- Die aktuellen Corona-Verordnungen von Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen würden es Supermärkten erlauben, Ungeimpften den Zutritt zu verwehren.
- Eine Umfrage unserer Redaktion bei Aldi, Rewe, Edeka und Co. zeigt jedoch: Im Lebensmitteleinzelhandel wird das sogenannte 2G-Optionsmodell nicht umgesetzt.
- Die Landesregierungen gehen auch nicht davon aus, dass in der Zukunft davon Gebrauch gemacht wird.
Was in vielen Clubs und Diskotheken sowie einigen Restaurants schon seit Wochen bundesweit Normalität ist, könnte bald auch in Supermärkten eingeführt werden: Zugang nur noch für Geimpfte und Genesene - kurz: 2G.
Die Bundesländer Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen haben in der vergangenen Woche das sogenannte 2G-Optionsmodell auf den gesamten Einzelhandel ausgeweitet, weitere Bundesländer könnten folgen.
Wir erklären, was das konkret heißt, wie die großen Lebensmittel-Einzelhandelsketten mit der Möglichkeit umgehen und was Kritiker sagen.
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In diesen Bundesländern können Supermärkte die 2G-Regel einführen
Am vergangenen Dienstag hatte Hessen als erstes Bundesland erklärt, das 2G-Optionsmodell auf den gesamten Einzelhandel auszuweiten, also auch auf den Lebensmittel-Einzelhandel. Betreiber im Kultur-, Gastronomie- und Veranstaltungsbereich konnten bereits vorher die 2G-Regel anwenden. Jeder Händler darf seitdem auf freiwilliger Basis entscheiden, ob er in seine Räumlichkeiten oder Läden nur Geimpfte oder Genesene lässt. Wer das tut, darf auf die Abstands- und Maskenpflicht verzichten.
Baden-Württemberg und Niedersachsen folgten am Freitag. "Mit dem 2G-Optionsmodell ermöglichen wir mehr Freiheiten", wird Gesundheitsminister Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) in einer Pressemitteilung zitiert. Gastronomen, Dienstleister und Kulturveranstalter könnten so individuelle Lösungen finden, "die für sie passen". Lucha setzt auf mehr Eigenverantwortung und will mit dem Modell "ein Zeichen von Normalität" setzen.
Anders als in Hessen und Baden-Württemberg gilt in niedersächsischen Einzelhandelsgeschäften mit dem 2G-Modell weiterhin die Maskenpflicht, wie ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte. Die Landesregierungen der drei Bundesländer erwarten im Übrigen nicht, dass im Bereich der Grundversorgung "in nennenswertem Umfang vom 2G-Optionsmodell Gebrauch gemacht wird", wie es etwa aus Baden-Württemberg heißt.
Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte bereits zum Start der neuen Verordnung gesagt, er gehe davon aus, dass Geschäfte des alltäglichen Bedarfs das Optionsmodell eher nicht nutzen werden.
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Diese Bundesländer lehnen die Option ab
Die Landesregierungen von Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben aktuell einer 2G-Option für Supermärkte eine Absage erteilt. So heißt es etwa in den neuesten Informationen der Berliner Senatskanzlei vom Freitag: "Grundsätzliche Versorgungsbereiche wie der Einzelhandel (...) sind von der 2G-Option ausgenommen".
Die übrigen Bundesländer haben sich bisher nicht positioniert.
Wie die großen Supermarkt-Ketten auf die Möglichkeit zur Einführung von 2G reagieren
Nicht nur Edeka setzt weiter auf das bewährtes Hygienekonzept, zu dem unter anderem die Einhaltung der allgemeinen AHA-Regel (Abstand halten, Hygiene beachten, Alltag mit Maske) gehört. Die 2G-Regelung sei "keine Option", wie eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. Sie betonte: "Wir wollen auch weiterhin allen Menschen den Einkauf bei Edeka ermöglichen."
Ähnlich reagierte auch Rewe. Alle zur Rewe Group gehörenden Filialen, zu der neben den namensgebenden Supermärkten auch Penny gehört, "werden die Möglichkeit des 2G-Optionsmodells nicht nutzen", sagte ein Pressesprecher auf Anfrage unserer Redaktion.
"Zutrittsbeschränkungen zu den Märkten von Aldi Nord und Süd im Sinne einer 2G- oder 3G-Regelung sind derzeit nicht geplant", erklärte auch der Discounter-Riese auf Anfrage. Und weiter: "Einzelne Kundengruppen vom Einkauf auszuschließen, würde grundsätzlich unserem Selbstverständnis des zuverlässigen Grundversorgers widersprechen." Ebenso wenig wollen Kaufland und Real die 2G-Regelung umsetzen, wie Firmensprecher auf Anfrage bestätigten.
Real wies in seiner Antwort an unsere Redaktion zudem darauf hin, dass eine Umsetzung voraussetze, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geimpft oder genesen seien. Das Problem: "Eine geplante 2G-Umsetzung stellt jedoch Stand heute auf Grundlage des geltenden Datenschutzes keinen triftigen Grund dar, Beschäftigte nach ihrem Impfstatus fragen zu dürfen."
Dass die allermeisten Handelsbetriebe das 2G-Modell ablehnen, zeigte auch eine Umfrage des Handelsverbands Hessen von Freitag. Lediglich Unternehmen mit beratungsintensiven Sortimenten – wie Brautmoden- und Fotofachgeschäfte oder Optiker – können sich demnach mehrheitlich vorstellen, nur noch Corona-Geimpfte und Genesene in ihren Läden zu empfangen.
Was Kritiker zu 2G in Supermärkten sagen
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach kritisierte das Vorhaben, wie es bereits in einigen Bundesländern umgesetzt wurde. "Das 2G-Optionsmodell für Supermärkte halte ich für falsch", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Lauterbach betonte: "Der Zugang zu Grundnahrungsmitteln und anderen Produkten zur Grundversorgung muss allen Menschen offenstehen, auch Ungeimpften." In anderen Geschäften hingegen hält der SPD-Politiker 2G für "sinnvoll".
Scharfe Kritik an 2G in Supermärkten kam auch aus der FDP und der Linkspartei. "Menschen von der Grundversorgung abzuschneiden, ist menschenrechtsmissachtend", schrieb etwa die FDP-Bundestagsabgeordnete Katja Adler auf Twitter.
Für Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht ist damit eine "neue Stufe des indirekten Impfzwangs" erreicht. Aus ihrer Sicht gebe es für einen möglichen Ausschluss von Ungeimpften aus Lebensmittelläden keinen Grund.
Gerade in Läden mit hohen Kundenfrequenzen wie dem Lebensmittelhandel oder in Möbel- oder Bekleidungsgeschäften ergebe eine 3G- oder 2G-Regelung keinen Sinn, sagte auch der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Kontrolle der Impfpässe und der Tests würde bei diesen Branchen zu langen Schlangen vor den Geschäften führen." Warteschlangen seien jedoch aus Pandemie-Gründen unbedingt zu vermeiden. Der HDE-Chef fürchtet dem Bericht zufolge zudem Umsatzeinbußen durch Beschränkungen.
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