Vor rund 60 Jahren brach in Bolivien eine tödliche Seuche aus. "Schwarzer Typhus" wurde die Krankheit genannt, in Anspielung an die Blutungen, an denen die Erkrankten litten. Schon bald fanden Forscher die Ursache für die Erkrankung: das Machupo-Virus.

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1962 brach im Dorf San Joaquín im Norden Boliviens eine Seuche aus: 637 Menschen erkrankten an Fieber, 113 von ihnen starben innerhalb kurzer Zeit. In der Bevölkerung machte sich Panik breit, "schwarzer Typhus" nannten sie die Krankheit, weil die Erkrankten an Blutungen und starken Schmerzen litten.

Schon wenige Monate später fand ein US-Forscherteam die Ursache für die mysteriöse Fiebererkrankung: das Machupo-Virus. Doch eine Impfung gibt es bis heute nicht.

Was ist das Machupo-Virus?

Das Machupo-Virus (MACV) gehört wie das Junin- und das Lassa-Virus zur Gattung der Mammarena-Viren. Wie seine Verwandten löst es beim Menschen eine potenziell tödliche Fiebererkrankung aus, das Bolivianische Hämorrhagische Fieber (BHV).

Ein bis zwei Wochen nach der Infektion mit MACV treten die ersten Symptome auf. Sie ähneln denen einer Grippe oder Malaria-Infektion: Die Patientinnen und Patienten leiden zunächst an akutem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Im weiteren Krankheitsverlauf kann es zur Ausprägung der sogenannten hämorrhagischen Phase mit Rötungen und Blutungen im Bereich der Haut und Schleimhäute im Mund und Magen-Darm-Trakt kommen.

Bei 30 Prozent der Infizierten treten auch neurologische Komplikationen auf, die von Zittern und Reflexstörungen bis hin zu Krampfanfällen und Koma reichen können. Die Fallsterblichkeit liegt bei 15 bis 35 Prozent, was das Machupo-Virus zu einem der gefährlichsten Viren für den Menschen macht.

Wie wird das Machupo-Virus übertragen?

Beim ersten bekannten Ausbruch in San Joaquín standen zunächst Mücken und Zecken im Verdacht, das Virus zu übertragen. Tatsächlich zirkuliert der Erreger jedoch unter Mäusen der Art Calomys callosus, der großen Vespermaus. Sie ist in den Wäldern und Waldrändern von Bolivien, Brasilien, Paraguay und Nordargentinien beheimatet. Doch nicht alle Mäuse tragen das Virus in sich.

Wie bei vielen anderen viralen hämorrhagischen Fiebererkrankungen ist das Auftreten von BHV regional stark begrenzt. Bislang wurden Infektionen vor allem im Norden und Osten Boliviens dokumentiert. Über 60 Prozent der Vespermäuse, die bei den ersten Ausbrüchen in San Joaquín gefangen wurden, waren mit MACV infiziert. Die Tiere selbst erkranken nicht an dem Virus, geben es aber über ihre Exkremente an die Umwelt weiter.

Was sind hämorrhagische Fiebererkrankungen?

  • Hämorrhagisch bedeutet laut Duden "zu Blutungen führend" oder "mit Blutungen zusammenhängend". Hämorrhagische Fiebererkrankungen sind dementsprechend Erkrankungen, die mit Blutungen einhergehen.

Dem Ausbruch in den 1960er-Jahren ging ein starker Anstieg der Mäusepopulation voraus: Extreme Trockenheit und der großzügige Einsatz des giftigen Insektenschutzmittels DDT führten zu einem Katzensterben in der Region, wodurch sich die Nagetiere dramatisch vermehren konnten - und mit ihnen das Virus.

Durch die Ausweitung der Landwirtschaft und damit verbundene Waldrodungen verlieren die Mäuse zunehmend ihren natürlichen Lebensraum. Die Tiere drängen vermehrt vom Land in die Städte, wodurch das Risiko steigt, dass das Virus von Maus zu Mensch überspringt.

Durch den direkten und indirekten Kontakt mit den Ausscheidungen, etwa durch kontaminierte Lebensmittel, können sich Menschen mit dem Virus anstecken. Als häufigster Übertragungsweg gilt das Einatmen von kontaminierten Staubpartikeln oder Aerosolen. Auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung über Körperflüssigkeiten wie Blut oder Speichel ist möglich, gilt aber als selten.

Wie wird eine MACV-Infektion behandelt?

Die konsequente Bekämpfung von Mäusen in den betroffenen Gebieten führte dazu, dass die Krankheit für viele Jahre verschwand. In den 1990er-Jahren traten jedoch erneut Fälle auf, zunächst auf Bauernhöfen, dann in den Dörfern und Städten der Region.

Immer wieder kam es im Norden und Osten Bolivien danach zu Ausbrüchen, insbesondere während der Trockenzeit von April bis September, wenn auf den Feldern landwirtschaftlicher Hochbetrieb herrscht.

Spezifische Medikamente oder eine Impfung gegen das Machupo-Virus gibt es nicht, weshalb MACV von den USA als großes Risiko für die öffentliche Gesundheit eingestuft wird. Die Patientinnen und Patienten können ausschließlich symptomatisch behandelt werden, etwa durch Gabe von Schmerzmitteln und Infusionen. Wie auch andere Viren der Familie der Arena-Viren reagiert MACV auf intravenöse Gabe von Ribavirin, einem antiviralen Medikament.

Könnte sich das Machupo-Virus über Bolivien hinaus ausbreiten?

Das Machupo-Virus ist eng an das Vorkommen der Vespermaus geknüpft. Eine Ausbreitung in Gebiete, in denen die Wirtsmaus nicht heimisch ist, ist daher unwahrscheinlich. In Südamerika könnte sich das Virus auf Mäusepopulationen in anderen Regionen ausbreiten, doch das ist seit den 1960er-Jahren offenbar nicht in großem Umfang geschehen. Bislang sind Fälle von BHF nur lokal begrenzt aufgetreten.

Da die Infektion bei Mäusen chronisch verläuft und ihre Vitalität und Lebenserwartung dadurch nicht eingeschränkt wird, besteht kein Selektionsdruck auf das Virus. Ohne Selektionsdruck ist nach Ansicht von Experten nicht zu erwarten, dass Mutationen oder Resistenzmutationen auftreten und es sich auf andere Arten ausbreitet.

Grundsätzlich besteht immer die Möglichkeit von importierten Fällen aus einem Endemiegebiet, bislang wurde allerdings keine MACV-Infektion in Europa registriert. Schon der Verdacht auf eine Machupo-Virus-Infektion ist in Deutschland nach § 6 des Infektionsschutzgesetzes meldepflichtig.

Wie hoch ist das Risiko, sich bei Reisen nach Bolivien mit dem Machupo-Virus zu infizieren?

Das Risiko, sich bei Reisen in die betroffenen Endemiegebiete zu infizieren, gilt als gering. Es empfiehlt sich dennoch, einige Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Vermeiden Sie den Kontakt mit Nagetieren und deren Ausscheidungen. Sie sollten nicht in Bereichen schlafen, in denen Nagetiere vorkommen, wie zum Beispiel in alten Gebäuden, Scheunen oder auf Feldern.

Achten Sie auf gute Hygiene und waschen Sie sich regelmäßig die Hände mit Wasser und Seife. Vermeiden Sie den Kontakt mit Körperflüssigkeiten von Tieren und anderer Menschen und den Verzehr roher Feldfrüchte. Vor Reiseantritt in ein Endemiegebiet können Sie sich von einem Arzt oder Reisemediziner beraten lassen, um das individuelle Risiko abzuschätzen.

Verwendete Quellen

  • Buch "Hunter's Tropical Medicine and Emerging Infectious Disease" (9. Auflage), 2013
  • Buch "Perspectives in Medical Virology" (Volume 11), 2005
  • Pschyrembel Online: "Machupo-Virus (MACV)"
  • Stanford University: "Arenaviridae: Machupo"
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