Ein Förster hat in einem Eichenwald in Unterfranken eine besondere Entdeckung gemacht. Er kam einem fast ausgestorbenen Waldbewohner auf die Schliche: dem heimischen Heldbock. Laut der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft ist der Fund "eine Sensation".

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Förster Reiner Seufert streift durch einen Eichenwald in Unterfranken, als er etwas Ungewöhnliches bemerkt: riesige Löcher im Eichenholz. Das Mitglied der Vorstandschaft der Waldkörperschaft Gehaid hat gleich eine Vermutung. Denn solche "Mordslöcher" können nur von einem nahezu ausgestorbenen Waldbewohner stammen.

Seufert, der frühere Revierleiter der Bayerischen Forstverwaltung, will seinen Verdacht also überprüfen und sucht weiter. Im Holz findet er eine frisch abgestorbene, verpuppte Larve. Eine DNA-Analyse bestätigt seinen Verdacht: Es ist ein heimischer Heldbock.

Heldbock ist wertvolle und nahezu ausgestorbene Art

Der heimische Heldbock, in Fachkreisen Cerambyx cerdo genannt, ist vom Aussterben bedroht und streng geschützt. Die Art kommt in Deutschland kaum und sehr kleinflächig vor. In Nordrhein-Westfalen etwa liegen nach 1990 gerade einmal zwei indirekte Nachweise – Fraßspuren und eine Flügeldecke – vor. Laut der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), die die DNA-Analyse veranlasst hatte, ist die Art in Bayern seit rund 70 Jahren nur noch im Luisenhain in Bamberg anzutreffen. Ansiedlungsversuche in anderen Gebieten Bayerns seien missglückt.

"Der geglückte Nachweis zeigt einmal mehr, welchen hohen Wert gerade unsere heimischen Eichenwälder für die Biodiversität besitzen."

Peter Pröbstle, Präsident der LWF

Dass nun ein heimischer Heldbock in einem Eichen-Mittelwald der Waldkörperschaft Gehaid in Unterspiesheim/Gemeinde Kolitzheim zufällig gefunden wurde, ist laut der LWF eine "absolute Besonderheit" und eine "Sensation". "Der geglückte Nachweis zeigt einmal mehr, welchen hohen Wert gerade unsere heimischen Eichenwälder für die Biodiversität besitzen", wird Peter Pröbstle, Präsident der LWF in einer Mitteilung zitiert.

Der heimische Heldbock wird auch "Großer Spießbock" oder "Großer Eichenbock" genannt. Er zählt zu den größten heimischen Käfern: Die braunschwarze Art wird bis zu 53 Millimeter groß, die Fühler sind rund 110 Millimeter lang. Die Flügel des Käfers sind rotbraun. Drei bis fünf Jahre entwickeln sich die Larven des Heldbocks – meistens im Holz alter, starker Eichen –, bis sie zu Käfern werden. Da die Käferart an alte dickstämmige Eichen an warmen Standorten gebunden ist, gilt sie auch als "Urwaldrelikt", wie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen berichtet.

Dieses "Urwaldrelikt" anzutreffen, ist nicht nur wegen der wenigen Vorkommen unwahrscheinlich. Die Käfer sind zwar von Mitte Mai bis August aktiv, allerdings vor allem in den Abendstunden. Tagsüber leben sie im Verborgenen unter Laub oder trockener Rinde.

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Erhaltungsmaßnahmen sollen Heldbock geeigneten Lebensraum schaffen

Damit so "naturschutzfachlich wertvolle Arten" wie der heimische Heldbock weiterhin einen Lebensraum hätten, sei eine integrative Waldbewirtschaftung besonders wichtig, sagt Stephan Thierfelder, Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Schweinfurt. Gemeinsam mit der Waldkörperschaft Gehaid erarbeitet das AELF Schweinfurt Maßnahmen, um die Art zu erhalten.

Laut Thierfelder stellt der Heldbock, der zu den Bockkäfern zählt, eine Bereicherung der Biodiversität in Eichenwäldern dar - er sei "sozusagen eine 'Flaggschiff-Art'". Deshalb ist er auch nicht mit den als zerstörerisch geltenden Borkenkäfern zu vergleichen. Diese hätten nämlich im Gegensatz zum Heldbock eine große Vermehrungspotenz. "Sie können daher insbesondere Fichtenwälder nach Hitze- und Trockenjahren oder Sturmereignissen großflächig zum Absterben bringen", erklärt Thierfelder.

Die LWF kündigt zudem an, künftig das neue Vorkommen des Heldbocks in Bayern zu beobachten und dieses zu dokumentieren. Ein Bericht über den Zustand des Heldbocks werde alle sechs Jahre an die Europäische Kommission übermittelt.

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