Zucker steckt in sehr vielen Lebensmitteln. Weil die Natur das für eine gute Idee hielt, vor allem aber, weil es die Nahrungsmittelindustrie für eine gute Idee hält. Im dritten Teil seiner "Kompass"-Reihe geht TV-Koch Nelson Müller am Dienstagabend auf Zucker-Suche und erklärt, wie man trotz und mit Zucker gut leben kann.
Saccharose, Glucose, Fructose, Isoglucose, Mannose, Melezitose, Maltose, Lactose, Raffinose, Rhamnose, Trehalose – Zucker, Chemiker wissen das, hat viele Namen. Und er kommt in vielerlei Gestalt daher: in Obst, Alkohol oder Brot, als Würfelzucker oder Kandis, in Ketchup oder der Fertigpizza. Man muss schon sehr genau hinsehen, wenn man Zucker bei der Ernährung vermeiden möchte.
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Worum geht es?
"Ich gebe Ihnen Orientierung in meinem 'Zucker-Kompass'. Ich zeige Ihnen, warum wir einfach nicht die Finger vom Zucker lassen können. Wie die Industrie das ausnutzt und warum Zucker trotzdem wichtig für uns alle ist", gibt Nelson Müller sein Ziel vor.
Wie macht Nelson Müller das?
Auf ganz unterschiedliche Weise. Im Film von Teresa Lonnemann besucht Müller eine Pralinen-Boutique in Brüssel und sieht sich an, wie Pralinen gemacht werden. Dort erklärt der Patissier Jean Paul Fournier, welche Funktionen Zucker hat. In Essen macht Müller ein Quiz, um den Kandidaten zu zeigen, wie viel Zucker eigentlich in welchem Getränk steckt.
Bei einem der führenden Zuckerproduzenten Deutschlands lässt sich Müller erklären, warum Zucker so billig ist und bei einem Zuckerrübenbauern, welche Folgen das für ihn hat. Dazu führt ein Ökotoxikologe aus, welch schlimmen Folgen der Pestizid-Einsatz beim Zuckerrübenanbau für die Tier- und Pflanzenwelt – und damit schlussendlich auch für den Menschen hat.
Mit einer "Testfamilie" zeigt Müller, mit welchen Tricks die Lebensmittelindustrie zum Zuckerkonsum verführt, ein Experte von Foodwatch erklärt die Hintergründe. In den Niederlanden besucht Müller ein Unternehmen, das zuckerreduziertes Eis produziert. Angereichert werden diese Themenblöcke mit Zusatzinformationen durch die Off-Sprecherin.
Was sind die Informationen aus der Sendung?
- 70 % aller verarbeiteten Lebensmittel, die wir im Supermarkt kaufen können, enthalten zugesetzten Zucker.
- Im Detail: In einer Packung Müsli stecken 40 Stück Würfelzucker, 3 in einem Glas Pesto, 7 in einem Fruchtjoghurt und sogar 11 in einer Fertigpizza. Zucker steckt also nicht nur in Süßigkeiten.
- Warum wir Zucker essen: Die Süße signalisiert dem Körper, dass er hier Energie bekommt; Menschen haben gelernt, dass bittere Nahrung oft gefährlich ist, Süßes ist dagegen meist ungiftig; Zucker aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn des Menschen, das dann Glückshormone ausschüttet.
- Das sind alles auch Gründe, warum es so schwer ist, mit dem Naschen aufzuhören.
- Seit Ende der 1960er Jahre hat der Zuckerkonsum so zugenommen, dass er für unsere Gesundheit zum Problem wird.
- Aktuell nehmen wir 100 Gramm Zucker pro Tag zu uns, empfohlen sind lediglich 50 Gramm.
- Das liegt auch daran, dass Zucker auch in Lebensmitteln ist, in denen wir ihn nicht erwarten: "Es ist immer einfach, zu sagen: Verbraucherinnen und Verbraucher können selber bestimmen, was sie essen. Aber das ist nur bedingt so, denn wenn ich ein riesiges Angebot an fertigen Produkten im Supermarkt habe und die alle einen besonders hohen Zuckergehalt haben, dann kann ich es eigentlich nicht selber bestimmen", erklärt Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin.
- Getränke enthalten oft enorm viel Zucker, dabei haben Fruchtsäfte zu Unrecht ein gutes Image: Multivitaminsaft enthält beispielsweise pro 100 Gramm 10,8g Zucker, Traubensaft 19g, Rhabarbernektar 10g, Cola 9,7g und Orangenlimonade 7,6g.
- Nektar darf bis zu 20 Prozent Zucker zugesetzt werden.
- Für Zuckerzusatz gibt es drei Gründe: 1. Zucker ist ein "Aroma-Verstärker", 2. Zucker macht Lebensmittel haltbarer und 3. "Zucker ist einfach unfassbar billig".
- Eine Tüte Gummibärchen oder eine Tafel Milchschokolade bestehen zu etwa 50 Prozent aus Zucker.
- Der Weltmarktpreis, an dem sich auch deutsche Produzenten orientieren, sinkt immer weiter. Den Preisdruck geben die Produzenten an die Bauern weiter, mit Folgen für die Bauern und die Umwelt.
- Denn um den Ertrag zu steigern, wurden zum Beispiel bereits verbotene Pestizide wieder zugelassen. "Es ist illusorisch, zu glauben, dass wenn man flächendeckend, über Hunderte von Metern die Schadorganismen abtötet, dann drei Meter weiter, also in den Randstreifen, in den Gewässern und dergleichen mehr, dass man dort dann keine Pestizidbelastung hat", erklärt Ökotoxikologe Prof. Matthias Liess.
- Pestizide gelangen auch in andere Gewässer wie Flüsse und schädigen dort Wasserlebewesen – "selbst bei niedrigen Konzentrationen".
- Die Lebensmittelindustrie fördert mit Tricks den Konsum von Zucker. Dabei werden die zuckerhaltigen Produkte so vermarktet, als seien sie empfehlenswerte Mahlzeiten. Gleichzeitig wird mit beliebten Comicfiguren und in Kinderaugenhöhe geworben.
- Das Problem: Durch den Zuckerkonsum in der Kindheit werden Geschmackserfahrungen geprägt und der Grundstein für lebenslangen Zuckerkonsum gelegt – mit den möglichen gesundheitlichen Folgen wie Karies oder Diabetes.
- Light- oder Zero-Produkte mit Süßungsmitteln sind keine gute Alternative, da sie dem Gehirn kein Sättigungsgefühl vermitteln.
- Besser wäre es, weniger süße Lebensmittel herzustellen und zu essen, um sich an einen weniger süßen Geschmack zu gewöhnen.
- Bei Bio-Lebensmitteln dürfen Süßstoffe überhaupt nicht eingesetzt werden.
- Verbraucher sollten sich nicht von den Bezeichnungen der Zutaten täuschen lassen, sondern immer in die Nährwerttabelle des Produkts gucken, um den tatsächlich insgesamt enthaltenen Zucker zu erkennen.
- Tipp: Obst am besten im Naturzustand und nicht als Smoothie oder Saft zu sich nehmen. So fällt der Blutzuckerspiegel langsamer und Ballaststoffe bleiben erhalten. Also: Obst essen, nicht Obst trinken.
Das Fazit:
Nach dem "Fett-Kompass" und dem "Eiweiß-Kompass" zeigt Nelson Müller auch in seinem "Zucker-Kompass" zum einen wieder grundlegende Informationen, diesmal eben zum Thema Zucker. Zum anderen weitet er seinen Blick auch auf die Folgen des Zuckerkonsums, die erst einmal nichts mit Ernährung zu tun haben, wie etwa die Folgen für die Umwelt. Und zum dritten hat Müller auch hier wieder praktische Tipps, wie ein Leben mit Zucker besser gelingen kann.
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