Zimmerpflanzen machen die eigene Wohnung schöner und zaubern ein bisschen Natur in die Welt, oder? Denkste! Denn grün bedeutet nicht gleich grün. Genauso wenig, wie ein ehemaliger Verfassungsschützer die Verfassung schützt. Erkenntnisse aus der neuesten Ausgabe des "ZDF Magazin Royale".
Es war eigentlich nie eine Frage, ob, sondern nur, wie
Die Sache mit dem Verfassungsschutzschutz
Damals widmete Böhmermann
Nun also ist Maaßen wieder dort und Böhmermann schlachtet die jüngsten Schlagzeilen über Hans-Georg Maaßen aus: "Hans-Georg Maaßen wird vom Verfassungsschutz beobachtet – unter dem letzten Chef wär das nicht passiert." Ein Satz, der im Grunde alles zu dieser Situation sagt. Böhmermann hat danach lediglich das Problem, zum eigentlichen Thema der Sendung überzuleiten und das gelingt ihm nur etwas holprig.
Zimmerpflanzen machen glücklich – nur wen?
"Rechtsextreme muss man inhaltlich entzaubern. Wie Chlamydien. Die muss man einfach machen lassen und dann werden die schon irgendwann selber merken, dass sie nicht erwünscht sind", meint Böhmermann ironisch und verspricht dann: "Inhaltlich entzaubern. Aber noch nicht heute. Heute werden wir sie erstmal inhaltlich verzaubern. […] Das 'ZDF Magazin Royale' wird heute zur ersten rein pflanzlichen Show im deutschen Fernsehen."
Unter dem Hashtag #Pflanzifa stellt Böhmermann vor, was er genau damit meint: "Heute geht es um das mit Abstand Ekelhafteste im Dschungel: Pflanzen. Oder wie wir Urban Achievers sagen: Zimmerpflanzen." Wer bei Zimmerpflanzen nicht sofort an einen Skandal denkt, dem hilft Böhmermann mit ein paar Überschriften aus der Ratgeber-Feel-Good-Ecke wie "Wie uns Zimmerpflanzen glücklich machen", die richtige Fallhöhe für das Kommende zu schaffen.
Unter schlechten Bedingungen produziert
Denn Zimmerpflanzen schaffen es nicht ins "ZDF Magazin Royale", weil sie Menschen glücklich machen. Glücklich machen sie nämlich nur die Menschen, in deren Vasen oder Töpfen sie stehen, nicht aber die, die dafür sorgen, dass sie das tun. "Rosen, die im Februar in unseren Läden stehen, kommen größtenteils aus Kenia oder Äthiopien – und wachsen dort oft unter wenig romantischen Bedingungen heran. Arbeitskräfte sind billig, Arbeitsschutz und Umweltgesetze nicht annähernd so streng wie in Deutschland", zitiert Böhmermann einen Beitrag von "Zeit Online".
Böhmermann zeichnet den Weg nach, warum es überhaupt Zimmerpflanzen in Wohnungen und Häusern gibt und dieser Weg sieht in seiner Kurzform so aus: Kolonialisierung – Ausbeutung der Welt – europäischer Adel ist fasziniert von exotischen Pflanzen – Zimmerpflanzen werden zu Statussymbolen. Böhermanns Fazit: "Wer Pflanzen in der Wohnung hat, äfft Adelige aus dem 18. Jahrhundert nach." Geschmackssache, kann man da einwerfen, aber Böhmermann stört sich ohnehin an anderem. Einen misslungenen Spaß über Gefühle von Pflanzen später, erklärt er auch, woran.
EU-Pflanzenpass verschleiert ursprüngliche Herkunft
Der EU-Pflanzenpass, den jede Zimmerpflanze haben muss, gibt die Herkunft der Pflanze an. Allerdings nur den Ort, "wo die Pflanze zuletzt kultiviert wurde. Die ursprüngliche Herkunft von Exoten wird verschleiert", zitiert Böhmermann die Sendung "planet e". Böhmermanns Schluss einer Recherche: "Unsere Zimmerpflanzen kommen aus der ganzen Welt – eigentlich." Okay, aber wo ist das Problem?
Hier: "Auf dem Rücken der Umwelt und der Niedriglohn-Arbeiter werden dort mithilfe von gefährlichen chemischen Pflanzenschutzmitteln und dem enormen Einsatz von Dünger Stecklinge im Akkord hochgezogen", zitiert Böhmermann aus einem ZDF-Beitrag über die Anbaubedingungen in den eigentlichen Herkunftsländern.
Böhmermann: "Nachhaltigkeitszertifikat von der Branche für die Branche"
Doch auf der Negativ-Liste stehen nicht nur die "miesen" Anbaubedingungen, sondern auch die langen Transportwege und der hohe Energieaufwand bei der Kultivierung in Europa. Außerdem komme die Erde zu einem großen Teil aus Mooren, die wiederum enorme Mengen CO2 binden könnten – steckte deren Torf eben nicht in Töpfen für Zimmerpflanzen. Ein Problem, das auch der Handel erkannt hat – oder doch nicht?
Nicht wirklich, meint Böhmermann, denn die Zertifikate wie etwa das MPS-Zertifikat, mit denen der Handel wirbt, seien in Bezug auf Nachhaltigkeit wenig aussagekräftig: "Das bedeutet, MPS bewertet die Nachhaltigkeit eines Unternehmens im Verhältnis zu anderen Unternehmen. Wenn alle anderen scheiße sind, muss man selber nicht wirklich gut sein, um positiv aufzufallen."
Damit nicht genug. Hinter dem MPS-Zertifikat stecke nämlich die Pflanzen-Branche selbst. "Bei MPS im Vorstand sitzen laut ihrer Website fast nur niederländische Verbände und Organisationen aus der Pflanzenbranche. Ein Nachhaltigkeitszertifikat von der Branche für die Branche", so Böhmermann.
Ein bisschen die Welt retten
Für den einen mögen nicht-nachhaltige Zimmerpflanzen ein vergleichsweise geringes Problem sein, für andere hingegen dürften sie nur ein weiterer Ausdruck dafür sein, wie stark und weitreichend die Selbstzerstörungskräfte der Menschheit sind, wenn sie auch wegen begrünter Wohnzimmer am Ast sägt, auf dem sie sitzt.
In der Tat steht es nicht gut um den Planeten, aber Sendungen wie diese sollen nicht zum Kopf-in-den-Sand-stecken einladen, sondern zum Gegenteil: etwas dagegen zu tun. Und daher ist es mehr als ein netter Service-Gedanke, wenn Böhmermann am Ende zeigt, wie man das Problem mit den Zimmerpflanzen selbst ein wenig lindern kann: Statt eine neue zu kaufen, einfach einen kleinen Ableger ziehen. Manchmal kann es so einfach sein, die Welt ein bisschen zu retten.
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