und auswerten, wie der Leiter der Abteilungen Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention sowie Klinische Epidemiologie und Systemmedizin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur erläuterte.

Die Wissenschaftler haben auch ein Surveillance-System (systematische Erhebung und Erfassung) entwickelt und erprobt, mit dem sie in einer neuen Pandemie zuverlässig feststellen können, wie es den Menschen gesundheitlich, aber auch in ihrer Lebenssituation unter Schutzmaßnahmen geht. Ein Überblick:

Vermutlich hohe Dunkelziffer von Post-Covid-Patienten

Wie viele Betroffene von Post-Covid es letztlich gibt, ist schwer zu sagen, denn die Dunkelziffer sei sicher hoch, sagte Wild. "Denn längst nicht jeder bringt seine Symptome mit einer Covid-Infektion in Zusammenhang."

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Beispielsweise haben allein in Rheinland-Pfalz in den ersten knapp 1,5 Jahren fast 2.600 Menschen Hilfe in den Post-Covid-Ambulanzen gesucht, wie das Gesundheitsministerium berichtet. "Die Ambulanzen sind insbesondere gedacht für komplexe Post-Covid-Fälle, die mit einem hohen Koordinationsaufwand einhergehen", sagt Ministeriumssprecherin Susanne Gellweiler. "Sie sollen und können nicht die komplette Versorgung von Post-Covid-Patientinnen und Patienten übernehmen."

Welche Symptome sind typisch für Post-Covid?

Wenn die Symptome drei Monate nach einer Infektion noch anhalten, spricht man nach Definition der WHO von Post-Covid. Viele Beschwerden besserten sich ein bis zwei Jahre nach der Infektion deutlich, sagte Wild.

Chronische Fatigue (anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung), Geruchs- und Geschmacksstörungen sowie eine Belastungsmalaise (Verschlechterung der Symptome nach nur geringer Belastung) sind nach Darstellung von Wild besonders häufige und klassische Symptome. Aber auch anhaltende Vergesslichkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Schwindel und Atemnot könnten auf Post-Covid hinweisen.

Neu entwickelte Tests geben Sicherheit für die Diagnostik

"Die Eiweißmuster im Blut unterscheiden sich bei Menschen mit und ohne Post-Covid-Syndrom und in Abhängigkeit vom jeweiligen Beschwerdebild oder Symptomprofil", sagte Wild. "Das gibt uns Hoffnung, die Mechanismen besser verstehen zu können und damit möglicherweise Ansatzpunkte für Therapien zu finden."

Für Hausärzte wurde von der Forschungsgruppe ein Test entwickelt, der allein auf dem Beschwerdeprofil der Betroffenen basiert und daher einfach und schnell im Praxisalltag angewendet werden kann, wie Wild sagte. Bei 99 Prozent der Patienten mit Post-Covid sei dieser Test positiv - "leider zu einem Teil auch bei nicht durch Post-Covid kranken Menschen". Damit könne aber bei einem negativen Test praktisch ausgeschlossen werden, dass die Beschwerden durch Post-Covid bedingt seien. "Das ist hilfreich für die weitere Diagnostik."

Mediziner wollen Therapie- und Heilverläufe sammeln und analysieren

Die Mediziner erfassen in einem anderen Projekt die Verläufe von Post-Covid-Erkrankungen. Zur wöchentlichen Befragung der Patienten soll von Mai an eine App eingesetzt werden. Sie soll sicherstellen, dass sich die Betroffenen an möglichst viel erinnern und das auch dokumentieren, damit die Erfassung der Beschwerden systematischer und genauer wird. Denn häufig erinnerten sich Patienten beim Arzt nicht mehr so genau daran, wie es ihnen im Verlauf der letzten Wochen erging, berichtete Wild.

Die Mediziner wollen in dem von der Landesregierung Rheinland-Pfalz geförderten Projekt genau erfahren, ob eine Therapie hilft, ob bestimmte Gruppen besonders von bestimmten Therapieformen profitierten. Es gehe auch darum, Unterschiede zwischen Männern und Frauen und verschiedenen Altersgruppen zu berücksichtigen. Begleiterkrankungen oder die Interaktionen verschiedener Medikamente könnten so auch besser erfasst werden. Denn manche Therapie sei sehr eingreifend, wie etwa die Gabe von Gerinnungshemmern für das Blut oder von Immunsuppressiva.

"Die Verlierer der Corona-Pandemie waren in unserer Gesellschaft vornehmlich klar die sozial schwächer gestellten Menschen."

Epidemologe Philipp Wild

Die Schutzmaßnahmen und Regeln in der Corona-Pandemie hätten einige Menschen als positiv und andere als negativ erlebt, erinnert Wild. So seien manche Familien enger zusammengerückt, die Kinder seien selbstständiger geworden und seien näher ans Digitale gerückt.

Andere hätten in engen Räumen nicht nur ein höheres Infektionsrisiko, sondern auch deutlich höhere psychosoziale Belastungen erlebt. "Die Verlierer der Corona-Pandemie waren in unserer Gesellschaft vornehmlich klar die sozial schwächer gestellten Menschen."

"Surveillance-System" soll im Falle einer neuen Pandemie helfen

Manch alter Mensch sei vereinsamt, andere hätten vermehrte Online-Anrufe der Familie und Fürsorge aus der Nachbarschaft als positiv erlebt.

Impfskeptiker seien längst nicht immer Verschwörungsanhänger gewesen, und manche Menschen hätten aus irrationalen Ängsten auf wichtige medizinische Untersuchungen und Behandlungen verzichtet - mit negativen Folgen für ihre Gesundheit, erinnerte Wild.

Um in einer neuen Pandemie herauszufinden, wie es den Leuten wirklich geht, kann das Team um Professor Wild auf ein von ihm in Rheinland-Pfalz erprobtes digitales Surveillance-System zurückgreifen. Denn damit konnte erfasst werden, wie Menschen mit den gegen das Coronavirus verhängten Schutzmaßnahmen zurechtkamen, was sie gesundheitlich und auch psychosozial für ihr Wohlbefinden brauchten. (dpa/bearbeitet von mak)