"TV total" ist bekanntlich nicht nur wieder auferstanden, auch die Gags wirken manchmal wie schon mal vergraben. In der jüngsten Ausgabe tanzt Sebastian Pufpaff dann aber nochmal unter der ohnehin schon niedrigen Humor-Limbo-Stange durch. Zum Glück hat er sich für den Schluss doch noch etwas Lustiges aufgehoben.

Christian Vock
Eine Kritik
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Um gleich von Anfang an Missverständnisse zu vermeiden: "TV total" war nie angetreten, um Arte intellektuell vor sich her zu treiben. Die Späße beim einstigen ProSieben-Flaggschiff waren schon immer eher etwas für Humor-Einsteiger. Sehr bildlich, sehr plakativ, etwas, bei dem jeder mitkommt. Das war bei Stefan Raab so und ist beim neuen Moderator Sebastian Pufpaff nicht anders.

Das ist auch überhaupt nicht schlimm, denn Humor ist, wenn man lacht. Ganz ohne nachzudenken. Das kann beim Häschen-Witz genauso passieren wie beim hochintellektuellen Wortspiel. Was man allerdings bei "TV total" bewerten kann, ist, wie viel Mühe man sich gegeben hat, um die Zuschauer zum Lachen zu bringen. Bei "TV total" gibt es ja weder Häschenwitze noch hochintellektuelle Wortspiele, hier ist der Humor aus dem zusammengebaut, was medial so passiert ist.

Mit anderen Worten: Bei "TV total" kommt es darauf an, was man aus dem macht, was andere gesagt, gezeigt oder getan haben. Und das war am Mittwochabend in den besten Fällen Durchschnitt, in den schlechtesten Fällen wirklich schlecht. Irgendwo dazwischen liegt der Einstiegsgag mit Christian Lindner. Nun ist spätestens seit Günther Oettinger bekannt, dass sich auch Politiker mit ihrem Englisch mal ein bisschen mühen und zu diesen Politikern gehört offenbar auch Christian Lindner.

Pubertätshumor bei "TV total"

Der ist zwar sonst nie um ein Wort verlegen, bei seinem jüngsten Antrittsbesuch aber offenbar schon. Jedenfalls ringt der FDP-Vorsitzende in seiner englischsprachigen Rede um Worte. Für Pufpaff und sein Team offenbar skurril genug, um Linders Auftritt anschließend mit augenscheinlichen Fußballfans nachträglich zu bebildern, so dass es aussieht, als raste eine Menge aus, als Linder endlich die richtigen Worte findet. Witze über Fremdsprachenkenntnisse – übertrieben originell ist das nicht. Im Vergleich zu dem, was dann kommen sollte, allerdings schon.

Denn Pufpaff hat am Mittwochabend offenbar Spaß, wenn jemand sprachlich mal daneben liegt. Erstes Opfer ist Nachrichtensprecher Claus-Erich Boetzkes. Sein Vergehen: In der "Tagesschau" nennt er den neuen Bundeskanzler nicht Scholz, sondern Kohl. Was macht Pufpaff daraus? "Ich dachte: Was? Zeitreisen sind doch möglich? Vielleicht lebt mein Tamagochi noch!"

Und weil Frank Plasberg am Montag bei "Hart, aber fair" beim Thema Corona-Schutz und Weihnachtsfeiern die Formulierung nutzt: "Viele machen’s ja auch freiwillig vorsichtig, andere sagen: Da ist jetzt Schluss, unterm Weihnachtsbaum, da mach ich’s mir selbst", kalauert Pufpaff: "Ganz, ganz klassischer Christbaumständer." Bei 12-Jährigen wäre er mit so einem Spruch der König auf dem Schulhof gewesen.

Wie "TV total" aus Robert Habeck einen selbstverliebten Hampelmann macht

Nein, es war wirklich kein besonderes Vergnügen an diesem Mittwochabend mitanzusehen, was die "TV total"-Redaktion da so an vermeintlich Humorigem zusammengerührt hatte. Es folgen noch ein paar Gags über einen Reporter, der an seltsamen Stellen "Äh" sagt, die Information, dass der "Weltspiegel" beim Wort "Podcast" das d vergessen hat oder ein Englisch-Kauderwelsch-Video von Lothar Matthäus. Vor 15 Jahren wäre das sicher ein Knaller gewesen.

Humoristisch wirklich trist wird es aber, als Sebastian Pufpaff den Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck ins Visier nimmt. Der hatte sich ein Jahr lang vom "Spiegel"-Journalisten Markus Feldenkirchen begleiten lassen und dann die Dokumentation zusammen mit ihm angesehen. Man weiß nicht genau warum, aber für das "TV total"-Team offenbar Grund genug, Habeck als selbstverliebten Hampelmann darzustellen.

Das ist auch gar nicht schwer, denn dafür muss die Redaktion einfach ein paar Bilder aus dem Zusammenhang reißen, ein bisschen Saxophon-Sound drunter legen, den Off-Sprecher ein paar nicht nachvollziehbare Behauptungen drüber sprechen lassen und schwupps ist Robert Habeck plötzlich ein Narzisst. Funktioniert übrigens bei jedem anderen auch. Aber Grünen-Bashing ist eben maximal simpel und man kann damit tatsächlich immer noch bei "Bild"-Lesern einen Lacher abgreifen.

Wenn Sebastian Pufpaff einkaufen geht, dann richtig

So weit, so flach - und es hätte humoristisch gesehen ein wirklich übler Abend bei "TV total" werden können, hätte Sebastian Pufpaff nicht ganz am Schluss doch noch etwas Lustiges hervorgeholt. "Da ist Fernsehgold", kündigt Pufpaff an und meint damit die Sendung "Flohmarkt" beim Saarländischen Rundfunk. Dort wird im Studio allerlei Trödel angeboten und die Zuschauer können dann anrufen und die Sachen kaufen. "So ’ne Art Live-Ebay", erklärt Pufpaff.

Und weil die Show aus "TV total"-Sicht ein bisschen dröge ist und dort einmal ein Mann ein paar Augenblicke zu spät angerufen hatte, so dass sein Objekt der Begierde bereits vergriffen war, hat sich Pufpaff einen kleinen Spaß überlegt. Er ruft selbst in der Show an und will ein Stück nach dem anderen, am Schluss gleich alles zusammen und sogar die Regale kaufen: "Wissen Sie was, ich nehme alles!"

Das ist gerade im Vergleich zum Rest der Show ein wirklich origineller Einfall, dessen Spaß darin liegt, wie Pufpaff langsam die Spannung aufbaut, um am Ende den Moderator der Show in die Bredouille zu bringen. Der wiederum ist smart genug, Pufpaff mit einem Rückruf abzuwiegeln, bei dem man alles klären könne, ein paar Stücke brauche er noch, um die Show zu Ende zu bringen.

Und so weiß man nicht, ob Pufpaff wirklich alles kaufen durfte, als er ein paar der Stücke zum Beweis im "TV total"-Studio präsentiert. Um einem lauen TV-Abend aber doch noch ein versöhnliches Ende zu geben, hat es aber gereicht.

Die Original-"Flohmarkt"-Ausgabe beim Saarländischen Rundfunk kann man sich hier ansehen - Pufpaff ruft in Minute 16:00 an.
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