Kirmes, Dult, Rummel, Volksfest, Jahrmarkt – wenn sich Menschen in Geisterbahnen erschrecken und auf Achterbahnen in den Sitz pressen lassen, dann hat das landauf, landab verschiedene Namen. Beim ZDF heißt das Gerummel am Sonntagmittag hingegen "Fernsehgarten". Denn das ZDF hat sich für die neueste Ausgabe seiner Show das Motto "Kirmes" gesetzt. Klingt nach Spaß, doch spätestens als es nach einer Stunde zum Dosenwerfen geht, will man, dass das alles einfach nur aufhört.

Eine Kritik
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Ein "Kirmes-Fernsehgarten" soll es also an diesem Sonntag werden. Da ist es auf der einen Seite natürlich folgerichtig, dass "Let's Dance"-Berufsgriesgram Joachim Llambi mit einem "Herzlich willkommen beim Kirmes-Fernsehgarten!" eröffnet und dann Moderatorin Andrea Kiewel auf die Bühne bittet. Nicht so folgerichtig ist es, dass das Joachim Llambi und nicht wie sonst der Off-Sprecher macht, aber dazu gleich mehr.

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Erst einmal stimmen Kiewel und Llambi die Zuschauer auf den "Fernsehgarten" mit ein bisschen Tagesaktualität ein und Kiewel erwähnt, dass Bayer Leverkusen am Vortag das DFB-Pokal-Finale gegen Kaiserslautern gewonnen hat. Daraufhin singt Llambi ein Loblied auf die Fans des FCK: "Die Fans waren sensationell von Kaiserlautern." Wer das Spiel gesehen hat, wird sich hingegen vor allem an die Spielunterbrechung erinnern, die durch Raketen und Bengalos aus dem Lautern-Block verursacht wurde. Llambi meint trotzdem über die Fans: "Was die da gestern abgerissen haben im Stadion, war erste Liga."

Aber Kiewel will beim Thema Fußball auch mitreden und bringt das nahende Karriereende von Toni Kroos ins Spiel. "Toni Kroos macht uns zu Europameistern, du wirst es sehen", will sich Kiewel billigen Applaus abholen, aber weder das Publikum noch der Deutsch-Spanier Llambi machen da mit. Zum Glück hat diese Fußball-Episode ein schnelles Ende, denn Kiewel leitet nun zum Kirmes-Motto über. "Die Deutschen lieben Kirmes", zitiert Kiewel aus irgendeiner Umfrage. Das mag stimmen, das, was das ZDF im Folgenden aus dieser Vorliebe macht, aber sicher nicht.

Warum moderiert Joachim Llambi den "ZDF-Fernsehgarten"?

Daran hat die Idee, Joachim Llambi zum Co-Moderator zu erklären, einen gewissen Anteil. Mit Llambi zieht nämlich eine ganze Menge Durcheinander ein. Am Anfang darf Llambi lediglich Kiewel ankündigen, im weiteren Verlauf übernimmt er, ob so gewollt oder nicht, das Moderationskommando. Zumindest rangelt er mit Kiewel darum: "Ich finde, es wird Zeit, …", beginnt Kiewel etwa einen Gedanken, ehe sie von Llambi mit "zum ersten Spiel" unterbrochen wird und man ist sich fast sicher, dass Kiewel den Satz auch alleine zu Ende bekommen hätte.

Das passiert nicht nur einmal, warum das ZDF trotzdem diesen Extra-Euro für Llambi ausgibt, wird aber die ganze Show über nicht ganz klar. Bisher hat Kiewel die Moderation jedenfalls alleine hinbekommen. Vielleicht wollte man ja beim ZDF auch nur sicherstellen, dass Kiewel nicht wieder eine Dusch-Pinkelei-Geschichte aus ihrem Privatleben erzählt, wie vor zwei Wochen. Das hat geklappt, aber diesmal versucht eben Joachim Llambi, mit Fäkalhumor Lacher zu generieren.

Beim ersten Spiel des Nachmittags werden nämlich Lucas Cordalis, Achim Petry sowie Fredi und Martin von der Band Fantasy in ein Fahrgeschäft gesteckt und da soll der Betreiber auf Bitte von Kiewel zeigen, welche Effekte sein Geschäft so drauf hat. Als lediglich ein klägliches "Pfft" ertönt, fragt Kiewel: "Das war alles?" Llambi erkennt darin hingegen "einen kleinen, mittelgroßen Furz". Was haben wir gelacht. Aber immerhin taugt das folgende Spiel als Beispiel dafür, warum der "Fernsehgarten" diesmal als bunte Unterhaltungsshow nicht funktioniert.

Dosenwerfen? Im Fernsehen?

Die Sänger sollen nämlich im rotierenden Fahrgeschäft zu wummernden Kirmes-Beats Fußbälle hin und her schießen. Doch wegen einer unglücklichen Mischung aus schnellen Schnitten, ungünstigen Kamerapositionen und zu viel Rauch kann man als Zuschauer nicht wirklich viel erkennen und hat so keine Ahnung, was passiert oder wer vorne liegt. Am Ende steigt Joachim Llambi bei, zählt Bälle und erklärt eines der beiden Teams zu Siegern. Andrea Kiewel will trotzdem "großes, großes Fernsehen" gesehen haben.

Ähnlich in die Hose geht ein Spiel, bei dem vier Schlager-Promis zum Rätsellösen in ein Spiegelkabinett geschickt werden. "Das ist so lustig", freut sich Llambi und man denkt erst, er meint das Spiel. Aber Llambi fährt fort: "Wenn die so voll gegen die Spiegel hauen." Ein sehr exklusiver Humor, aber die Spielidee scheitert nicht an zerbrochenen Spiegeln oder Platzwunden, sondern daran, dass die Promis die wenigen Regeln nicht kapieren. Richtig schlimm ist das nicht, denn den Tiefpunkt erreichte die Show schon beim Spiel zuvor.

Da hat sich das "Fernsehgarten"-Team nämlich gedacht: Das Motto ist Kirmes – machen wir doch ein Dosenwerfen! Was sich das Team offenbar nicht überlegt hat, ist, dass das Ganze keine Kirmes, sondern Fernsehen ist. Dosenwerfen als TV-Unterhaltung. Darauf muss man erst einmal kommen. Da ändert es auch nichts, dass die Promis Spezialbrillen aufhaben, die das Blickfeld auf den Kopf stellen, denn davon bekommt der Zuschauer ja nichts mit. Am Ende fragt man sich beim Zugucken, ob Augen Kopfschmerzen bekommen können.

"Es ist alles dabei, um Spaß zu haben" – wirklich?

Aber war wirklich alles schlecht? Natürlich nicht. Wer auf modernen Schlager steht, der wird Gefallen gefunden haben an Künstlern wie Daniela Alfinito, Mitch Keller, Laura Wilde, Tanja Lasch oder Anna-Maria Zimmermann. Warum man eine Dame, die die größte Barbie-Sammlung ihr Eigen nennt, zu einem Kirmes-Motto eingeladen hat, ist hingegen nicht so recht zu erklären. Genauso wenig, warum ein bisschen zu oft ein Mikrofon zu viel offen war und damit Leute durcheinander redeten.

"Es ist alles dabei, um Spaß zu haben", versprach Andrea Kiewel zu Beginn und die Zuschauer vor Ort, so macht es den Eindruck, hatten diesen Spaß, tanzen zwischendrin Discofox, grölen und klatschen mit. Ein Vergnügen, auf das man am Fernseher zu Hause verzichten muss. Ein eigener Kirmes-Besuch ist eben immer lustiger, als anderen beim Kirmes-Besuch zugucken zu müssen. Umso erstaunlicher, dass sich die 135 Minuten trotzdem wie auf dem Rummel anfühlen: laut, wild, durcheinander und danach ist einem immer ein bisschen schlecht.

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