Vier Jahre schaffte es "Two And A Half Men" ohne seinen Star Charlie Sheen zu überleben. Der war von 2011 von Produzent Chuck Lorre nach einer öffentlichen Schlammschlacht gefeuert worden. In den letzten beiden Folgen nach zwölf Jahren hofften die Fans der Sitcom nun auf seine Rückkehr und die große Versöhnung. Stattdessen wurden sie Zeuge, was passiert, wenn die Egos zweier zerstrittener Männern Amok laufen.

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Eigentlich stand bei den letzten beiden Folgen von "Two And A Half Men", die ProSieben nun drei Monate nach der US-Premiere ausstrahlte, nur eine Frage im Raum: Wird Charlie Sheen zum Abschluss noch einmal in die Serie zurückkehren? Die Antwort kann man getrost vorneweg geben: Sheen ist nicht dabei.

Über Jahre hinweg hatte ihn die Sitcom zum bestbezahlten Fernsehstar der Welt gemacht, mit bis zu 1,25 Millionen US-Dollar pro Folge. Doch Sheens Unberechenbarkeit, seine Launen und Eskapaden katapultierten ihn aus der Serie. Immer wieder war er wegen Drogen und seinem ausschweifenden Sexleben in den Schlagzeilen. Sein öffentlich ausgetragener Streit mit Produzent Chuck Lorre machte es nicht besser. 2011 musste er sein Bowlingshirt nehmen und die Sitcom verlassen.

Auf Rekordzuschauer folgt das Quotentief

Lorre versuchte danach alles, die Show nicht sterben zu lassen. 2011 kaufte er Mädchenschwarm Ashton Kutcher als Ersatz ein, das komplette Gegenteil Sheens. Einen Saubermann in Hollywood, den er auch in der Serie verkörperte: Walden Schmidt, erfolgreicher Internet-Millionär, schöner, besser, erfolgreicher und mit Öko-Gewissen. Die Neugier der Zuschauer starb bereits nach der ersten Folge: Auf die höchste Quote in der Geschichte der Sendung folgte das Tief. Nur noch die Hälfte der Zuschauer schaltete ein. Bei Sheen revanchierte Lorre sich, indem er sein Serien-Alter-Ego Charlie Harper zu Beginn von Staffel neun sterben ließ. Stolpernd vor einen Zug in Paris, "sein Körper explodiert wie ein ein Fleischballon".

Es muss Chuck Lorre damals irrsinnig geärgert haben, dass seine Erfolgsserie ohne Sheen nicht mehr funktionierte. Auf der Jagd nach den alten Quoten erschien ihm kein Handlungsstrang zu bizarr, um das Zuschauerinteresse neu zu entfachen: eine lesbische Tochter tauchte in der Serie auf, um Sheens Verhalten zu kopieren, Walden Schmidt und Alan Harper (Jon Cryer) heirateten und adoptierten ein schwarzes Kind. Nichts half. Irgendwann musste auch er anerkennen: Charlie Sheen war "Two And A Half Men". Der schwierige Star, der sich im Prinzip in der Serie selbst spielte, machte auch ihren besonderen Reiz aus.

Rachefeldzug gegen Sheen

Doch statt in den letzten beiden Folgen die Arme noch einmal auszubreiten, der Vernünftige unter den Irren zu sein, dem Zuschauer ein versöhnliches Ende zu bereiten, war bei Lorre das Ego offenbar ebenso groß wie bei seinem Widersacher: Er nutzt die letzten vierzig Minuten der Show, um es seinem ehemaligen Hauptdarsteller noch einmal richtig heimzuzahlen. Und zwar nicht der Serienfigur Charlie Harper, sondern Sheen selbst. Sein wirres Internetvideo, in dem er Lorre vor einigen Jahren bedrohte (Stichwort "Tigerblut"), kommt ebenso vor, wie der im Hotelzimmerschrank eingesperrte Pornostar und seine mittlerweile abgesetzte Show "Anger Management" ("Haben Sie schon mal Anger Mangamentent versucht?" "Nein, das hat nicht funktioniert.") Selbst der versammelte Cast der letzten Jahre und die Gaststars Arnold Schwarzenegger und Christian Slater sind sich nicht zu schade, auf ihren Kollegen einzudreschen.

Das alles hätte Sinn ergeben können, wenn Sheen in der letzten Szene tatsächlich noch einmal erschienen wäre. Glaubt man der Boulevardpresse, hatte er sich genau so seinen Abgang aus der Serie vorgestellt: Familienzusammenkunft, nach vierzig Minuten geballter Dresche. Es klingelt an der Tür und Sheen steht davor. Lorre war anderer Ansicht. Er engagierte ein Double, dem nicht Rührseligkeit entgegenschlägt, sondern ein Klavier, das auf ihn herabfällt. Dann zieht sich die Kamera zurück, Lorre sitzt in seinem Regiestuhl. Er dreht sich direkt zum Zuschauer und sagt: "Gewonnen". Dann landet auch ein Klavier auf seinem Kopf. Das Fernsehpublikum bleibt ratlos zurück, nach zwölf Jahren "Two And A Half Men". Statt einem versöhnlichen Ende wird es Zeuge, was passiert, wenn die Egos zweier Männer Amok laufen. Gewinner gibt es dabei nicht. Nur Verlierer.

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